In diesen Zeiten kommt man sich als CIO schnell wie ein Zirkusartist vor: Man muss mehrere Projekte gleichzeitig managen und dabei sicherstellen, dass keines davon an die Wand fährt. Die Corona-Pandemie hat auch nicht eben zur Entspannung beigetragen. Eher im Gegenteil, schließlich galt es in den vergangenen Monaten vor allem, die richtige Balance zwischen Remote-Work-Anforderungen und Digitalisierungsbestrebungen zu finden.
Wenn in der Zeit nach der Pandemie die bisher aufgeschobenen Projekte noch hinzukommen, dürfte das Stresslevel (nicht nur) bei vielen IT-Entscheidern durch die Decke gehen. Abhilfe kann an dieser Stelle nur die richtige Strategie schaffen. Die folgenden sieben Tipps sollen Ihnen dabei helfen, mehrere, wichtige IT-Projekte zeitgleich zu stemmen - ohne dabei über Gebühr Zeit, Budget oder Qualität zu opfern.
Project Leader statt Manager
Wenn mehrere IT-Projekte zusammenkommen, begehen viele IT-Entscheider den Fehler, sich ausschließlich als Projektmanager zu betrachten - und nicht als Führungskraft. People Management spielt jedoch eine entscheidende Rolle für den Projekterfolg: Ein Projektmanager, der davon überzeugt ist, alles im Alleingang stemmen zu können, wird sein Team und sein Unternehmen mit in den Abgrund reißen.
Gute Führungskräfte treten nicht nur als Projektmanager, sondern auch als Coach auf. Sie entwickeln sozusagen menschliche Sensoren, die Alarm schlagen, falls eine Initiative in die falsche Richtung läuft. Sie motivieren die Teammitglieder dazu, ihre Expertise so einzusetzen, dass das Projekt in geordneten Bahnen verläuft. Dabei gilt: Je komplexer die Projekte und je höher ihre Anzahl, desto mehr Erfahrung in Sachen Project Management Leadership ist nötig, um am Ende erfolgreich zu sein.
Das große Ganze im Blick
Stehen mehrere IT-Projekte zur gleichen Zeit auf der Agenda, ist es unabdingbar, die Geschäftsziele im Blick zu behalten und alle Ressourcen entsprechend der Bedeutung der einzelnen Initiativen zu priorisieren. Schließlich sind Anfragen an die IT im Regelfall immer maximal dringlich, lassen dabei jedoch oft die nötige Detailtiefe vermissen.
Ein guter Draht zum Management und anderen wesentlichen Stakeholdern hilft IT-Entscheidern dabei, die Erwartungen und Bedürfnisse besser zu verstehen und damit die Projektflut zu priorisieren. Mängel in Sachen Kommunikation und Change Management sind hingegen Gift für den strukturierten Weg zum Projekterfolg.
Program Manager
Wenn eine Vielzahl von "asap"-Projekten zur Ressourcenknappheit zu führen droht, ist das ein Signal dafür, einen Program Manager einzusetzen - entweder temporär oder dauerhaft. Dieser berichtet direkt an den CIO und ist dafür zuständig, regelmäßige Statusberichte abzugeben und Entwicklungsprozesse oder auch Risiken im Blick zu behalten, beziehungsweise zu identifizieren. In einigen Unternehmen übernimmt der Program Manager auch Ressourcen- und Budget-Management.
Als Ergebnis verschafft der Program Manager den Projektmanagern zeitlichen Freiraum, den sie nutzen können, um sich auf die Kernaspekte des Projekts zu konzentrieren. Darüber hinaus können Programm-Manager auch dazu beitragen, das große Ganze besser im Blick zu behalten.
- Der Sportdirektor eines Vereins
Der Sportdirektor eines Vereins stellt den Kader zusammen und gestaltet die Spiel- und Terminpläne für Wettkämpfe und Trainings. Er instruiert Talentscouts, kauft Spieler ein und stellt Bewegungsfreiheit für erforderliche Transfers sicher. Sein Ziel: Menschen zu finden und zu binden, die die Weiterentwicklung des Unternehmens konstant antreiben. Er erweitert die Suchkriterien für die Rekrutierung, stellt Mitarbeiter mit verschiedensten Hintergründen ein und ermöglicht Familien- und altersgerechte Arbeitszeitmodelle. - Führung in der Digitalisierung
Die Studie "Die Haltung entscheidet. Neue Führungspraxis für die digitale Welt" stammt von LEAD (Mercator Capacity Building Center for Leadership & Advocacy) in Kooperation mit der Unternehmensberatung Company Companions sowie der School of Public Policy (Central European University, Budapest) und dem Center for Leadership and Values in Society (Universität St. Gallen). Die Autoren empfehlen acht Rollen als Orientierungshilfen. - Die Landschaftsgärtnerin
Die Landschaftsgärtnerin gestaltet und pflegt Grünanlagen. Sie versteht das gesamte Ökosystem und weiß, wann welche Pflanzen im Jahreszeitenwechsel an welcher Stelle ihre Wirkung entfalten und wie alles zusammenspielt. Ihr Ziel: Das Unternehmen langfristig auf zustellen, wenn Krise und Veränderung zum Normalfall geworden sind. Sie ermöglicht schnelles „Prototyping“, geht unkonventionelle Partnerschaften ein und bricht Silos mittels heterogener, cross-funktionaler Teams auf. - Die Seismologin
Die Seismologin muss wissen, wo die Erde beben könnte. Dafür analysiert sie Daten, registriert feinste Erschütterungen und erkennt Spannungen frühzeitig. Sie erliegt aber nicht der Illusion, die Zukunft genau vorhersagen zu können. Ihr Ziel: Grundlagen für gute Entscheidungen in einer unübersichtlichen Welt zu schaffen. Sie etabliert „Situation Rooms“ zur Entwicklung von Handlungsstrategien, greift über digitale Plattformen auf verborgenes Wissen zu und schult ihre Intuition als zusätzliche "Datenquelle". - Der Zen-Schüler
Der Zen-Schüler ist in Ausbildung und Vorbereitung. Er lernt, reflektiert und prüft sich selbst. Achtsamkeit, Mitgefühl und Offenheit sind seine Tugenden, er pflegt eine disziplinierte (spirituelle) Praxis. Sein Ziel: Das finden, woran er sich festhalten kann, wenn sich alle an ihm festhalten. Er nutzt Coaching- und Mentoring-Programme, schafft physische Räume für den Ausgleich und richtet den Blick nach innen. - Der DJ
Der Discjockey bringt mit seiner Musik die Menschen zum Tanzen. Er setzt einen Rahmen, der motiviert, anregt und gemeinsame Energie erzeugt. Zugleich hat er ein offenes Ohr für Anregungen und sensible Antennen für das richtige Stück im richtigen Moment. Sein Ziel: Eine Kultur der Zugewandtheit zu schaffen – aber mit dem Fokus auf Ergebnisorientierung. Dafür baut er Empathie als Führungskompetenz auf, schafft Räume, in denen Menschen gerne arbeiten, und agiert als Vorbild für Zugewandtheit und Leistungsorientierung. - Die Intendantin eines Theaters
Die Intendantin eines Theaters wählt die Stücke für die Aufführung aus. Sie entwickelt den roten Faden und prägt die gesellschaftliche Wirkungskraft ihres Hauses. Die Künstler und deren Expertise bindet sie dabei ein. Ihr Ziel: in Zeiten großer Unsicherheit und Unplanbarkeit Orientierung zu geben. Über ein „Strategy Board“ schafft sie die Voraussetzung für Richtungsentscheidungen schaffen, erhöht mittels interaktiver Beteiligungsformen die Einigkeit über die Richtung – und hat den Mut zu klaren Ansage in der Krise. - Die Trainerin
Die Trainerin leitet eine Mannschaft taktisch, technisch und konditionell an. Sie bestimmt Trainingsablauf, Mannschaftsaufstellung und Strategie. Sie muss für Misserfolge geradestehen, Erfolge lässt sie ihrem Team. Ihr Ziel: Die Mitarbeiter zu mehr Verantwortungsübernahme zu befähigen. Dafür entwickelt sie über zeitgemäße Lernformate Kompetenzen entwickeln, baut gegenseitiges Vertrauen auf und führt Anreize zur Übernahme von Verantwortung ein. - Der Blogger
Der Blogger kommentiert Geschehnisse – zugespitzt, aufrüttelnd und meist aus einer persönlichen Sichtweise. Er will die Welt verstehen, erklären und übersetzen. Er lebt vom direkten Feedback der Leser. Sein Ziel: Veränderungsbereitschaft in die DNA des Unternehmens zu schreiben. Er kaskadiert die Geschichte der Veränderung in die Firma, moderiert gemeinsame Lernprozesse und gibt sichtbare Veränderungsanstöße.
Vertrauen ins Team
Gerät ein IT-Projekt in Verzug, machen nicht wenige IT-Entscheider den Fehler, die Projektmanager zu übergehen und in Mikromanagement zu verfallen. Der richtige Weg: dem Team vertrauen und Verantwortlichkeiten delegieren. Wenn Sie Ihrem Team nicht vertrauen können, haben Sie nicht die richtige Mannschaft zusammengestellt.
Außerdem ist es nicht empfehlenswert, einzelne Teammitglieder auf mehrere Initiativen anzusetzen, wenn die einzelnen Projekte nicht eng miteinander verzahnt sind. Das führt im Regelfall lediglich zu Defokussierung.
Automatisieren was geht
IT-Entscheider, die auf Automatisierung verzichten, bremsen ihr Team schon vom Start weg unnötigerweise aus. Effizienzverbesserung durch die konsequente Automatisierung repetitiver Aufgaben spart Zeit und Geld, reduziert die Fehlerquote - und gehört darüber hinaus heutzutage zum guten Ton.
Robotic Process Automation (RPA) kombiniert beispielsweise Machine Learning und künstliche Intelligenz, um Datenextraktion und -migration wesentlich zu beschleunigen.
Dopplungen vermeiden
Die Angewohnheit, jedes Projekt einzeln zu betrachten, ist unter CIOs verbreitet. Das verhindert allerdings, Zusammenhänge und Schnittmengen zu erkennen und gewinnbringend zu nutzen. Stattdessen sollten IT-Entscheider auf regelmäßiger Basis mit dem jeweiligen Team Leader konferieren und mit ihm gemeinsam ermitteln, ob Synergieeffekte möglich und sinnvoll sind.
Viele IT-Projekte aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten kann auch dazu beitragen, Redundanzen oder Konflikte schon früh zu erkennen und entsprechend gegenzusteuern.
Das Ziel im Blick
Multitasking-Fähigkeiten sind grundsätzlich durchaus erstrebenswert. Zu viele Dinge auf einmal machen zu wollen, kann sich allerdings negativ auf die Urteilsfähigkeit auswirken und unter Umständen zu Fehlern führen, die IT-Projekte unnötig in die Länge ziehen oder einen erfolgreichen Abschluss gefährden.
Eine gut ausgearbeitete Strategie für jedes einzelne Projekt sorgt für Struktur und Stabilität. Dabei können Task-Management-Tools wie Trello oder SmartSheet unterstützen. Diese helfen Entscheidern auch dabei, die Fortschritte der einzelnen Teams in ihren Projekten stets im Auge zu behalten. (fm)
Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation CIO.com.