Best Practice bringt nicht immer beste Ergebnisse
DevOps führt eine Entwicklung weiter, die mit Agile begann. Unternehmen entwickeln Software nicht mehr nur in agiler Weise, sondern liefern sie auch in immer kürzeren Abständen aus. Damit verschiebt sich der Fokus im Entwicklungsprozess. So gewinnen Prozesse der Software-Versionierung und -Auslieferung stark an Bedeutung. Und sie sind dann erfolgreich, wenn sie wiederholbar sind. Vor allem die DevOps-Community trägt zu diesem Bewusstsein maßgeblich bei.
Doch was bedeutet das für sehr große Unternehmen? Nehmen wir das Beispiel eines großen Industriefertigers, der im Zuge von DevOps Suiten für die kontinuierliche Software Delivery bei seinen Haupttechnologien geschaffen hat: Java/LAMP, Microsoft und SAP. Diese Software Delivery-Suites werden von einem zentralen Team perfektioniert. Dabei hat es der Leiter IT-Infrastruktur auf sich genommen, das Middleware-Team des Unternehmens fit zu machen, damit es diese Delivery-Suites planen, managen und betreiben kann. Insofern nimmt sich das Unternehmen immer mehr Freiheiten bei der Auswahl seiner Delivery-Methoden heraus, standardisiert aber weiterhin die Technologie der Delivery – denn nur Standardisierung führt zu Wiederholbarkeit und Geschwindigkeit.
Viele Unternehmens- und IT-Berater operieren mit Prozess-Frameworks, die dem Best Practice entsprechen. Doch scheitern sie oft bei der Einführung, weil das Delta zu den bestehenden Systemen und Prozessen zu groß ist. Stattdessen ist es wichtiger, darauf zu schauen, wo wirklicher Mehrwert entsteht (Value Stream), statt jeden individuellen Prozess im Detail auseinanderzunehmen – oder ihn sogar vollkommen neu aufzusetzen. Value Stream-Analysen und Kaizen-basierte, agile Implementierung von Veränderungen gehen hingegen immer von der jeweiligen Ist-Situation als Ausgangspunkt aus.
Jahresbudgets sind für agile IT zu starr
Der Weg zur Unternehmens-Agilität hört nicht bei der IT auf. Beispiel Finanzdienstleistung: Der CIO einer großen Bank hat seine Organisation so weit gebracht, dass sie bis zu 30 Prozent ihrer Projekte agil durchführt. Weitere Schritte behindern jedoch die nur im jährlichen Rhythmus verlaufenden Budgetzyklen. Die Kunst liegt hier nun darin vorherzusagen, wie Budgets geplant und zugewiesen werden. In diesem Zug entstehen interessante Verhaltensmuster: So werden etwa Budgets zum Teil nicht mehr Programmen, sondern Produkten oder Geschäftsprozessen zugewiesen. Auf diese Weise sind Verantwortlichkeiten klarer und das Verhalten verändert sich in positiver Hinsicht: Teams können die Budgets nun dazu verwenden, bereits existierende Software-Komponenten zu verwenden und diese flexibel kurzfristigen Bedarfen anzupassen, um bestimmte Ziele zu erreichen. Bislang musste man hingegen mehr gezwungen als freiwillig mit Langfristplanungen leben und diese von Anfang bis Ende befolgen. Diese Hinwendung zu produktbezogenen Budgets und Verantwortlichkeiten führt zu fundamentalen Strukturveränderungen in IT-Organisationen – wie sie bereits in zahlreichen Unternehmen etwa in den Niederlanden, Schweden oder Deutschland zu verzeichnen sind.
Fazit
Führende Unternehmen haben den Hype um neue Methoden bereits hinter sich gelassen und setzen auf eine Delivery der unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Ansätze wie „Situational Method Engineering“ (SME) und eine produktorientierte Delivery versprechen pragmatische Lösungswege gerade für große Unternehmen mit komplexen und lang gewachsenen Anwendungslandschaften. Der Versuch, diese Vorgehensweisen zu standardisieren führt zu neuen, mehrfach einsetzbaren Services – im Sinne von Umgebungen und Plattformen, die eine kontinuierliche Delivery ermöglichen. Und Unternehmensverantwortlichen wird bewusst, dass Agilität in ihrem Unternehmen nicht nur die IT betrifft, sondern sich immer mehr auf weitere Unternehmensbereiche wie Controlling, Budgetierung oder Beschaffung ausdehnt. Schließlich gilt: Das Unternehmen ist als Ganzes nur so schnell wie das schwächste Glied in der Kette.
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