Customized Medical Devices: Langzeiterfahrung fehlt
Bis eine medizinische Maßanfertigung - auch unter der Bezeichnung Customized Medical Device bekannt - in den Körper des Menschen gelangt, hat sie jedoch einen weiten Weg hinter sich. Die Produkte müssen aufwändige Zertifizierungsverfahren bestehen. "Der Medizinmarkt ist streng reguliert", sagt Martin Bullemer, Business Development Manager Medical beim Technologieunternehmen EOS. Sterilität, ausgezeichnete Verträglichkeit sowie lange Haltbarkeit stellen ein absolutes Muss dar. Die Anbieter müssen die Verantwortlichen in den Krankenhäusern für ihre Produkte gewinnen. Und selbst wenn die Mediziner und Prüfer überzeugt wurden, bedeutet das nicht automatisch einen abschließenden Erfolg. "Wir haben noch keine Langzeiterfahrungen mit den Produkten", betont Professor Dr. Christian Lüring vom Klinikum Dortmund. Wenn er eine Operation am Knie durchführt ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass ein Knie-Implantat aus dem 3D-Drucker zum Einsatz kommt. "Etwa 20 bis 25 Prozent unserer Patienten entscheiden sich dafür", berichtet der Direktor der Orthopädischen Klinik. Ob die 3D-Alternativen wirklich besser seien als die konventionellen Implantate wisse man in etwa fünf Jahren, meint er.
Die neue Technologie wartet jedoch mit handfesten Vorteilen auf: "Das Implantat wird wie ein Maßanzug auf das Knie geschneidert, die Knochen werden besser abgedichtet. Das Ersatzteil kann dadurch gut anwachsen", erklärt Lüring. Nicht jeder Patient benötigt ein maßgeschneidertes Ersatzteil fürs Knie. Die Stücke eignen sich besonders für Menschen, bei denen es Probleme mit den Standardprodukten geben könnte. "Dazu gehören zum Beispiel sehr große und sehr kleine Patienten", sagt Lüring. In begründeten Fällen zahlt die Krankenkasse ein per 3D-Druck gefertigtes Implantat, das etwa doppelt so viel kostet wie ein herkömmliches. Lüring gehört sicher zu den Pionieren in diesem Bereich, bislang nutzen erst einzelne Kliniken die modernen Implantate.
- Viva 3D-Drucker
Auf der CES 2015 in Las Vegas präsentierten die Hersteller viele neue 3D-Drucker. Im Folgenden stellen wir diese und weitere Modelle vor. - PP3DP UP! Mini (649 Euro, bereits erhältlich)
Der UP! Mini von PP3DP verarbeitet ABS- und PLA-Kunststoff im Schmelzschichtungsverfahren und ist bereits seit 2012 auf dem Markt. Konzipiert ist der UP! Mini für Privatanwender und Einsteiger, die kleine Objekte herstellen möchten und einen mobilen 3D-Drucker bevorzugen. - iRapid Black (999 Euro, bereits erhältlich)
Auch der iRapid Black ist schon einige Monate auf dem Markt und mit seinen kompakten Abmessungen in erster Linie für die Schreibtische von Heimanwendern konzipiert. Kleine bis mittelgroße Objekte können mit dem Black realisiert werden. - Pearl Freesculpt EX-2 Basic (ab 899 Euro, bereits erhältlich)
Freesculpt EX-2 Basic heißt der erschwingliche 3D-Drucker von Pearl. Er arbeitet bei Bedarf mit zwei Druckdüsen gleichzeitig und ermöglicht so die Erschaffung komplexerer und auch zweifarbiger Objekte. Neben ABS- und PLA-Kunststoff verarbeitet der Freesculpt EX-2 unter anderem auch PVA- und Nylon-Filamente. - Felix 3.0 Dual Extruder (ab 1099 Euro, bereits erhältlich)
Felix Printers bietet seinen Felix 3.0 wahlweise als Bausatz oder fertig montiertes Gerät an. Mit der optionalen Dual Extruder-Technik kommt ein zweiter Druckkopf zum Einsatz, der wasserlösliches Stützmaterial beifügt und Nutzern die Realisation komplexerer Objekte ermöglichen soll. Der Felix 3.0 kann wahlweise als Standalone-Gerät oder mit einem PC verwendet werden. In letzterem Fall kommt eine kostenlose Open-Source-Software zum Einsatz. - Aleph Objects Lulzbot mini (1350 Dollar, umgerechnet ca. 1170 Euro))
Der Lulzbot mini von Aleph Objects befindet sich momentan noch in Entwicklung und wurde auf der CES 2015 erstmals präsentiert. Er soll sich vor allem durch seine Material-Vielfalt auszeichnen: Neben PLA und ABS verarbeitet er zum Beispiel auch Polyester oder Polycarbonat. Dank seiner Open-Source-Hardware ermöglicht der Lulzbot mini Privatanwendern ab Ende Januar 2015 auch die Programmierung eigener Upgrades. - Conrad Renkforce RF 1000 (ab 1499 Euro, bereits erhältlich)
Bereits seit Ende 2013 bietet Conrad Electronic seinen 3D-Printer Renkforce RF 1000 als Bausatz oder auch fertig montiert an. Als Einsatzbereich sieht man beim Hersteller den Hobby- und Modellbau. Demnächst soll für den RF 1000 auch ein Gravier- und Fräsadapter zur Verfügung stehen. - XYZ Printing Nobel 1.0 (1499 Dollar, umgerechnet ca. 1300 Euro) )
Mit seinem Nobel 1.0 (rechts im Bild) sorgte XYZ Printing auf der CES in Las Vegas für Aufsehen. Der 3D-Printer ist einer der ersten bezahlbaren 3D-Drucker, die auf UV-Lasertechnik setzen. Diese soll gewährleisten, dass auch Privatanwender Objekte mit enorm hohem Detailgrad erschaffen können. Interessenten müssen sich allerdings noch bis zum dritten Quartal 2015 gedulden. - XYZ Printing 3D Food Printer (ca. 2000 Dollar, umgerechnet ca. 1730 Euro))
Ein weiteres CES-Highlight 2015 war der ebenfalls von XYZ vorgestellte Food Printer (links im Bild). Dieser stellt aus Schokolade, Teig und ähnlichen Leckereien zum Beispiel Torten- oder Keksdekorationen her. Backen muss man allerdings noch selbst. Zu Markteinführung und Preis des 3D Food Printers gibt es derzeit nur vage Angaben: Der chinesische Hersteller plant mit dem zweiten Quartal 2015, der Preis dürfte dann bei rund 2000 Dollar liegen. - Makerbot Replicator 2X (2963 Euro, bereits erhältlich)
Mit dem Replicator 2X richtet sich Makerbot sowohl an professionelle Anwender, als auch an Hobby-Tüftler. Der 3D-Drucker kann mittelgroße, zweifarbige Objekte herstellen und ist optimiert für den Betrieb mit den hauseigenen ABS-Filamenten. Zudem verspricht der Hersteller professionelle Druckergebnisse durch extrem dünne Schichtauflösung, die keine weitere Nachbearbeitung nötig machen. - Ultimaking Ultimaker 2 Extended (2970 Euro)
Mit dem ab April 2015 erhältlichen Ultimaker 2 Extended richtet sich Hersteller Ultimaking ebenfalls eher an professionelle Nutzer. Der Printer rundet die 3D-Modellfamilie der Niederländer nach oben hin ab und soll sich insbesondere für den Druck größerer Objekte eignen. - Formlabs Form 1+ (3000 Euro, bereits erhältlich)
Formlabs bietet mit dem Form +1 einen 3D-Drucker für private wie professionelle Anwender an, der auf UV-Lasertechnik – auch bekannt unter dem Namen Stereolithografie – setzt. Der Form +1 verarbeitet Kunstharz, das in Kombination mit überarbeiteter Technik ein Garant für „beispiellose Detailtreue und erstklassige Oberflächenstruktur“ sein soll. - Airwolf 3D HDR (4595 Dollar, umgerechnet ca. 3980 Euro) bereits erhältlich)
HDR heißt der 3D-Printer aus dem Hause Airwolf 3D. Die Amerikaner bewerben ihr Produkt in erster Linie mit Cloud-basierter Software, die die Drucker-Steuerung über Mobile Devices ermöglicht. Daneben bietet der HDR auch noch zwei Druckköpfe, ist kompatibel mit mehr als 25 Druckmaterialien und wird inklusive eines Android-Tablets ausgeliefert. - Stratasys Mojo (ab ca. 7000 Euro, bereits erhältlich)
Stratasys bietet mit dem Mojo ein kompaktes 3D-Drucker-Modell an. Dank seiner relativ schlanken Abmessungen sollte der Stratasys Mojo auch auf dem Schreibtisch Platz finden. Der 3D-Printer verarbeitet sogenannten „ABSplus“-Kunststoff, der in neun verschiedenen Farben erhältlich ist. - Voxel8 3D Electronics Printer (9000 Dollar, umgerechnet ca. 7790 Euro)
Der Voxel8 3D-Drucker nimmt eine Sonderstellung im derzeitigen Printer-Portfolio ein, denn es ist das erste Gerät, das elektrische Schaltkreise herstellen kann. Möglich wird das durch die Verwendung von leitfähiger Silbertinte. Der Voxel8 sorgte ebenfalls auf der CES 2015 für Furore und kann bereits vorbestellt werden. Die Auslieferungen sollen Ende 2015 erfolgen. - Stratasys uPrint SE Plus (ca. 15.000 Euro, bereits erhältlich)
Speziell kleinere Unternehmen will Stratasys mit dem Topmodell seiner „Idea“-Serie ansprechen. Der uPrint SE Plus ist für die Erstellung komplexerer, größerer 3D-Modelle geeignet.
Etabliert haben sich in den Operationssälen dieser Welt spezielle Einwegprodukte, die aus dem 3D-Drucker stammen und patientenspezifisch angewendet werden - zum Beispiel sogenannte Bohrschablonen. "Von ungefähr 1,2 Millionen Knie-Operationen weltweit nutzen Mediziner bei etwa einem Drittel Bohrschablonen, die per 3D-Druck gefertigt wurden", sagt Bullemer. Die individuell für den Patienten angefertigten Stücke würden viel Planungsarbeit während der OP ersparen.
Die 3D-Printing-Revolution in der Zahnmedizin
Von einer industriellen Revolution kann man wohl im Bereich der Zahntechnik sprechen. Hierzulande stammt die Hälfte aller Dentalkronen und Brücken nach Angaben von Fachleuten aus 3D-Druckern. Zahntechniker erheben die notwendigen Daten durch Scannen des Kiefers und können innerhalb von ungefähr 24 Stunden bis zu 450 individuelle Dentalkronen und Brücken herstellen. "Ansonsten schafft ein Zahntechniker vielleicht 15 bis 20 Einheiten am Tag", sagt Martin Bullemer. Er zeigt sich zuversichtlich, dass sich die Technologie auch in anderen Bereichen der Medizin durchsetzt. "Wenn in einigen Jahren die Langzeitstudien vorliegen und es noch schnellere Maschinen gibt, wird die Fertigungsmethode noch sehr viel bedeutender", ist er sicher. Der Patient liefert die Daten und erhält eine auf ihn zugeschnittene Therapie, die wirtschaftlich und medizinisch Sinn macht, so die Vision.
- BEGO Varseo für Dentallabore
Ganz neu bei BEGO ist der 3D-Drucker Varseo, mit dem beispielsweise Schienen, vergießbare Modellgussbasen, individuelle Abformlöffel oder Bohrschablonen mittels Hochleistungskunststoffen gefertigt werden können. - Industriell genutzer SLS-Drucker von 3D Systems
Der erste 3D-Drucker stammte 1984 von 3D Systems. Neben der damals eingesetzten Stereolithographie bietet der US-Hersteller auch eine Vielzahl von Geräten mit FDM-, PolyJet- und MultiJet-, und SLS-Technologie an. Letztere steht für Selektives Lasersintern und ist in dieser ProX 500 Plus genannten Maschine verbaut, mit der sich 3D Systems vornehmlich an Industriekunden wendet. - 3D-Druckgigant für Skulpturen
Die Voxeljet AG aus Friedberg in Bayern hat mit dem VX4000 einen der größten 3D-Drucker weltweit. Dieser hat einen Bauraum von 4 x 2 x 1 m und wird mit dem selbstentwickelten Phenolic-Direct-Binding-Verfahren sehr viel für großformatigen Sanddruck von Skulpturen eingesetzt, für das geplante Berliner Stadtschloss zum Beispiel. Voxel (aus volumetric und pixel) bezeichnet übrigens analog zu Pixel einen Gitterpunkt in einem dreidimensionalen Gitter und tritt als Name bei einigen Herstellern oder Produkten auf. - Leapfrog XeeD mit Dual-Extruder
Der XeeD von Leapfrog ist ein FFF-Drucker (auf Basis der FDM-Technologie) für größere Objekte mit bis zu 350 x 270 x 220 mm zu Preisen ab etwa 7.390 Euro bei Idealo. Im Fenster zu sehen sind soeben ausgedruckte Zahnräder. Man kann seinen Entwurf per WLAN drahtlos an den Drucker schicken. Unterstützte Baumaterialien sind unter anderem ABS, Nylon oder PLA. Dank Dual-Extruder können zwei Werkstoffe in verschiedenen Farben gleichzeitig ausgedruckt werden. - Digital Wax: DWS-Schmuckdrucker
DWS Systems steht für Digital Wax Systems und ist ein italienischer Hersteller, der mit dem Stereolithographieverfahren (SLA) Geräte für verschiedene Branchen anbietet. Das Modell 028JE zum Beispiel ist für Schmuckhersteller konzipiert. - SLM 500 HL mit Peripherie zur Pulverrückgewinnung
Diese Laserschmelzanlage von SLM Solutions aus Lübeck gehört mit besagter Peripherie zu den teuersten 3D-Druckern weltweit. Dieser kommt mit Doppel-Laser-Technologie und einer Baukammer von 500 x 280 x 325 mm. Verarbeiten lassen sich damit unterschiedliche Materialien wie Edelstahl, Werkzeugstahl, Inconel, Kobalt-Chrom, Aluminium oder Titan. - Stratasys-Palette von FDM- und PolyJet-Druckern
Der US-Hersteller Stratasys hat zwar keine Laserschmelz- oder Lasersinter-Anlagen im Programm, ist aber allein schon mit FDM-Geräten weltmarktführend bei 3D-Druckern. Hier im Bild sind neben den Extrusion- auch sogenannte PolyJet-Modelle zu sehen. Es handelt sich dabei um eine InkJet-ähnliche Technologie, bei der aber keine Tinte aus den Düsen kommt, sondern ein Photopolymer, das bei UV-Licht sofort aushärtet. Durch verschiedene Materialien lassen sich die Objekte auch in Farbe ausdrucken. - GE-Turbinendemo von SLM Solutions
Hier im Bild ist ein von SLM Solutions im selektiven Laserschmelzverfahren gefertigter Prototyp einer Turbine für GE Aviation aus Edelstahl.
Organe aus dem 3D-Printer
Die US-Zulassungsbehörde Food and Drug Administration (FDA) gab kürzlich sogar grünes Licht für das erste Medikament aus dem 3D-Drucker. Die Tablette gegen Epilepsie soll effizienter sein, denn jeder Patient bekommt genau so viel Wirkstoff, wie er wirklich braucht. Welche Möglichkeiten die Technologie noch birgt, können selbst Experten nicht ohne weiteres abschätzen. Über den Globus verteilt arbeiten Forscher und Unternehmer eifrig an verschiedensten 3D-Druck-Verfahren und Anwendungsmöglichkeiten für die Zukunft.
Regelmäßig schwärmen Technikfreaks von menschlichen Organen aus dem 3D-Drucker. Solche ausgedruckten Organe müssten aber funktionstüchtig sein und dürften nicht einfach absterben. "Davon sind wir noch weit entfernt", meint Stephan Zeidler. Immerhin sei es Experten schon gelungen, kleine Gewebestücke zu drucken. "Bei diesen Versuchen setzt man aufwändige Einrichtungen ein, die eher einer komplexen, computergesteuerten Laboranordnung als einem 3D-Drucker ähneln", beschreibt Professor Hartmut Schwandt von der Technischen Universität Berlin die Bemühungen. Er experimentiert mit seinem Team an einer Zwischenlösung. "Wir arbeiten daran, ein Herzklappengerüst mit dem 3D-Drucker zu erstellen, das am Deutschen Herzzentrum mit menschlichen Zellen besiedelt wird", erklärt der Wissenschaftler. Dahinter steckt die Vision, dass das Gerüst am Ende zu einer menschlichen Herzklappe verwächst. Kein leichtes Unterfangen. "Man benötigt dafür ein Material, das nicht nur stabil, haltbar und flexibel ist, sondern sich nach einer gewissen Zeit auflöst und vom Körper absorbiert wird", erzählt Schwandt. Wenn das irgendwann einmal gelingt hätte man zwar kein komplettes menschliches Herz, aber eine menschliche Herzklappe - sicher ein Meilenstein in der Medizingeschichte und der 3D-Druck-Technologie. (fm)