Hoffnungsträger GenAI

So ticken deutsche CEOs

19.12.2023
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Im Angesicht der Polykrise setzen deutsche Manager auf Digitalisierung und KI. Dabei geht es vor allem darum, die Mitarbeiter zu befähigen, die Technik richtig und effektiv einzusetzen.
Trotz etlicher Krisen lassen sich die deutschen CEO nicht unterkriegen.
Trotz etlicher Krisen lassen sich die deutschen CEO nicht unterkriegen.
Foto: insta_photos - shutterstock.com

Viele Unsicherheiten prägen derzeit den Blick in die Zukunft: Geopolitische Krisenherde wie die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, die anhaltende Schwächephase der chinesischen Wirtschaft, die anstehenden Präsidentschaftswahlen in den USA sowie der demographische Wandel, Fachkräftemangel und die wachsenden regulatorischen Anforderungen beispielsweise hinsichtlich ESG. All das macht den Unternehmen weltweit zu schaffen und wirkt sich auf die Stimmung in den Chefetagen aus.

Überraschenderweise jedoch nicht allzu negativ, wie die Unternehmensberater von KPMG in ihrem aktuellen CEO Outlook berichten. Acht von zehn der 125 befragten CEO deutscher Unternehmen rechnen damit, dass die Weltwirtschaft in den kommenden drei Jahren weiter wachsen wird. Auch für die eigene Branche gehen 85 Prozent von Steigerungsraten für die Zukunft aus.

Richtet sich der Blick auf das eigene unmittelbare Umfeld, wächst indes die Skepsis. Nur drei Viertel der Befragten sind KPMG zufolge zuversichtlich, dass sich der Standort Deutschland in den nächsten drei Jahren positiv entwickelt - das sind vier Prozentpunkte weniger als in der Umfrage vor einem Jahr. Auch bezüglich der Wachstumschancen des eigenen Betriebs sind die Verantwortlichen skeptischer geworden. Zwar gehen 80 Prozent von einer positiven Entwicklung aus, das sind jedoch zehn Prozentpunkte weniger als im Vorjahr. "Das sinkende Vertrauen in das eigene Unternehmen spiegelt die Herausforderungen des komplexeren und weniger prognostizierbaren Geschäftsumfelds wider", heißt es in dem Bericht.

Schwierigere Rahmenbedingungen - höhere Preise

Knapp die Hälfte der deutschen Firmenlenker erwarten in den kommenden Jahren kein, beziehungsweise nur ein geringes (weniger als 2,5 Prozent) Ertragswachstum. Dies sei ein Beleg für die schwierigen Rahmenbedingungen, mit denen die Betriebe hierzulande zu kämpfen hätten, lautet das Fazit der Wirtschaftsprüfer. Eine Mehrheit der befragten CEOs will die eigenen Ertragsaussichten mit Preiserhöhungen anschieben und glaubt, diese bei den Kunden auch durchsetzen zu können.

Als größte Risiken, die die selbst gesteckten Wachstumsziele gefährden könnten, nennen die CEOs aus Deutschland konkret Disruptionsrisiken und Risiken durch neue Technologien (17 Prozent), geopolitische Unsicherheiten (16 Prozent) und Umweltrisiken sowie Risiken infolge des Klimawandels (13 Prozent). Darüber hinaus fürchten die Firmenverantwortlichen, dass sich mittelfristig Cyberkriminalität und wachsende Herausforderungen hinsichtlich Cybersicherheit negativ auf die Prosperität des eigenen Betriebs auswirken könnten.

Angestellte fit machen für die Digitalisierung

Um die eigenen Wachstumsziele zu erreichen, setzen die CEOs hierzulande vor allem darauf, die Digitalisierung und Konnektivität im eigenen Unternehmen voranzutreiben. Für mehr als ein Drittel der Befragten haben diese Aspekte höchste Priorität. Allerdings verschiebt sich im Rahmen der digitalen Transformation etwas der Fokus. Ging es in den vergangenen Jahren hauptsächlich darum, neue Technologien und Infrastrukturen einzukaufen und in Betrieb zu nehmen, kümmern sich die Unternehmen heute verstärkt darum, ihre Mitarbeitenden zu befähigen, die neuen Technologien möglichst effektiv einzusetzen und deren Potenziale auch auszuschöpfen.

Ein zentraler Technologieschwerpunkt für das kommende Jahr wird KPMG zufolge KI und insbesondere GenAI sein. Gut drei Viertel aller befragten CEOs in Deutschland bekräftigten im Rahmen der Umfrage, dass trotz der anhaltenden wirtschaftlichen Unsicherheiten GenAI eine wichtige Investitionspriorität darstelle. Die Firmenlenker versprechen sich davon

  • mehr Rentabilität (26 Prozent),

  • eine höhere Effizienz und Produktivität (21 Prozent) sowie

  • bessere Wachstumschancen für neue Produkte und Märkte (15 Prozent).

Allerdings braucht es dafür etwas Geduld. 43 Prozent der Befragten gaben an, dass es aus ihrer Sicht drei bis fünf Jahre dauern werde, bis sich die KI-Investitionen amortisierten. Knapp jeder Fünfte geht von einem RoI von mehr als fünf Jahren aus.

Als größte Herausforderungen im Zusammenhang mit der GenAI-Einführung sehen die Verantwortlichen die Implementierungskosten (65 Prozent), sozialethische Anforderungen (50 Prozent) sowie technische Fähigkeiten und die mangelnde Regulierung mit jeweils 49 Prozent. Gerade das Fehlen aktueller Vorschriften und branchenrelevanter Richtlinien für den GenAI-Einsatz sehen viele Manager als Hindernis für den Projekterfolg.

Klimawandel beeinträchtigt Unternehmensergebnisse

Eine hohe Priorität besitzt auch das Thema Environment, Social und Governance (ESG). Viele CEOs hätten KPMG zufolge erkannt, dass ESG-Initiativen zur Wertsteigerung des eigenen Unternehmens beitragen könnten. Bei Investitionen in diesem Umfeld verfolgten sie allerdings einen pragmatischen, stärker ergebnisorientierten Ansatz, hieß es.

Lesen Sie, warum Sie das Thema ESG anpacken sollten:

Rund die Hälfte der befragten CEOs erwartet, dass sich extreme Wetterereignisse negativ auf die Unternehmensergebnisse auswirken werden. Der Weg hin zu Dekarbonisierung und Netto-Null-Emissionen im eigenen Betrieb scheint indes steinig. Gerade die Komplexität in den Lieferketten (28 Prozent), eine fehlende interne Governance (22 Prozent) sowie ein Mangel an notwendigen Fähigkeiten und Fachwissen bei Umsetzen der entsprechenden Lösungen (20 Prozent) bereiten den Unternehmen Schwierigkeiten beim Erreichen ihrer Klimaziele.

Darüber hinaus bietet der CEO-Outlook von KPMG weitere interessante Einblicke wie deutsche CEOs ticken:

  • In Bezug auf die Arbeitsformen denken deutsche Firmenlenker konservativ. Gut zwei Drittel präferieren Vor-Ort-Arbeitsmodelle wie die klassische Büroarbeit. Immerhin denken mehr als drei Viertel der Befragten über Anreizsysteme nach, um ihre Angestellten für eine regelmäßige Büropräsenz zu begeistern. "Die Aussagen belegen eine Beharrlichkeit des traditionellen, bürozentrierten Denkens unter CEOs", schreiben die KPMG-Wirtschaftsprüfer in ihrem Bericht.

  • Angesichts der herrschenden Polykrise wächst der Druck, weiterhin Wachstum zu generieren. Dabei könne ein kollaborativer Führungsstil helfen, der die steigende Belastung auf mehrere Schultern verteilt. Rund acht von zehn Führungskräften glauben, dass geteilte Management- und operative Verantwortlichkeiten zu größerem Erfolg führen.

  • CEO spüren einen wachsenden Druck durch immer neue Regelwerke und Compliance-Vorschriften. Zwei Drittel der befragten Manager rechnen mit negativen Effekten regulatorischer Anforderungen auf die Prosperität ihrer Organisation.