Mit Ehrungen kennt sich Christian Niederhagemann aus. Die Bundeswehr hat ihm eine Ehrenmedaille verliehen, außerdem hat er sich für die "Goldene Blutspendenadel" reingehängt. Vielleicht etwas abstrakter sind mittlerweile zwei Preise aus der beruflichen Community: 2014 zählte er zu den Top 20 im renommierten IT-Wettbewerb "CIO des Jahres". 2015 platzierte er sich unter den Top Ten, der Titel seines Projektes: ECOS, Extended Customer and Offer Solution beim Anlage- und Maschinebauer KHS in Dortmund.
Die Vision des 44-Jährigen klingt komplex: einen durchgängigen Prozess erstellen vom ersten Kundenkontakt über den Reifeprozess von Vertriebsgelegenheiten, der weitgehend automatisierten Konfiguration von hochkomplexen Maschinen und Anlagen sowie einer marktdynamischen Preissystematik bis zur nachbearbeitungsfreien Erstellung von Angeboten.
Diese Vision entwickelte Niederhagemann 2011 - als weder die bestehenden Vertriebsprozesse noch -Tools den neuen Anforderungen auch nur "in Ansätzen" genügten, wie der CIO sagt. Also hat er zunächst einmal bei Vertriebsvorstand und Finanzvorstand für sein Projekt getrommelt. Der IT-Manager argumentierte nicht nur mit schnelleren und besseren Prozessen, sondern auch mit dem Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz.
Unterstützung holte sich der CIO dabei von einer Managementberatung. Gemeinsam mit dieser erarbeitete er einen grundlegend neuen Vertriebsprozess samt einer Preisermittlungsmethode, die auf dynamischen Parametern beruht. Der Vorstand gab das Konzept frei. Und lieferte damit die Grundlagen für den Change im globalen Vertrieb und das Lastenheft für die gewünschte IT-Lösung.
Vom ersten Tag an Akzeptanz erzeugen
"Für mich war es wichtig, den im Endausbau rund 1.200 Anwendern in über 30 Ländern nicht nur ein 'Schweizer Taschenmesser' für ihr Tagesgeschäft an die Hand zu geben, sondern durch eine User Experience der besonderen Art die Akzeptanz vom ersten Tag an sicherzustellen", sagt Niederhagemann.
- Der Sportdirektor eines Vereins
Der Sportdirektor eines Vereins stellt den Kader zusammen und gestaltet die Spiel- und Terminpläne für Wettkämpfe und Trainings. Er instruiert Talentscouts, kauft Spieler ein und stellt Bewegungsfreiheit für erforderliche Transfers sicher. Sein Ziel: Menschen zu finden und zu binden, die die Weiterentwicklung des Unternehmens konstant antreiben. Er erweitert die Suchkriterien für die Rekrutierung, stellt Mitarbeiter mit verschiedensten Hintergründen ein und ermöglicht Familien- und altersgerechte Arbeitszeitmodelle. - Führung in der Digitalisierung
Die Studie "Die Haltung entscheidet. Neue Führungspraxis für die digitale Welt" stammt von LEAD (Mercator Capacity Building Center for Leadership & Advocacy) in Kooperation mit der Unternehmensberatung Company Companions sowie der School of Public Policy (Central European University, Budapest) und dem Center for Leadership and Values in Society (Universität St. Gallen). Die Autoren empfehlen acht Rollen als Orientierungshilfen. - Die Landschaftsgärtnerin
Die Landschaftsgärtnerin gestaltet und pflegt Grünanlagen. Sie versteht das gesamte Ökosystem und weiß, wann welche Pflanzen im Jahreszeitenwechsel an welcher Stelle ihre Wirkung entfalten und wie alles zusammenspielt. Ihr Ziel: Das Unternehmen langfristig auf zustellen, wenn Krise und Veränderung zum Normalfall geworden sind. Sie ermöglicht schnelles „Prototyping“, geht unkonventionelle Partnerschaften ein und bricht Silos mittels heterogener, cross-funktionaler Teams auf. - Die Seismologin
Die Seismologin muss wissen, wo die Erde beben könnte. Dafür analysiert sie Daten, registriert feinste Erschütterungen und erkennt Spannungen frühzeitig. Sie erliegt aber nicht der Illusion, die Zukunft genau vorhersagen zu können. Ihr Ziel: Grundlagen für gute Entscheidungen in einer unübersichtlichen Welt zu schaffen. Sie etabliert „Situation Rooms“ zur Entwicklung von Handlungsstrategien, greift über digitale Plattformen auf verborgenes Wissen zu und schult ihre Intuition als zusätzliche "Datenquelle". - Der Zen-Schüler
Der Zen-Schüler ist in Ausbildung und Vorbereitung. Er lernt, reflektiert und prüft sich selbst. Achtsamkeit, Mitgefühl und Offenheit sind seine Tugenden, er pflegt eine disziplinierte (spirituelle) Praxis. Sein Ziel: Das finden, woran er sich festhalten kann, wenn sich alle an ihm festhalten. Er nutzt Coaching- und Mentoring-Programme, schafft physische Räume für den Ausgleich und richtet den Blick nach innen. - Der DJ
Der Discjockey bringt mit seiner Musik die Menschen zum Tanzen. Er setzt einen Rahmen, der motiviert, anregt und gemeinsame Energie erzeugt. Zugleich hat er ein offenes Ohr für Anregungen und sensible Antennen für das richtige Stück im richtigen Moment. Sein Ziel: Eine Kultur der Zugewandtheit zu schaffen – aber mit dem Fokus auf Ergebnisorientierung. Dafür baut er Empathie als Führungskompetenz auf, schafft Räume, in denen Menschen gerne arbeiten, und agiert als Vorbild für Zugewandtheit und Leistungsorientierung. - Die Intendantin eines Theaters
Die Intendantin eines Theaters wählt die Stücke für die Aufführung aus. Sie entwickelt den roten Faden und prägt die gesellschaftliche Wirkungskraft ihres Hauses. Die Künstler und deren Expertise bindet sie dabei ein. Ihr Ziel: in Zeiten großer Unsicherheit und Unplanbarkeit Orientierung zu geben. Über ein „Strategy Board“ schafft sie die Voraussetzung für Richtungsentscheidungen schaffen, erhöht mittels interaktiver Beteiligungsformen die Einigkeit über die Richtung – und hat den Mut zu klaren Ansage in der Krise. - Die Trainerin
Die Trainerin leitet eine Mannschaft taktisch, technisch und konditionell an. Sie bestimmt Trainingsablauf, Mannschaftsaufstellung und Strategie. Sie muss für Misserfolge geradestehen, Erfolge lässt sie ihrem Team. Ihr Ziel: Die Mitarbeiter zu mehr Verantwortungsübernahme zu befähigen. Dafür entwickelt sie über zeitgemäße Lernformate Kompetenzen entwickeln, baut gegenseitiges Vertrauen auf und führt Anreize zur Übernahme von Verantwortung ein. - Der Blogger
Der Blogger kommentiert Geschehnisse – zugespitzt, aufrüttelnd und meist aus einer persönlichen Sichtweise. Er will die Welt verstehen, erklären und übersetzen. Er lebt vom direkten Feedback der Leser. Sein Ziel: Veränderungsbereitschaft in die DNA des Unternehmens zu schreiben. Er kaskadiert die Geschichte der Veränderung in die Firma, moderiert gemeinsame Lernprozesse und gibt sichtbare Veränderungsanstöße.
Weil aber kein Lösungsanbieter das Gewünschte aus einer Hand liefern konnte, entschied sich der CIO zu einem ungewöhnlichen Schritt: er startete zwei autarke Projekte, eines für die Umsetzung von Kunden- und Angebotsmanagement sowie eines für Konfiguration und Preisfindung. Beide Teams verfügten jeweils über Fach- und IT-Projektleiter. Ein zentrales Project Management Office hielt die Fäden in der Hand, denn ein solches Vorgehen bringt mehr Integrations- und Kommunikationsbedarf mit sich.
Zusätzlich kümmerte sich Niederhagemann um ein umfangreiches Lead- und Opportunity-Management, eine Marketing-orientierte Kampagnen-Unterstützung und ein Dokumentenmanagement, das in das gruppenweite Enterprise Content Management auf Basis von Open Text XECM integriert ist. Dafür haben der CIO und sein Team eine neue Collaboration-Plattform für alle Prozessbeteiligten geschaffen, also auch für Kunden, Handelsvertreter und Lieferanten.
Wer so viel ändert, muss mit den Leuten reden. Niederhagemann hat eine mehrwöchige, stufenweise Kommunikationskampagne durchgeführt. Ein zentrales Element der Kampagne ist ein stark vereinfachtes Erklärvideo, das auf deutsch und englisch Nutzen und Hintergründe der neuen Arbeitsweise erklärt, berichtet der CIO.
Niederhagemann weiß um die Relevanz von Kommunikation. Neben Level-Meetings, in denen die Führungskräfte abgeholt wurden, stellte er eine Story ins Intranet, die in mehreren Kapiteln von dem Projekt erzählte. Bei KHS liefert ein Team von rund 80 nebenamtlichen Redakteuren den Content für das gesamte Intranet. Sie sorgen dafür, dass die Texte spannend geschrieben sind und Lust auf mehr machen. Übrigens eine Idee, die Niederhagemann selbst schon vor einigen Jahren mit einem kleinen Team initiiert hatte.