In den Unternehmen werden immer mehr Aufgabenstellungen in Projekten gelöst, um schnell und flexibel zum Beispiel auf Marktveränderungen reagieren zu können. Deshalb wird die Fähigkeit, Projekte zielorientiert aufsetzen, durchführen und evaluieren zu können, ein entscheidender Erfolgsfaktor für sie.
Die Praxis zeigt jedoch: In vielen Unternehmen gehen schon die Vorstellungen darüber auseinander, was ein Projekt überhaupt ist. So wird in manchen Betrieben zum Beispiel jede Sonderaufgabe, die mehrere Mitarbeiter gemeinsam erfüllen, bereits als Projekt bezeichnet - unabhängig von ihrer Komplexität und Relevanz für den Erfolg des Unternehmens.
Ein weiterer Schwachpunkt ist: In vielen Unternehmen fehlen geeignete Projektmanagement-Strukturen. Das heißt, es sind weder die notwendigen Rollen definiert, noch existieren die erforderlichen Gremien für ein funktionierendes Projektmanagement. Oder es gibt kein Projektmanagementhandbuch, das regelt, wie Projekte im Unternehmen geplant und durchgeführt werden sollen.
- 1. Unklare Arbeitslast
Bryan Fagman vom Anbieter Micro Focus sagt, dass viele Projekte an einem nicht klar umrissenen Arbeitsaufwand scheitern. Schleichen sich hier Unschärfen ein, leidet das ganze Projekt. Im schlimmsten Fall bleibt undefiniert, wann es überhaupt abgeschlossen ist. Fagman mahnt deshalb an, Ziele im Dialog mit den Kunden klar zu benennen. - 2. Undefinierte Erwartungen
Alle Beteiligten müssen von Beginn an wissen, welche Anforderungen ein Projekt stellt und welche Erwartungen zu erfüllen sind – sonst droht ein Fiasko. Tim Garcia, CEO des Providers Apptricity, nennt zwei entscheidende Dinge, die alle Team-Mitglieder vorab wissen sollten: was getan wird und wie man weiß, wann das Projekt abgeschlossen ist. „Ohne eine dokumentierte Vereinbarung, die Antworten auf diese beiden Fragen liefert, ist ein Projekt von Anfang an in Gefahr“, sagt Garcia. - 3. Fehlende Management-Unterstützung
Die Unterstützung aus der Firmenspitze sollte unbedingt gesichert sein. Befindet man sich dahingehend mit der Chef-Etage nicht in Einklang, mindert das die Erfolgsaussichten beträchtlich, meint Brad Clark vom Provider Daptiv. - 4. Methodik nach Schema F
Im Projekt-Management wird gemeinhin mit standardisierten Schlüsselaufgaben und Leistungen gearbeitet. Darin lauert nach Einschätzung von Robert Longley, Consultant beim Beratungshaus Intuaction, aber auch eine Gefahr. Die Standard-Ansätze seien meist auf Projekte einer bestimmten Größe ausgerichtet. Sie passen möglicherweise nicht mehr, wenn man sich an größere Projekte als in der Vergangenheit wagt. - 5. Überlastete Mitarbeiter
„Team-Mitglieder sind keine Maschinen“, sagt Dan Schoenbaum, CEO der Projekt-Management-Firma Teambox. Projekte können auch daran scheitern, dass Mitarbeiter mit Arbeit überfrachtet werden. Vermeiden lässt sich das, indem man sich vorab ein klares Bild über die Stärken der Team-Mitglieder macht und auf eine sinnvolle Verteilung der Aufgaben achtet. - 6. Ungeteiltes Herrschaftswissen
Projekte leben davon, dass Informationen nicht monopolisiert, sondern miteinander geteilt werden. Das geschieht oft dann nicht, wenn Ergebnisse erst nach langer Anlaufzeit geliefert werden müssen. Tim Garcia von Apptricity rät deshalb dazu, Projekt in kurze Phasen einzuteilen. An deren Ende sollte es jeweils Resultate geben, mit denen das ganze Team weiterarbeiten kann. - 7. Unklare Entscheidungsfindung
Im Verlauf eines Projektes sind Änderungen der ursprünglichen Roadmap oft unvermeidbar. Es sollte beim Change Management aber klar dokumentiert werden, wer wann was geändert hat und wie die neue Marschrichtung aussieht. - 8. Fehlende Software
Exel-Spreadsheets nötigen Projekt-Manager zu manuellen Korrekturen und führen oft zu Problemen bei der Status-Aktualisierung. Insofern ist es befreiend, mit Project Management Software zu arbeiten, die für automatische Updates sorgt und von lästigen manuellen Berichten entlastet. Dazu rät Brian Ahearne, CEO des Anbieters Evolphin Software. - 9. Gefahr des Ausuferns
Change Requests sind alltäglich im Projekt-Leben, aber sie haben leider oft einen unerfreulichen Nebeneffekt: den Hang, Fristen und Budget-Rahmen immer weiter auszudehnen und auf Dauer zu Demotivation und Frust auf allen Seiten zu führen. Um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten, sind neben klaren Zielvorgaben auch tägliches Monitoring und ein definierter Prozess für gewünschte Veränderungen sinnvoll. Das empfiehlt in jedem Fall Sandeep Anand, der beim Software-Entwicklungshaus Nagarro für Project Governance verantwortlich ist. - 10. Nicht "Nein" sagen können
Im Sinne des Unternehmens sei es manchmal nötig, Anfragen abzulehnen, sagt Markus Remark vom Provider TOA Technologies. Gut sei es deshalb zu wissen, wie man "nein" sagt. Am besten habe man für solche Fälle auch gleich eine konstruktive alternative Lösung parat. - 11. Mangelnder Zusammenhalt
Projektarbeit ist Team-Arbeit. In der Praxis gerieren sich manche Projekt-Teams aber wie in Eifersüchteleien gefangene Sportmannschaften ohne Erfolg, beobachtet Berater Gordon Veniard. Der Fokus auf das eigentliche Ziel gehe verloren. Stattdessen beschuldigen sich Grüppchen gegenseitig, für Probleme und schlechte Leistungen verantwortlich zu sein. Um das zu verhindern, ist Führung durch den Projekt-Manager gefragt. Und der sollte es verstehen, sein Team mitzunehmen und in Entscheidungen einzubinden. Ohne Kommunikation sei das Desaster programmiert, so Hilary Atkinson vom Provider Force 3. - 12. Vergessener Arbeitsalltag
Hilary Atkinson hat nach noch einen weiteren Kommunikationstipp parat: Projekt-Manager sollten nicht vergessen, ihre alltäglichen Aufgaben zu erledigen. Wer als Verantwortlicher keine Meeting-Termine verkündet, Status-Berichte vergisst und E-Mails unbeantwortet lässt, riskiert unnötige Verzögerungen. - 13. Zu häufige Meetings
Meetings, in denen der Status Quo besprochen wird, können nerven – vor allem dann, wenn sie zu oft stattfinden oder zu lange dauern. Wichtige Informationen lassen sich durch Collaboration Tools häufig besser an die Team-Mitglieder bringen, meint Liz Pearce, CEO des Providers LiquidPlanner. Ihr Tipps: Meeting auf die Entscheidungsfindung beschränken. In ihrem Unternehmen gebe es lediglich zweimal in der Woche ein Treffen, um neue Aufgaben zu verteilen und Prioritäten zu definieren. - 14. Gut genug ist nicht immer gut
Sergio Loewenberg vom IT-Beratungshaus Neoris macht Nachlässigkeiten in der Qualitätssicherung als Problem aus. Es sei günstiger, Fehler zu vermeiden anstatt Geld und Zeit ins Ausmerzen ihrer negativen Folgen stecken zu müssen. Wer auf hohe Qualitäts-Standards achte, vermeide späteres Nacharbeiten und die Gefahr eines schlechten Rufes. - 15. Nicht aus Fehlern lernen
Liz Pearce mahnt außerdem an, mit Hilfe entsprechender Tools eine mehrstündige Analyse nach Ende des Projektes durchzuführen. Nur Teams, die sich des ständigen Lernens verschreiben, seien dazu in der Lage, die Fehler der Vergangenheit in der Zukunft zu vermeiden. - 15 Fehler beim Projektmanagement
Es gibt unzählige Wege, ein IT-Projekt an die Wand zu fahren. Unsere amerikanische Schwesterpublikation CIO.com hat 15 davon gesammelt – und verrät dankenswerterweise auch, wie man die Probleme beheben kann. Diese Tipps sind in der Bilderstrecke zu finden.
Die Projektleiter sind oft "Projekt-Unternehmer"
Häufig sind auch die Projektmanager nicht ausreichend qualifiziert. Denn viele Unternehmen unterschätzen, wie hoch die fachlichen, persönlichen und kommunikativen Anforderungen an Projektleiter bei bereichs-, standort- oder gar unternehmensübergreifenden strategischen Projekten sind. Bei diesen Projekten sind die Projektmanager faktisch meist "Projekt-Unternehmer" - so groß ist ihre Verantwortung, da auf ihren Schreibtischen fast alle Fäden zusammenlaufen, und so komplex sind oft die Entscheidungen, die sie treffen oder herbeiführen müssen.
Deshalb empfiehlt es sich bei vielen Projekten (speziell solchen, bei denen das Unternehmen Neuland betritt), den Projektleiter und das Projektteam durch ein Projekt-Coaching zu unterstützen, insbesondere wenn diese noch wenig Erfahrung mit komplexen strategischen Projekten haben, in die in der Regel auch viele Annahmen über die Zukunft einfließen.
Die Projektleiter und Projektteams unterstützen
Ein solches Projekt-Coaching muss zweierlei leisten:
1. Das Klientensystem fachlich beraten. Das heißt: Der Projekt-Coach muss den Projektbeteiligten das erforderliche Know-how zum Beispiel in Sachen agiles Projektmanagement, Komplexitätsmanagement und Change-Management zur Verfügung stellen beziehungsweise vermitteln.
2. Das Klientensystem bei der Projektarbeit begleiten und beim Entwickeln von (neuen) Lösungsansätzen unterstützen. Das heißt: Der Coach muss den Projektbeteiligten als Feedback- und Impulsgeber zur Seite stehen und ihnen durch seine Interventionen zum Beispiel neue Sichtweisen eröffnen und Handlungsperspektiven aufzeigen - auch damit sie mit den begrenzten Ressourcen, seien diese personeller, finanzieller oder zeitlicher Art, effektiv umgehen.
Über ein Projekt-Coaching können die Projektbeteiligten zudem die nötigen Kompetenzen und die Unternehmen die erforderlichen Strukturen aufbauen, um künftig ähnlich komplexe Projekte ohne externe Unterstützung initiieren und kontrolliert abwickeln zu können. Denn in den meisten Unternehmen gilt: Erfahrene und mit allen Wassern gewachsene Projektleiter und -manager sowie eingespielte Projektteams, bei denen auch das "Performing" stimmt, sind rar. Diese werden jedoch in der heutigen VUKA-Welt (Volatilität, Unsicherheit, Komplexität, Ambiguität) dringend benötigt.
Die Interaktionen bedenken und berücksichtigen
Der Projekt-Coach betrachtet Unternehmen als soziale, interagierende Systeme. Das Projektumfeld und die Interaktionen im System Unternehmern werden also in die Überlegungen einbezogen. Entsprechend erfolgt die Auswahl der Interventionen. Das heißt, beim Planen des Vorgehens wird unter anderem berücksichtigt:
Welche Ziele möchte das Unternehmen mit dem Projekt erreichen?
Welche Vorerfahrung hat neben den Projektbeteiligten die Organisation mit solchen Projekten?
Welche weiteren Projekte und Veränderungsprozesse laufen im Unternehmen? Und:
Mit welchen Reaktionen seitens der Betroffenen ist im Projektverlauf zu rechnen?
Der Projekt-Coach lässt die Projektbeteiligten bewusst an seinem Fachwissen teilhaben - denn es geht auch darum, diese in Sachen Projektmanagement und oft auch Prozess- und Change-Management zu schulen. Dabei trägt der Coach jedoch stets nur die Verantwortung für den Beratungs- und Begleitprozess - nie für die inhaltlichen Ergebnisse der Projektarbeit. Hierfür zeichnen die Projektbeteiligten in ihren verschiedenen Rollen und Funktionen verantwortlich. Denn nur durch das gemeinsame Entwickeln von Lösungsansätzen entsteht bei ihnen das Commitment, das langfristig den Erfolg garantiert.
Das Projekt - ein Subsystem im Unternehmen
Auch das Projekt selbst wird beim systemischen (Projekt-)Coaching als ein soziales (Sub-)System verstanden mit folgenden vier Grundpfeilern:
Projektziele
Projektkultur
benötigte Skills und
(Projekt-)Struktur (siehe Grafik).
Zu welchen Interventionsmethoden beim Projekt-Coaching gegriffen wird, hängt davon ab, in welchen der vier genannten Bereiche ein Entwicklungsbedarf besteht. So können zum Beispiel (Projektmanagement-)Trainingssequenzen beim Coachen eine wichtige Rolle spielen, wenn Wissensdefizite bestehen. In anderen Projekten können Organisationsentwicklungs- oder Change-Management-Maßnahmen im Fokus stehen, wenn Defizite auf der Struktur- oder Kulturebene vorhanden sind. Und in wieder anderen kann der Schwerpunkt auf der Einstellungs- und Verhaltensebene liegen - zum Beispiel, wenn auch die Mitglieder des Projektteams einen mentalen Turn-around vollziehen müssen, um Erfolg zu haben.
Der Projekt-Coaching-Prozess
Ein Projekt-Coaching startet stets mit einer Analyse der Ist-Situation. Das heißt, der Coach erstellt mit den relevanten Beteiligten (zum Beispiel Projektleiter, Programm-Manager, Personalentwickler, Abteilungsleiter, erfahrene Projektteammitglieder) eine Bestandsaufnahme und eine SWOT-Analyse. Dies kann durch Telefoninterviews geschehen, wenn der Zeitaufwand für die Beteiligten gering sein soll. In der Regel empfiehlt sich jedoch ein mehrstündiger Workshop, denn dadurch wird das Gemeinsamkeitsgefühl und Commitment bereits in einer frühen Phase gestärkt.
Im nächsten Schritt werden die Ziele des Projekt-Coachings definiert. Die Key-Stakeholder werden gefragt, wie sie den Ideal- oder Wunschzustand beschreiben würden. Über einen Vergleich der Ergebnisse mit dem Ist-Zustand werden die Schwachstellen ermittelt, für die anschließend ein Interventionsdesign definiert wird. Das Definieren der Ziele und Maßnahmen sollte im persönlichen Gespräch erfolgen, um Klarheit zu schaffen und unterschiedliche Erwartungshaltungen zu vermeiden. Auf Basis der definierten Maßnahmen erfolgt dann eine erste zeitliche Abschätzung des Aufwands. Außerdem werden Qualitätskriterien festgelegt und wird der Kostenrahmen bestimmt. Ein Projekt-Coaching-Prozess kann abhängig vom Charakter des Projekts und vom Reifegrad des Projektteams zwischen einem Monat und einem Jahr dauern - vereinzelt bei hochkomplexen Projekten sogar Jahre.