Was macht die Turnaround-Kultur aus?
Sehr oft hapert es ann einer Turnaround-Kultur. Denn selbst nach der Sicherung der Liquidität sehen sich dann vom Überlebenskampf ausgelutschte Führungskräfte einer manchmal über Jahre getäuschten und häufig enttäuschten Anspruchshaltung wütender oder zukunftsängstlicher Mitarbeiter gegenüber. Oder alte und neue Führungskräfte beharken sich in einem endlosen Machtkrieg gegenseitig im Kampf um Schuldzuweisungen oder künftige Pfründe. Ganz abgesehen davon, dass sowohl der Kundenrückzug als auch der Brain Drain gerade der besten Mitarbeiter, die vor allem in diesen Zeiten des Fachkräftemangels überall unterkommen, weitergeht.
Lesetipp: Wenn Veränderung zum Dauerzustand wird
Ein erfolgreiches Maßnahmenbündel muss also meiner Auffassung nach zusätzlich umfassen:
1. Das Ausrufen einer erkennbaren Turnaround-Kultur im Unternehmen
Ein Aufbruch zum Besseren braucht immer auch eine Zäsur, einen Startpunkt. Und der braucht klare Sprache, Leitlinien und Symbolik. Kein Weiterwurschteln wie bisher und Überspielen, sondern ein offenes Bekenntnis von der Unternehmensführung über alle Führungsebenen zu einer neuen Turnaround-Kultur - die aber auch definiert sein muss. Definiert über beispielsweise einen neuen Wertekatalog, eine präzise definierte neue Unternehmenspositionierung mit einer klar beschriebenen Vision und einer mitreißenden Mission, eine neue Kommunikationskultur, klare Leitlinien für das "Anders-Machen" und Wieder-Motivation-Aufbauen.
2. Die Etablierung von Vertrauensmanagern
Ja, natürlich sollten die Führungskräfte immer auch vertrauenswürdige Ratgeber und Instanzen für die Mitarbeiter sein. Aber sind wir ehrlich: das sind sie sehr oft nicht. Und schon gerade gar nicht in Zeiten heftiger Krisen. Oft gehören in solchen Situationen Schwiegen und Verschweigen, Überspielen, Tarnen und Täuschen zum Verhaltensrepertoire leitender Mitarbeiter ihren Teams gegenüber.
- Konflikte zwischen Mitarbeitern moderieren
Wo Leute zusammenarbeiten, bleiben Konflikte nicht aus. Wie sich Führungskräfte dabei verhalten sollten, erfahren Sie hier: - 1. Schritt: Das Ziel klären
Erklären Sie den Konfliktparteien, worum es bei der Konfliktmoderation geht: um ein Lösen des Konflikts. Jedoch nicht in der Form, dass wie in einer Therapie alle Emotionen und Erfahrungen in der Vergangenheit aufgearbeitet werden; auch nicht in der Form, dass wie in Betrieben oft üblich, der Konflikt ignoriert oder durch formale Regelungen zugedeckt wird. Nein, die Arbeitsbeziehung soll neu ausgehandelt und so geregelt werden, dass beide Mitarbeiter gut damit leben und ihren Job besser machen können. Dabei lautet die Maxime: Kein Beteiligter muss einer Lösung zustimmen, die ihn zum Verlierer macht. - 2. Schritt: Regeln festlegen
Definieren Sie mit den Konfliktpartnern Regeln für die Moderation. Zum Beispiel:<br><br> - Beide stellen Forderungen an das Verhalten des jeweils anderen.<br> - Diese werden nach dem Prinzip "Geben und Nehmen" ausgehandelt.<br> - Die Absprachen werden schriftlich fixiert.<br><br>Vereinbaren Sie mit den Konfliktpartnern auch, worüber Vertraulichkeit gewahrt und worüber mit Dritten gesprochen werden darf. Klären Sie zudem Ihre Aufgaben als Moderator. - 3. Schritt: Wünsche und die dahinterstehenden Bedürfnisse sammeln
Sind die Formalien geklärt, können Sie die Beteiligten zum Beispiel bitten, auf einem Formblatt folgende Fragen zu beantworten: <br><br> "Es würde mir helfen, effektiver zu arbeiten, wenn Sie folgendes häufiger/anders tun würden: .... weil…" <br> "Es würde mir helfen, effektiver zu arbeiten, wenn Sie folgendes seltener/nicht mehr tun würden: ....weil…" <br> "Behalten Sie folgende Aktivitäten bei, die mir helfen, effektiv zu arbeiten: ...." - 4. Schritt: Verständnis klären
Die ausgefüllten Formblätter können Sie entweder kopieren oder so aufhängen, dass sie jeder lesen kann. Bitten Sie die Konfliktpartner, die Forderungen/Wünsche des jeweils anderen mit eigenen Worten laut zu formulieren. "Sie wollen, dass ich ..." Der andere soll die Aussage entweder bestätigen oder korrigieren. Bitten Sie als Moderator sofern nötig, um Beispiele für das gewünschte Verhalten, um das Verständnis sicherzustellen. - 5. Schritt: gemeinsam Lösungen suchen
Hier ist das Brainstorming die Technik der Wahl, denn sie ermöglicht es allen Beteiligten, optimal zur Lösung beizutragen. Zudem sollte das Suchen und Sammeln der möglichen Elemente einer Lösung frei von (vorschnellen) Bewertungen erfolgen. - 6. Lösungen bewerten und aushandeln
Nach dem Sammeln können beide Konfliktparteien anhand ihrer Forderungen die Lösungsvorschläge markieren, die ihnen am ehesten geeignet erscheinen. Bitten Sie die Konfliktparteien anschließend, sich wechselseitig Angebote zu machen. - 7. Schritt: Absprachen treffen und Protokoll erstellen
Notieren Sie alle getroffenen Absprachen. Dass beim Aushandeln der künftigen Arbeitsbeziehung auch mal die Emotionen hochkochen und schmerzhafte Erlebnisse aus der Vergangenheit geschildert werden, ist denkbar. Das sollten Sie zulassen, damit der Druck aus dem Kessel weicht. Dabei müssen Sie aber Fingerspitzengefühl zeigen und darauf achten, dass sich kein Druck aufbaut. - 8. Schritt: Abschließen und Folgetermin vereinbaren
Die bei Konfliktmoderationen getroffenen Vereinbarungen erscheinen Außenstehenden oft unbedeutend. Für die Beteiligten sind sie aber wichtig, weil Emotionen daran hängen. Folglich muss die Umsetzung der Abmachungen auch nachhaltig sichergestellt werden, damit alte Wunden nicht erneut aufgerissen werden. Vereinbart werden sollte auch, was geschieht, wenn Absprachen nicht eingehalten werden.
Die Etablierung von extra ausgewiesenen und ausgebildeten Vertrauensmanagern oder Mediatoren mit besonderer Vertraulichkeitsfunktion kann helfen. Hier können Mitarbeiter nicht nur von ihren Sorgen berichten, sondern finden auch eine Anlaufstelle für ihre neuen Ideen und Wünsche finden. Das kann dazu führen, dass sie neuen Sinn in ihrer Arbeit finden und ihre Zugehörigkeit zum Unternehmen entwickeln. Ja, das ist aufwändig, aber Vertrauen ist nunmal die Basis jeden verantwortlichen menschlichen Handels. Und nur aus der Stärkung des Zugehörigkeitsgefühls kann wieder Stolz auf die Firma und die eigene Arbeit erwachsen.
3. Neue interne Kommunikation
Ein Turnaround wird nur gelingen, wenn die Führung nicht nur Dinge anders regelt, sondern auch weiß, wie sie kommunikativ das Vertrauen und Commitment der Mitarbeiter zurückgewinnen kann. Technisch war dies nie einfacher als heute, wo wir auf ständig neue zeitsynchrone und zeitasynchrone Kommunikationsmedien zurückgreifen können.
Ob firmeninterne Messenger- oder Chatsysteme oder What´s App-Gruppen - eine neue Kommunikationskultur sollte möglichst schnell auch durch neue Kommunikationsmedien unterstützt werden, um den alten Flurfunk, der in Krisenzeiten meist nur miese Nachrichten breittrat, zu ersetzen. Aber es braucht eben auch besseres und schnelleres Feedback und viel mehr Wertschätzung. Sprache formt immer auch rückwirkend die Gedanken - eine positive Turnaround-Kultur muss mit einer positiven Sprachgebung, mit positiven Wordings, mit positiver Wertschätzung verbunden sein.
Lesetipp: Messenger im Unternehmenseinsatz
Eine neue Kommunikationskultur wird im Turnaround auch vieles aushalten müssen. Ruppige, manchmal sogar hinterhältige Umgangsformen, die sich in Krisenzeiten eingeschlichen haben. Hahnenkämpfe in Managementboards, in denen sich alte und neue Führungskräfte beharken, um die Oberhand zu gewinnen, bisherige Herangehensweisen zu rechtfertigen oder aufrecht zu erhalten, neue Marktentwicklungen zerstreiten oder Machtposition auskämpfen.
Da hilft oft nur eines: Keiner verlässt den Tisch, bis alle Streitpunkte und verborgenen Kampfhandlungen offengelegt und mindestens mit einer Lösungsabsicht versehen sind.
4. Proaktive Kommunikation nach außen
Was innen gilt, gilt auch für die Kommunikation nach außen. Die Vertrauenssicherung von Lieferanten und Kunden hat höchste Priorität. Kundenservice wird im Turnaround zum Vertrauensmanagement - jeder Mitarbeiter mit Kundenkontakt muss zum positiven Herold, zum Multiplikator der neuen Umbruch-Kultur werden. Das geht nicht nur mit motivierenden Reden - dazu gehört Schulung und Weiterbildung. Was ebenso für den proaktiven Umgang mit bisherigen Fehlern oder Krisenfaktoren und den "neuen guten Vorsätzen" gilt, denn nur eine proaktive Kommunikationsstrategie kann ein beschädigtes Markenimage im Markt und bei der Presse sowie den Kunden und Lieferanten reparieren. Ansprechen, zugeben, Neuerungen offensiv nach außen tragen. Das im gelebten Vorbild beweisen, gerade im Umgang mit kritischer Presse oder erzürnten Altkunden. Walk your Talk!