Die Cloud wird zum Alltag in Unternehmen. Firmen können damit flexibel und schnell auf neue Anforderungen reagieren, ihre Prozesse optimieren oder auch datenbasierte Geschäftsmodelle umsetzen. "Sie nutzen die Cloud umfassend über mehrere Workloads auf Basis einer modernisierten Architektur, übertragbarer Lösungsansätze und umfassender Policies. Die Cloud entwickelt sich damit immer stärker zum integralen Bestandteil der IT-Landschaft", erklärt Lynn Thorenz, Associate Vice President Research & Consulting Germany and Switzerland bei IDC.
Der Trend geht zudem in Richtung Hybrid und Multi Cloud. Etwas mehr als ein Viertel (27 Prozent) der Firmen setzen laut IDC auf die Hybrid Cloud, sprich eine Mischung aus interner IT-Infrastruktur, Private und Public Cloud. Zugleich nutzen immer mehr Unternehmen die Services verschiedener Cloud-Anbieter parallel. Das heißt: Die (hybride) Multi Cloud wird in Zukunft dominieren.
Vielfältige Anwendungsszenarien
Die Anwendungsszenarien für derartige Cloud-Umgebungen sind vielfältig. Ein Ziel ist Lift and Shift, sprich im Idealfall jede beliebige Anwendung oder jeden Workload inklusive Daten ohne jegliche Änderung des Codes einfach über die verschiedenen Clouds hinweg zu migrieren. Weitere Einsatzgebiete sind Skalierbarkeit auf Abruf sowie Backup & Recovery.
Bei ersterem können Nutzer die Kapazität ihrer Ressourcen und Workloads schnell skalieren oder binnen weniger Minuten auf verschiedene Regionen ausdehnen, indem sie die Dynamik der Public Cloud nutzen. Beispiele sind etwa das Schaffen einer temporären Text- und Entwicklungsumgebung in der Cloud, Funktionen für einmalige Marketing-Kampagnen, vertriebliche Auswertungen am Jahresende oder die Aufstockung von Rechen- oder Netzwerkressourcen bei Online-Shops etwa während des Weihnachtsgeschäfts.
"Die Hybrid Cloud eignet sich auch sehr gut für Backup & Recovery, indem Firmen die Public Cloud als Backup-Standort nutzen und ihre lokalen Daten dort replizieren, natürlich verschlüsselt und unter Einhaltung aller Sicherheitsrichtlinien", sagt Thorenz. Damit bleiben die Daten hochverfügbar und die Business Continuity gewahrt. Zudem können Firmen ihre lokalen Anwendungen für digitale Initiativen mit Hilfe nativer Cloud-Services wie KI und maschinellem Lernen oder erweiterten Datenanalysen modernisieren, ohne dass eine kostspielige Neuarchitektur erforderlich ist.
Komplexität und Kostenfrage
Doch wenn Firmen ihre eigene IT-Infrastruktur und Private Cloud mit einem oder mehreren Public-Cloud-Angeboten kombinieren, steigt die Komplexität. Der parallele Einsatz verschiedener Architekturen, Technologien und Betriebsmodelle bringt einige Herausforderungen mit sich. So besteht etwa die Gefahr der "Wölkchenbildung", sprich Cloud-Silos, da die Infrastruktur-Stacks der verschiedenen Public-Cloud-Angebote oft nicht miteinander kompatibel sind. "Das ist kein Wunder, schließlich haben die Hyperscaler ihre Stacks für ihre eigenen Zwecke und Rechenzentren entwickelt", erläutert Markus Pleier, Senior Director System Engineering und CTO Central Europe bei Nutanix. Entscheidend für Multi-Cloud-Szenarien seien daher offene und standardisierte Schnittstellen (APIs), damit die einzelnen Services und Systeme miteinander kommunizieren und Daten untereinander austauschen können. "Ohne passende APIs funktioniert das nicht", so Pleier.
Als weiteres wichtiges Thema sieht er die Kostenfrage. "Vielen Firmen fehlt der Überblick darüber, wie viel die jeweiligen Workloads in der Private Cloud oder bei den verschiedenen Public Clouds genau kosten. Ziel ist es, ähnlich wie bei der Strombörse die Leistung dort zu holen, wo es am günstigsten ist", so der Nutanix-Manager.
Zudem seien viele Kostenfaktoren der Public Cloud nicht sofort sichtbar. Wenn beispielsweise ständig benötigte Anwendungen viel Rechenleistung oder Storage brauchen und als IaaS (Infrastructure as a Service) bezogen werden, können die Infrastrukturkosten der Cloud am Ende recht teuer werden. Dazu kommen die gar nicht mehr benötigten Public-Cloud-Ressourcen, etwa Serverinstanzen, die einfach deshalb nicht gelöscht werden, weil es kein ausreichend ausgefeiltes Ressourcenmanagement gibt.
Auch die Schatten-IT trägt zu den versteckten Kosten der Public-Cloud-Services bei, wenn Fachabteilungen unautorisiert durch die zentrale IT Services aus der Cloud bestellen. "Solche Ressourcen passen aber architektonisch oder hinsichtlich des Managements möglicherweise nicht zur offiziellen Cloud-Strategie. Deren Kosten werden von der zentralen IT nicht einkalkuliert", sagt Pleier. Hinzu kommen ein höherer Administrationsaufwand beim Management verschiedener Clouds inklusive Netzwerk-Konfiguration oder mögliche Bandbreiten-Probleme beim Übertragen von Daten aus der einen Cloud-Umgebung, die unter Umständen manuelle Prozeduren wie das physische Versenden von Speichereinheiten erfordern.
Herausforderung Datenmanagement
Ein weiterer Knackpunkt ist die Migration der Daten zwischen On-Premises-Infrastruktur, Private und Public Cloud, sprich das Datenmanagement. "Interne und externe Daten sind das Fundament datengetriebener Geschäftsmodelle. Allerdings sehen wir, dass die Integration aller Daten in den meisten Organisationen eine Dauerbaustelle ist", stellt IDC-Analystin Thorenz fest. Ergebnis seien die fehlende Konsistenz der Daten, nicht realisierte Auswertungsmöglichkeiten, aber auch teure Speichernutzung sowie ineffiziente Datenverarbeitungsströme. "Datenplattformen und Data Clouds bieten hier einen sinnvollen Lösungsansatz, sind aber in den Organisationen noch deutlich unterrepräsentiert", so Thorenz weiter.
Wichtig ist zudem Transparenz. Was passiert mit den Daten, wenn ich Daten von einem Cloud-Anbieter zum anderen mitnehme? Werden die Daten vom ehemaligen Provider gelöscht? Oder was passiert mit den Daten, wenn der Cloud-Anbieter pleitegeht, aufgekauft wird und danach einige Cloud-Services einstellt, weil sie sich wirtschaftlich nicht lohnen? All diese Fragen müssen geklärt sein, damit Firmen planen können.
Eine weitere Herausforderung ist Data Governance. Unternehmen müssen die DSGVO einhalten und dürfen Kundendaten von EU-Bürgern auch nur innerhalb der Europäischen Union lagern. Zusätzlich müssen die Daten vor unbefugtem Zugriff und Manipulation geschützt werden, um Compliance-Vorschriften einzuhalten. Der Hybrid-Cloud-Ansatz birgt hier ein datenschutzrechtliches Risiko, wenn beim Einsatz von Public-Cloud-Services personenbezogene oder andere kritische Daten versehentlich in andere geografische Regionen transferiert werden oder bei der Übertragung zwischen den verschiedenen Cloud-Umgebungen nur unzureichend geschützt sind.
- Steve Oluborode, Tableau Software
Daten sind das neue Öl. Dass das keine Zukunftsprognose, sondern längst Realität ist, sieht man allein schon bei einem Blick auf die Rangliste der weltweit wertvollsten Unternehmen. Die Top 3 erzielen ihre Wertschöpfung allesamt mit der Monetarisierung von Daten. - Carol Stockinger, IDG
Der Job des Data-Analysten ist alles andere als neu. Er hat sich in den vergangenen Jahren aber stark gewandelt. Ging es früher darum, Doubletten zu verhindern und insgesamt die Datenqualität und-sicherheit hochzuhalten, so steht heute die Herstellung von Benutzbarkeit insgesamt im Mittelpunkt. Verstehe ich meine Daten? Wie kann ich sie zusammenführen, einteilen, analysieren? Das sind die Fragen, mit denen wir heute konfrontiert sind. - Michael Koch, Lufthansa Industry Solutions
Das Wesen der Deutschen ist es, alles im Detail verstehen zu wollen. Das ist mit dem gigantischen Datenaufkommen, das in den Unternehmen generiert wird, aber heute schlicht nicht mehr möglich. Vielleicht liegt darin die Erklärung dafür, warum sich hierzulande alles ein bisschen langsamer bewegt. - Andreas Laux, Datavard
Uns stehen heute so viele technologische Möglichkeiten zur Verfügung wie noch nie zuvor. Doch die bessere Nutzung von Daten zu realisieren ist eine kulturelle Aufgabe, die Kunden und Dienstleister nur gemeinsam lösen können. Dabei ist es wichtig, die Menschen immer wieder darauf hinzuweisen, wie wichtig Daten für die Verbesserung von Geschäftsprozessen und die Entstehung neuer Services sind. Wenn ich den entstehenden Mehrwert glaubwürdig veranschauliche, dann steigt auch die Bereitschaft für das „Sharing“. - Peter Jung, Board
Das Business wird immer dynamischer. Strukturen, Geschäftsmodelle und Besitzverhältnisse verändern sich ständig. Auf diese Dynamik müssen wir mit flexiblem Datenmanagement reagieren: Jeden Tag gibt es einen neuen „Datenschatz“ zu heben und zu verwerten, das heißt aus den Daten entscheidungsrelevante Erkenntnisse zu gewinnen und bereitzustellen. - Andreas Heißler, Uniserv
Die Initiative der Bundesregierung für eine eigene Datenstrategie klingt weniger nach „echter“ Strategie. Das Problem ist doch die große Verunsicherung innerhalb der Unternehmen darüber, was sie rechtlich überhaupt dürfen und was nicht. Allein die parallele Existenz verschiedener sich teilweise widersprechender Gesetze und Verordnungen schafft eine Intransparenz, die den Fortschritt hemmt. Was heute richtig ist, kann morgen schon wieder falsch sein. Das ist gerade für den Mittelstand ein Problem: Um ein funktionierendes Datenmanagement zu etablieren, muss ich Geld in die Hand nehmen und das ist für große Konzerne leichter zu stemmen. Kleinere Unternehmen können aber nicht „einfach mal ausprobieren“, sondern brauchen Planungssicherheit. - Oliver Schröder, Informatica
Uns fehlt es in Deutschland noch an der Geschwindigkeit in der Adaption von Geschäftsmodellen. Die Plattformökonomie in den USA hat hier schon rein organisatorisch deutliche Wettbewerbsvorteile. Ein offensichtlicher Indikator findet sich im organisatorischen Stellenwert der IT. So existieren in vielen Unternehmen immer noch gesonderte IT-Abteilungen, und der CIO berichtet an den CFO. Das alles wäre in einer agilen Struktur nicht mehr nötig, in der IT und Business idealerweise miteinander verschmelzen. - Peter Küssner, Cubeware
Die allzu verhaltene Nutzung von Daten bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle ist kein technisches und kein organisatorisches Problem, sondern schlichtweg: ein deutsches!
Übergreifendes Management
Um die beschriebenen Herausforderungen beim Aufbau kosteneffizienter und offener Hybrid- und Multi-Cloud-Umgebungen zu meistern, ist eine übergreifende Management-Plattform notwendig. "Sinnvoll ist hier eine Provider-neutrale Softwareschicht, die in alle Richtungen die nötige Offenheit bietet und sich wie ein Puffer zwischen den unterschiedlichen, in einer Infrastruktur vereinigten Clouds und darauf aufsetzenden Apps oder Services verhält", erklärt Nutanix-Mann Pleier. "Über diese zentrale Verwaltungsebene lässt sich die komplette IT- und Cloud-Infrastruktur - letztere zum Beispiel von AWS inklusive Bare-Metal-Servern oder von Microsoft Azure - einer umfassenden Governance unterziehen in Bezug auf interne und externe Richtlinien sowie ein durchgängiges Kostenmanagement. Zudem werden damit alle IT-Silos aufgelöst."
Diese Schicht erlaubt es, auch ältere Anwendungen und Daten zwischen der Private Cloud und den verschiedenen Public Clouds zu verschieben. Sie ermöglicht Mobilität von Applikationen über die Clouds hinweg, ohne Code ändern zu müssen. Das spart Zeit und Geld. Idealerweise existiert ein Self-Service-Portal oder ein App-Store, über den die Nutzer mit wenigen Klicks Applikationen oder Ressourcen am gewünschten Ort hoch- und wieder herunterfahren können. Das entsprechende Portal und sein Software-Stack müssen vollständig unabhängig von den Infrastrukturen der einzelnen Cloud-Anbieter sein, sich aber über Schnittstellen mit den Netzwerk-Schichten der Provider verbinden können.
Zudem können Firmen über die übergreifende Management-Plattform ihre gesamte IT-Infrastruktur, Anwendungen und Daten zentral über eine einzige Schnittstelle verwalten und orchestrieren - vor Ort, in der Private Cloud und über mehrere Public Clouds hinweg. Die Management-Software listet alle verfügbaren Clouds, alle genutzten Apps und Dienste sowie sämtliche verwendeten Ressourcen und ihre Kosten auf. Zudem ist es dort möglich, ihre Sicherheit, Compliance oder andere wichtige Funktionen zu überwachen und ihre Kosten zu kontrollieren.
Cloud-Kosten im Griff
Über das zentrale Management lassen sich auch die Kosten in einer hybriden Multi-Cloud optimieren. So sind dadurch nicht mehr verschiedene Teams für die Verwaltung der einzelnen Cloud-Umgebungen notwendig, und kostspielige Migrationen für ältere Anwendungen entfallen. Zudem ist es möglich, nicht mehr benötigte Public-Cloud-Instanzen mit nur einem Klick in den Ruhezustand zu versetzen, um Verschwendung zu vermeiden.
Für eine höhere Kosteneffizienz können Firmen zudem ihre Softwarelizenzen mit ihren Anwendungen über jede unterstützte Cloud hinweg migrieren und so ihre IT-Investition voll ausschöpfen. Hinzu kommen flexible Zahlungsmodelle wie Pay-as-you-go, automatisierte Richtlinien zur Kostenkontrolle und eine Transparenz der Cloud-Ausgaben. Dann können Firmen beispielsweise einen Workload in die Private Cloud zurückverlagern, wenn der Betrieb in der Public Cloud teurer ist.