Welche Entwicklungsplattformen sind beliebt? Wohin führen die Karrierepfade von Softwareentwicklern? An welchen Projekten arbeiten Programmiererinnen und Programmierer besonders gern und warum beteiligen sie sich an den Open-Source-Initiativen der Tech-Konzerne? Diese und viele andere Fragen hat das auf die Entwicklerszene spezialisierte Analystenhaus Slashdata in einer weltweiten Umfrage ("State of the Developer Nation" - Download gegen Registrierung) gestellt. Geantwortet haben zwischen Juni und August dieses Jahres mehr als 26.000 Developer aus 163 Ländern.
Die beliebteste Programmiersprache ist und bleibt demnach Javascript. Rund 19,6 Millionen Entwickler arbeiten damit. Mit eingerechnet sind hier an Javascript angelehnte Abkömmlinge wie Coffeescript und Typescript. Laut Studie können sich immer mehr Programmierende mit Javascript anfreunden. Innerhalb der vergangenen beiden Jahre ist die Zahl der Javascript-Entwickler um 7,3 Millionen Köpfe gewachsen – in absoluten Zahlen ist das eine der höchsten Wachstumsraten unter allen Programmiersprachen. Nicht nur Anfänger nutzen Javascript als Einstieg in das Programmieren. Auch viele erfahrene Entwickler ergänzen damit ihr Repertoire.
Python bleibt vor Java
Den zweiten Platz unter den beliebtesten Programmiersprachen behauptet Python mit 16,9 Millionen Entwicklern weltweit. Python überholte 2020 Java und gewinnt weiter rasant an Zuspruch. In den letzten beiden Jahren haben sich laut Studie rund acht Millionen weitere Entwickler Python-Know-how angeeignet. Zu erklären ist das hohe Interesse mit den gestiegenen Anforderungen der Anwenderunternehmen hinsichtlich Data Science und Machine Learning (ML). Laut den Zahlen von Slashdata arbeiten fast zwei Drittel der ML-Entwickler und Data Scientists mit Python. Zum Vergleich: R, eine andere Sprache, die mit dem Thema Data Science in Verbindung gebracht wird, wird von nicht einmal 15 Prozent der ML-Programmierenden verwendet.
Fast gleichauf mit Python folgt Java auf Platz drei mit 16,5 Millionen Entwicklern. Die Allzwecksprache erfreut sich auch nach zwei Jahrzehnten noch immer wachsender Beliebtheit. In den vergangenen beiden Jahren hat sich die Zahl der Java-Fans fast verdoppelt. Allein in den letzten zwölf Monaten haben 6,3 Millionen Entwickler angefangen mit Java zu programmieren. Damit erreicht Java in absoluten Zahlen gerechnet das größte Wachstum unter allen Programmiersprachen. Die Analysten führen die anhaltende Attraktivität von Java auch auf die wachsende Zahl von Augmented- und Virtual-Reality(AR/VR)-Projekten zurück. Gerade Googles Android-Plattform, die auf Java basiert, bilde das Fundament für viele Vorhaben in diesem Umfeld.
Klassiker bleiben gefragt
Auf den weiteren Plätzen folgen Programmierklassiker wie C/C++ (12,3 Millionen), C# (10,6 Millionen) und PHP (8,9 Millionen). Während die C-Sprachfamilie gerade in Bereichen wie Desktop- und Mobile-Entwicklung weiter gesetzt ist und an Zuspruch in der weltweiten Entwickler-Community gewinnt, fällt das Interesse an PHP deutlich geringer aus. Hier rangiert der Zuwachs an neuen Entwicklern klar hinter dem anderer Sprachen. Das liegt den Studienautoren zufolge daran, dass sich gerade Web-Entwickler, die vor einigen Jahren noch eingeschworene PHP-Fans waren, inzwischen anderen Plattformen zuwenden. Javascript, Python und Java haben PHP beim Entwickeln von Web-Anwendungen mittlerweile den Rang abgelaufen und sind bei den Programmierenden angesagter.
Die besten Coding-Sprachen für KI
Zu den Aufsteigern im Ranking der beliebtesten Programmiersprachen gehören Rust und Kotlin. Die Zahl der Rust-Entwickler hat sich in den letzten zwei Jahren mehr als verdreifacht, von 0,8 Millionen im dritten Quartal 2020 auf zuletzt 2,8 Millionen. Allein in den vergangenen sechs Monaten hat Rust 0,7 Millionen Entwickler hinzugewonnen und steht kurz davor, Objective C zu überholen und sich zur elftgrößten Sprach-Community zu mausern. Rust punktet vor allem dann, wenn es um schnelle skalierbare Projekte und Sicherheit in der Softwareentwicklung geht. Die Sprache wird zunehmend in IoT-Softwareprojekten, aber auch in der Desktop- und Spieleentwicklung eingesetzt.
Nischensprachen haben ihre Fans
Kotlin hat seine Fangemeinde unter den Entwicklern in den beiden zurückliegenden Jahren von 2,3 auf 6,1 Millionen mehr als verdoppelt und sich vom 9. auf den 7. Platz in der Liste der beliebtesten Sprachen vorgearbeitet. Das liegt auch daran, dass Google Kotlin als bevorzugte Sprache für die Android-Entwicklung geadelt hat. Hinter Java ist Kotlin inzwischen die zweitbeliebteste Sprache für die Entwicklung mobiler Anwendungen. Ein Fünftel aller Programmierenden in diesem Bereich arbeitet unter anderem auch mit Kotlin.
Eine kleine Geschichte der Programmiersprachen
Darüber hinaus finden sich eine Reihe von Nischen-Sprachen im Ranking von Slashdata. Swift zählt derzeit 4,2 Millionen Entwickler und hat als Standardsprache für die Entwicklung auf allen Apple-Plattformen Objective C aus dem Apple-App-Ökosystem verdrängt. Objective C wiederum hat sich unter den IoT-Entwicklern etabliert und gewinnt an Akzeptanz für On-Device-Code und AR/VR-Entwicklungen. Go und Ruby bleiben wichtige Sprachen für die Backend-Entwicklung, wobei Go in den letzten zwei Jahren mehr als doppelt so viele Entwickler hinzugewonnen hat wie Ruby. Dart verzeichnete zuletzt ein solides Wachstum, was vor allem auf die zunehmende Akzeptanz des Flutter-Frameworks in der mobilen Entwicklung zurückzuführen ist. Lua schließlich gehört zu den am schnellsten wachsenden Sprachgemeinschaften und zieht vor allem IoT-, Spiele- und AR/VR-Entwickler an, die eine Scripting-Alternative zu Low-Level-Sprachen wie C und C++ suchen.
Open-Source-Projekte als Bühne
Weltweit sind etwa 33,6 Millionen Softwareentwickler aktiv, schätzen die Analysten von Slashdata. Knapp drei Viertel von ihnen beteiligen sich an Anbieter-getriebenen Projekten zur Entwicklung von Open-Source-Software (OSS). Es gibt allerdings Unterschiede. Während in Südostasien 87 Prozent der Entwickler OSS-Vorhaben unterstützen, sind es in Osteuropa mit gut zwei Dritteln deutlich weniger. Die weltweit größten Developer-Communities in Nordamerika und Westeuropa liegen bei 78 beziehungsweise 70 Prozent OSS-Beteiligung.
Die Zeiten, in denen eine klare Frontlinie zwischen einer Business-getriebenen, profitorientierten Softwareentwicklung und dem freien Open-Source-Lager verlief, sind längst vorbei. Heute gehören OSS-Projekte, die unter dem Schirm großer Softwarehersteller laufen, zum Alltag – beispielsweise das Machine-Learning-Framework Tensorflow, dessen Entwicklung Google federführend betreut. Selbst Microsoft, dessen Ex-CEO Steve Ballmer Open-Source-Systeme wie Linux einmal als Krebsgeschwür der Softwarebranche gegeißelt hatte, ist unter dem derzeitigen Chef Satya Nadella geläutert worden. Gerade Cloud- und Entwicklerwerkzeuge wie das .Net-Framework stellt der Softwarekonzern heute der Open-Source- Community zur freien Verfügung.
Wie Softwareentwicklung nicht geht
Die Motivation, warum Entwickler ihren Code zu OSS-Projekten beitragen, ist unterschiedlich. Gerade für die jüngeren Devs mit weniger als fünf Jahren Praxiserfahrung geht es vor allem darum, das eigene Coding zu verbessern. Für die Newbies bietet die Community ausreichend Möglichkeiten, Softwarecode durch andere Entwickler begutachten zu lassen und anhand des Feedbacks dazuzulernen.
Gestandene Entwicklerinnen und Entwickler mit mehr als sechs Jahren Praxiserfahrung sind dagegen weniger aufs Lernen aus, wenn sie Code für Open-Source-Projekte beisteuern. Hier obsiegt der Wunsch, die Software, mit der sie tagtäglich arbeiten, besser zu machen. Oft gehören Softwarearchitekten und Teamleiter zu dieser Gruppe. Sie können gut einschätzen, ob und wie sich eine Software verbessern lässt. "Und diese erfahreneren Developer verfügen auch über die notwendigen Skills, dies tatsächlich umzusetzen", schreiben die Studienautoren.
Es gibt allerdings auch etliche weiche Faktoren, die Entwickler dazu veranlassen, sich an Open-Source-Projekten zu beteiligen. Für die Jüngeren spielt dabei laut Umfrage auch eine Rolle, sich einen Namen zu machen, und eventuell bei dem Anbieter anzuheuern, der das OSS-Vorhaben vorantreibt. Ein knappes Viertel der Befragten möchte zu etwas beitragen, "das größer ist als sie selbst".
Ein interessantes Detail, was die Geschlechterprioritäten betrifft: Frauen verfolgen eher einen Business-fokussierten Ansatz, wenn sie Code zu einem Anbieter-gesteuerten OSS-Vorhaben beitragen. Ihre männlichen Kollegen haben dagegen stärker individuelle Interessen beziehungsweise die Community-Idee im Kopf.
Alles eine Frage des Frameworks
Web-Frameworks haben die Art und Weise revolutioniert, wie Entwickler Internet-Anwendungen bauen und Onlinewelten kreieren. Laut Umfrage nutzen etwa sechs von zehn Web- Developern ein solches Client- oder Server- seitiges Framework für ihre Arbeit. Der Vorteil dieser Werkzeugkästen: Die Entwicklung von Software geht mithilfe vorkonfigurierter Komponenten und integrierter Schnittstellen in aller Regel effizienter und schneller von der Hand. Allerdings gibt es auch Nachteile. Wegen ihrer Spezialisierungen passen Frameworks in den seltensten Fällen genau auf die Anforderungen der Developer. Dazu kommt, dass vielfach längst nicht alle Funktionen eines Entwicklungsbaukasten genutzt werden.
Infolgedessen nutzen Entwickler häufig mehrere Frameworks. Das kann jedoch schnell unübersichtlich und komplex werden. Die Analysten von Slashdata empfehlen daher, sich auf ein oder zwei Frameworks zu beschränken und fehlende Komponenten durch manuelles Coding zu ergänzen. Ein solches Vorgehen helfe dabei, die eigene Arbeitsumgebung nicht zu sehr aufzublähen.
Tatsächlich bestätigt die Umfrage diesen Trend. Der Anteil der Web-Developer, die sich auf ein oder zwei Entwicklungsbaukästen konzentrieren, ist in den beiden vergangenen Jahren von 39 auf 45 Prozent gestiegen. Entsprechend ist die Menge der Entwickler, die vier bis sechs Frameworks verwenden, von 44 auf 41 Prozent zurückgegangen. Dabei spielen auch das Alter und die Erfahrung eine Rolle. Während jüngere weniger erfahrene Entwickler sich meist auf ein oder zwei Baukästen beschränken, sind Developer mit mehr Praxiserfahrung besser in der Lage, mit mehreren Frameworks zu hantieren.
Klarer Favorit unter den Web-Baukästen auf der Client-Seite ist und bleibt React. 58 Prozent aller Web-Entwickler nutzen dieses Framework, das sich vor allem durch seine umfangreichen Bibliotheken für Node Package Manager (NPM) für die Entwicklung größerer und komplexer Web-Applikationen eignet. Dagegen verliert Jquery an Zuspruch. Vor einem Jahr verwendete noch gut die Hälfte aller Web-Entwickler dieses Framework. Heute sind es nur noch 38 Prozent. Die Analysten von Slashdata glauben, dass die 2006 aus der Taufe gehobene freie Javascript-Bibliothek allmählich in die Jahre kommt und modernen Anforderungen nicht mehr genügt – im Gegensatz zum 2013 vorgestellten React.
Auf der Server-Seite sind Next.js (30 Prozent) und Spring (23 Prozent) die aufstrebenden Favoriten. Dagegen sinkt der Anteil der Entwickler, die andere Frameworks wie Express, Laravel oder Django nutzen. Die Popularität von Next.js könnte darin begründet liegen, dass das Framework auf der Java-Bibliothek React basiert. 86 Prozent der Entwickler, die mit Next.js arbeiten, verwenden auch React. Die steigende Nutzung des javabasierten Spring hat ihre Ursachen den Slashdata-Analysten zufolge in dem generell wachsenden Interesse an Java.
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Framework-Nutzer scheinen eine eigene Spezies innerhalb der weltweiten Web-Developer-Community zu sein. Der Anteil derer, die sich das Entwickeln von Software selbst beigebracht haben, liegt in dieser Gruppe deutlich höher als bei Web-Entwicklern, die keine Baukästen verwenden (66 vs. 55 Prozent). Außerdem scheinen die Baukasten-Fans ergänzenden Technologien und Services gegenüber aufgeschlossener. 61 Prozent nutzen Integrated Development Environments (IDEs), 32 Prozent setzen auf Services für Continuous Integration/ Continuous Deployment (CI/CD). Bei den Developern, die ohne Web-Frameworks arbeiten, sind es 35 beziehungsweise 14 Prozent.
Auch was die Akzeptanz von Low-Code/No-Code-Tools anbelangt, gibt es deutliche Unterschiede. Web-Entwickler ohne Frameworks sind diesen Werkzeugen gegenüber deutlich offener eingestellt – 54 Prozent, plus neun Prozentpunkte allein in den zurückliegenden sechs Monaten. Bei den Framework-Anwendern stieg der Anteil der Low-Code/No-Code-Befürworter dagegen nur um fünf Punkte auf 40 Prozent.
Klare Karrierevorstellungen
Gefragt nach ihren Karrierewünschen, gaben fast neun von zehn studierenden Softwareentwicklern an, bereits klare Vorstellungen über ihren künftigen Beruf als professioneller Developer zu haben. Konkret wünschen sich die angehenden Entwickler in erster Linie Probleme zu lösen (32 Prozent), sich in einem bestimmten Bereich oder einer speziellen Technologie als Fachkraft zu etablieren (29 Prozent) sowie an innovativen Produkten und Services zu arbeiten (27 Prozent) oder an herausfordernden Projekten zu tüfteln (26 Prozent).
Neben den technischen Herausforderungen haben die angehenden Entwickler aber auch ihr eigenes Wohlergehen im Blick. Knapp ein Viertel will ein eigenes Geschäft auf die Beine stellen. 22 Prozent sagen klipp und klar, das Maximum aus ihren Vergütungsmöglichkeiten herausholen zu wollen. Knapp jeder Fünfte hat sich bereits die Firma ausgeguckt, bei der er künftig arbeiten möchte.
Die höchste Konzentration angehender Entwickler findet sich in Südasien – also vornehmlich in Indien. 40 Prozent der in dieser Region Befragten bezeichnen sich als Studierende. Eher jüngere Entwickler-Communities finden sich auch im Mittleren Osten und Afrika (34 Prozent) sowie in Südamerika (27 Prozent). Zum Vergleich: In Nordamerika und Europa bezeichnen sich elf beziehungsweise zehn Prozent der Befragten als Studierende.
Softwareentwickler managen: So führen Sie Developer
In der Motivation für das Entwickeln von Software zeigen sich regionale Unterschiede. Indische Studierende wollen gern in interessanten Projekten arbeiten, sehen sich aber weniger als Problemlöser oder Innovatoren. In Europa und China schauen die angehenden Development-Professionals vor allem auf ihre Vergütung, während die südamerikanischen Studierenden vor allem einen sicheren Job suchen und dafür auch Abstriche beim Gehalt in Kauf nehmen würden. Ein eigenes Unternehmen zu gründen, steht vor allem bei den Studierenden in Nordamerika sowie im Mittleren Osten und in Afrika hoch im Kurs.
Blockchain und Spiele
Auch wenn es in der Öffentlichkeit rund um das Thema Blockchain ruhiger geworden ist – viele Entwickler beschäftigen sich damit. Rund ein Viertel der mehr als 26.000 von Slashdata befragten Developern weltweit arbeitet oder lernt an Blockchainprojekten beziehungsweise hat mit Kryptowährungen oder Non-Fungible Tokens (NFTs) zu tun. Vor allem in Nordamerika, Ostasien (ohne China) sowie im Mittleren Osten und in Afrika ist das Interesse groß. Insbesondere die Finanzindustrie forciert entsprechende Projekte. Auch in Afrika, wo viele Entwicklungen im Bereich des Mobile Bankings stattfinden, wollen junge Entwickler Blockchaintechniken erlernen. Konkrete Arbeiten an solchen Vorhaben bleiben indes den Entwicklern mit mehr Erfahrung (sechs bis zehn Jahre) vorbehalten. Die am meisten genutzten Plattformen sind Ethereum, Binance Smart Chain sowie die IBM Blockchain.
Auch in der Gaming-Branche sind Entwickler heiß begehrt. Dabei verteilen sich die Spieleentwickler relativ gleichmäßig auf die verschiedenen Studiotypen: Game-Publisher, die den Großteil ihrer Entwicklung auslagern, große Studios, die ihre Spiele selbst entwickeln und Third-Party-Entwickler, die für die Publisher arbeiten. Außerdem gibt es noch zahlreiche Indie-Studios, die eher spezielle Games bauen. Vor allem die erfahrenen Spieleentwickler arbeiten gern in solchen Indie-Studios. Dort übernehmen sie oft mehrere Aufgaben – von der künstlerischen Entwicklung über das Game-Design bis zur klassischen Programmierung.