Embedded GIS

So kombinieren Sie Sach- und Geodaten in einer Anwendung

20.06.2018
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Karsten Noack ist Gründer und CEO der Scopeland Technology GmbH. Als Visionär entwickelte er bereits Mitte der 90er Jahre die Grundlagen der Technologie, die heute als ‚Low-Code‘ und als Schlüsseltechnologie der Digitalisierung bekannt ist. Karsten Noack verfügt über Erfahrungen im Einsatz von Low-Code-Plattformen in großen Unternehmen und Behörden.

Lösungsanbieter werden quasi selbst zum GIS-Hersteller

Damit gelang es in den vergangenen Jahren, zahlreiche Pilotprojekte erfolgreich umzusetzen - jedenfalls so erfolgreich, dass die Kunden überglücklich waren, überhaupt eine funktionierende kombinierte Sach- und Geodatenanwendung zu bekommen. In jeder Hinsicht zufriedenstellend aber war das nicht, weil praktisch alle so eingebundenen GIS-Produkte jeweils ihre besonderen Eigenheiten hatten, die dazu führten, dass von den 20 Andockpunkten immer mindestens einer oder oftmals mehrere nicht unterstützt wurden.

Beispielweise war es bei einem marktbedeutenden GIS-Produkt nicht möglich, aus der Sachdatenanwendung heraus die bedingte Darstellung der Objekte (z.B. rote, grüne und gelbe Häuschen) zu steuern. Bei einem anderen System war es nicht möglich, Abstände zu berechnen, und es wies zudem eine schlechte Performance auf, wenn man eine größere Datenmenge aus der Sachdatenanwendung an das GIS-Control zur Anzeige übergeben wollte, und ein drittes schließlich hatte sich durch völlig unverständliche Fehlermeldungen ausgezeichnet, wenn die Internetverbindung mal kurz unterbrochen wurde.

Fazit: Die Integration von normalen GIS-Produkten in individuell programmierte Fachanwendungen ist zwar möglich, aber niemals gut genug für wirklich anspruchsvolle Kunden.

Letztlich bleibt einem als Lösungsanbieter nichts anderes übrig, als sich sein eigenes Framework zu entwickeln, und so quasi selbst zum GIS-Hersteller zu werden. Diesen Weg sind einige Softwarehäuser gegangen, mit unterschiedlich überzeugendem Ergebnis. Zumindest ist das ein Weg, der funktioniert, und der in einigen Branchen, z.B. bei Energieversorgern und in kommunalen Betrieben, recht verbreitet ist. Die wenigen Hersteller, die fit darin sind, solche Lösungen anbieten zu können, haben sich damit eine recht gute Marktnische erarbeitet.

Embedded GIS mit Low-Code: Wie geht das?

Während dieser Ansatz bei "normaler", handgeschriebener Anwendungssoftware noch mit vertretbarem Aufwand umsetzbar ist, vor allem, wenn man sich damit auf eine bestimmte Branche und die dort geforderten Features spezialisieren kann, stehen sämtliche Hersteller von Low-Code-Development-Plattformen vor einer Herausforderung.

Die Low-Code-Technologie basiert auf dem Prinzip, Anwendungslösungen interaktiv und ohne Programmierung aus vorgefertigter Funktionalität "zusammenzuklicken", um so positive Effekte hinsichtlich der Entwicklungskosten und Projektlaufzeiten, sowie der Pflegbarkeit der Software zu erreichen.

Wenn man davon ausgeht, dass die Nachfrage nach solchen kombinierten Anwendungen kontinuierlich weiter zunehmen wird, dann werden die Anwender von Low-Code-Produkten erwarten, dass man die gerade aktiven Datenobjekte mit einem Klick ebenso auch auf eine Landkarte zaubern kann, und natürlich mit ebenso hohen Ansprüchen bezüglich der weiteren Aspekten und Features von Geoinformationssystemen.

Bislang tun sich die bekannten Hersteller mit dieser Anforderung allesamt noch schwer. Der Embedded-GIS-Ansatz macht eigentlich auch nichts anderes, als ein eigenes GIS-Control vorzuhalten und eigene Geodatenfunktionen zu verwenden. Da aber alles per Mausklick auf Anhieb funktionieren muss, und man überhaupt nicht wissen kann, wozu das Ganze mal benutzt werden wird, war es erforderlich, dafür ein wirklich komplettes, vollumfängliches eigenes GIS-System zu entwickeln.

Oder besser gesagt: Alle Tools der Plattform waren so auszuprägen, dass sie beliebige Informationen auf identische Art und Weise bearbeiten und visualisieren können, nur halt nach Belieben mal tabellarisch, mal als Chart- oder als Map-Control, oder auch alles gleichzeitig. Ein voll entwickeltes Embedded-GIS-Konzept bettet also nicht einfach nur eine vorhandene GIS-Komponente ein, sondern setzt voraus, dass absolut alles sowohl für die klassische Vorgangsbearbeitung und für die relationale Datenbankarbeit ausgelegt ist, und zugleich auch als Geodatensystem.

Der Aufwand dieser Verschmelzung war laut Angaben des Herstellers erheblich, und es bleibt abzuwarten, ob die Nachfrage dem tatsächlich gerecht werden wird. Erste Pilotprojekte bei großen Bundesbehörden beweisen aber, dass es funktioniert, und zwar nicht nur technisch, sondern vor allem hinsichtlich der Akzeptanz der Benutzer. Die Kombination von Sach- und Geodatenverarbeitung in einer Anwendung könnte sich als ein Schlüsselfeature für künftige Entwicklungsumgebungen, insbesondere für Low-Code-Entwicklungsplattformen, erweisen. (hal)