Roadmap präsentiert

So stellt sich Intel seine Zukunft im Data Center vor

03.04.2023
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.
Nach langer Durststrecke scheint Intel wieder besseren Zeiten entgegenzusteuern. Der Chip-Gigant hat seine Roadmap für Rechenzentren und künstliche Intelligenz (KI) aktualisiert und will schon bald liefern.
Sandra Rivera, Leiterin von Intels Data Center and AI Group, ist mit der Nachfrage nach den Performance-Chips Xeon Sapphire Rapids zufrieden.
Sandra Rivera, Leiterin von Intels Data Center and AI Group, ist mit der Nachfrage nach den Performance-Chips Xeon Sapphire Rapids zufrieden.
Foto: Intel

"Die Geschäfte mit unseren Xeon-Chips der 4. Generation laufen gut an, und mit dem Xeon der 5. Generation, den wir im vierten Quartal dieses Jahres ausliefern werden, kehren wir zu einer verlässlichen Roadmap zurück", versprach Sandra Rivera, Leiterin von Intels Data Center and AI Group, in einem Telefon-Call mit Investoren.

Rivera legte Wert darauf, mehrfach zu beteuern, dass man wieder in der Spur sei - was mit der jüngeren Geschichte der Sapphire-Rapids-Xeon-Chips der 4. Generation zusammenhängt. Mit dieser Performance-Chip-Reihe hatte sich der Konzern gründlich blamiert. Ursprünglich sollten die Prozessoren bereits 2021 auf den Markt kommen, wurden aber immer wieder verschoben und erst Anfang dieses Jahres ausgeliefert.

Intel setzt auf zwei Xeon-Reihen: Performance und Effizienz

Intel unterscheidet zwischen auf Performance (P-Core) und auf Effizienz (E-Core) optimierten Xeon-Prozessoren. Während der Telefonkonferenz gab das Unternehmen auch neue Details zu den erwarteten Effizienz-Chips der Sierra-Forest-Reihe bekannt. Sie werden im "Intel-3-Fertigungsprozess" im Sieben-Nanometer-(nm-)Verfahren produziert, wobei Intel bis zu 144 E-Cores in ein einziges CPU-Paket packen will. Die E-Cores waren 2021 zusammen mit den Desktop-Chips der Alder-Lake-Reihe vorgestellt worden.

Laut Rivera plant Intel mit seinen neuen Xeons High-Density-Compute-Anwendungen besser zu unterstützen, wie sie von den Cloud-Hyperscalern bevorzugt werden. Insofern sollen sie mit den von Amazon und Ampere entwickelten Arm-basierten Chips konkurrieren. Letztere haben in den vergangenen Jahren Erfolge im Cloud-Umfeld gefeiert. Für Intel spricht aber, dass der Sierra Forest ein klassischer x86-Chip sein wird und damit so wie jede andere Intel-CPU funktioniert. Das bedeutet, Anwender müssen keinen Code umschreiben und sich auch keine Sorgen wegen der Anwendungskompatibilität machen.

Der Effizient-Chip Sierra Forest kommt 2024

Intel wird den Sierra Forest aber erst in der ersten Jahreshälfte 2024 auf den Markt bringen können - sofern das Unternehmen seinen Zeitplan einhalten kann. Damit hinkt das Unternehmen um ein Jahr hinter AMD her, das seinen 128-Kern-Chip Bergamo noch in der ersten Jahreshälfte 2023 herausbringen wird. Er zielt auf dasselbe Marktsegment ab.

So sieht die neue Roadmap für Intel Xeon-Chips aus.
So sieht die neue Roadmap für Intel Xeon-Chips aus.
Foto: Intel

Trotzdem ist die Euphorie bei Intel groß, denn schon 2025 soll der Sierra Forest in einer neuen Variante herauskommen: Der Core-optimierte Xeon-Chip Clearwater Forest soll der erste Chip sein, der mit Intels 18A-Prozesstechnologie (entspricht 1,8 nm) gefertigt werden soll.

Damit die Geschäfte bis zum Launch der Sierra-Forest-Technologie nicht ins Stocken geraten, will Intel im vierten Quartal 2023 erst einmal einen Refresh seiner Performance-Chip-Reihe Sapphire Rapids liefern. Emerald Rapids (Xeon, 5. Generation) kommt als Weiterentwicklung von Intels aktueller Xeon-Scalable-Plattform auf den Markt, Kunden sollen ihre CPUs ohne großen Aufwand austauschen können. Intel-Managerin Rivera gab nicht viele Details über den Chip preis, sagte aber, dass er höhere Core-Zahlen und eine bessere Leistung pro Watt bieten werde.

Ein Nachfolger für Emerald Rapids ist auch schon geplant: Der nächste Performance-optimierte Xeon mit dem Codenamen Granite Rapids soll kurz nach der Einführung von Sierra Forest debütieren. "Granite Rapids wird dann mehrere Verbesserungen im Vergleich zu den vorherigen Generationen bieten, einschließlich höherer Core-Zahlen, verbesserter Leistung pro Watt und schnellerem Speicher und I/O-Innovationen", sagte Rivera.

Der Granite Rapids soll mit Leistung und Durchsatz überzeugen

Lisa Spelman, Vice-President von Intels Xeon-Geschäft, demonstrierte den Prototypen eines Granite-Rapids-Systems mit einem speziellen Speicher-DIMM, der fast doppelt so schnell war, wie ein moderner DDR5-Speicher, wie man ihn heute auf Serverplattformen findet. "Dieser Bandbreitenzuwachs ist entscheidend, um die schnell wachsenden Kernzahlen moderner CPUs zu füttern und dafür zu sorgen, dass die Kerne effizient genutzt werden können", sagte Spelman.

The Register erinnert in einem Beitrag daran, dass dieses Problem nicht neu sei und vor allem von AMD, das immer noch einen Vorsprung bei der Anzahl der Kerne vor seinem Rivalen hat, gut beherrscht werde. Um alle 96 Kerne seiner im November 2022 vorgestellten Epyc 4-Prozessoren zu versorgen, hatte der Anbieter die Anzahl der Memory-Kanäle von acht auf zwölf erhöht und damit die effektive Speicherbandbreite um rund 50 Prozent gesteigert.

Lisa Spelman, Vice-President von Intels Xeon-Geschäft, demonstrierte einen Prototypen des Granite-Rapids-Systems.
Lisa Spelman, Vice-President von Intels Xeon-Geschäft, demonstrierte einen Prototypen des Granite-Rapids-Systems.
Foto: Intel

Habana-Gaudi2-Beschleuniger für KI-Einsätze

In der Telefonkonferenz ging es nicht nur um Intels Xeon-Reihe, sondern auch um die KI-Strategie des Unternehmens, zumal der Chip-Hersteller erst kürzlich seine GPU-Familie Rialto Bridge Anang 2023 eingestellt hatte. Laut Rivera positioniert Intel seine Habana Gaudi2-Beschleuniger für KI-Einsätze, insbesondere für solche mit großen Sprachmodellen wie ChatGPT.

Dagegen zielt die GPU-Max-Familie - ehemals Ponte Vecchio - eher auf Anwendungen mit hohem Rechenbedarf ab. Der Max-Chip ist das Herzstück des lange verzögerten Aurora-Supercomputers, der immer noch in den Argonne National Labs entwickelt wird. Er soll vermutlich in zwei bis drei Jahren von einem kombinierten CPU-GPU-Bauteil mit dem Codenamen Falcon Shores abgelöst werden. Dann werden allerdings die vergleichbaren MI300-APUs von AMD schon auf dem Markt sein. Für kleinere KI-Inferencing-Workloads (unter zehn Milliarden Parametern) sollen die AMX-Beschleuniger ausreichen, die Intel in seinen Sapphire-Rapids-Xeons integriert hat.

Intel versucht, sich mit seinen Ankündigungen aus einer historischen Unternehmenskrise zu befreien. In wenigen Wochen wird das Unternehmen die Ergebnisse seines ersten Geschäftsquartals veröffentlichen, und die werden schlecht ausfallen. Intel hatte Investoren im Januar 2023 davor gewarnt, dass der Umsatz im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um bis zu 42 Prozent einbrechen könnte. Die Probleme sind vor allem der andauernden Flaute im PC-Markt sowie der Erstarkung der Rivalen AMD und Apple geschuldet.

Hier können Sie die gesamte Intel-Präsentation noch einmal nachvollziehen:

(hv)