Zeit zum Geben

So engagieren sich IT-Profis

23.12.2010
Von 
ist freie Wirtschaftsjournalistin in London.
2011 ist das europäische Jahr der Freiwilligentätigkeit - Anlass also, aus guten Vorsätzen gute Taten werden zu lassen. Viele Menschen aus der IT engagieren sich bereits ehrenamtlich. Sie auch?

Alle Jahre wieder klopft es an, das schlechte Gewissen. Nicht unbedingt im Büro, wo zwischen Budgetplanungen, Weihnachtsfeiern und Jahresgesprächen gerade der Bär tobt. Aber abends auf dem Sofa vielleicht. Wenn wir zur Ruhe kommen und in der Tagesschau Bilder einer Naturkatastrophe sehen. Oder vielleicht auch, wenn sich nach einem ausgiebigen Geschenkekonsumrausch Blu-ray-Player, Wiis und iPads zu Hause stapeln und wir zeitgleich im Lokalradio einen Bericht über die hiesige Tafel hören und ins Grübeln kommen.

Wer sich ehrenamtlich engagiert, kommt noch mit viel mehr interessanten Menschen zusammen.
Wer sich ehrenamtlich engagiert, kommt noch mit viel mehr interessanten Menschen zusammen.
Foto: I. Amith/Fotolia.com

Stimmt. Eigentlich wollten wir uns doch längst mehr für die Gesellschaft einsetzen. Menschen helfen, Gutes tun, denen etwas zurückgeben, die keinen Job und nicht so viel Glück haben wie wir. Aber es scheint immer Dringenderes zu geben, das uns gerade davon abhält.

Wie wäre es, wenn es diesmal anders liefe? Wenn wir den guten Vorsätzen gute Taten folgen ließen? Wenn wir den zeitraubenden Job nicht länger als Ausrede nutzten? Ein aktueller Anlass jedenfalls läge vor. Das Jahr 2011 hat die Europäische Kommission zum Jahr der Freiwilligentätigkeit ausgerufen. Und viele Menschen engagieren sich bereits unentgeltlich für die Allgemeinheit - hierzulande sind es allein 18 Prozent. Durchschnittlich schaufeln sie dafür 15,3 Stunden im Monat frei. Das hat die repräsentative Studie "Ehrenamt und Erwerbsarbeit" des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung in Düsseldorf ergeben.

Sharepoint-Berater und Sanitäter

Thomas Hildebrandt ist einer der vielen Freiwilligen. Hauptberuflich arbeitet der Wirtschaftsinformatiker als Sharepoint-Consultant bei der Amexus Informationstechnik in Ahaus. 40 bis 50 Wochenstunden kommen da locker zusammen. Trotzdem bringt Hildebrandt rund zehn Stunden in der Woche für ein Ehrenamt beim Deutschen Roten Kreuz auf - als Sanitäter bei Fußballspielen, Dorffesten und Reitturnieren. Zusätzlich bildet er Gruppenleiter aus. "Auch wenn ich viel Zeit in diese Tätigkeit investiere, wird mir das nie zu viel", sagt der 26-Jährige. "Ich komme immer mit einem guten Gefühl nach Hause."

Die Palette der Freiwilligenarbeiter ist breit. Helfer setzen sich im Sportverein, Kindergarten oder Altenheim ein, in der Kirche, Politik oder im Katastrophendienst, für Kinder, Kranke oder für die Natur. Sie musizieren mit alten Menschen, flicken Kleidungsstücke für Nachbarn oder beaufsichtigen Schulkinder bei den Hausaufgaben. Sie übernehmen das Babysitting für Alleinerziehende, die Grünpflege in Parks oder die Buchhaltung für gemeinnützige Vereine.

Sozialkompetenz im Sozialpraktikum zeigen

Und der Bedarf an Hilfe wächst weiter. Die Altersstruktur verschiebt sich. Künftig wird es immer mehr gebrechliche alte Menschen geben, die Hilfe benötigen, aber zugleich auch immer mehr fitte Alte, die gern selber helfen. Zugleich zieht sich der Staat wegen klammer Kassen von vielen Aufgaben zurück. Grünflächen, Freibäder und Bolzplätze bleiben auf der Strecke und bieten neue Einsatzfelder für bürgerschaftliche Arbeit. Im Zuge des Corporate Volunteering bieten zudem immer mehr Unternehmen von Cisco über Hewlett-Packard, Microsoft bis Siemens ihren Mitarbeitern Sozialpraktika an. Beim Spielplatzbau oder bei der Suchthilfe etwa können die Beschäftigten ihre Sozialkompetenz stärken.

Gute Zeiten also, die da fürs Ehrenamt anbrechen. Die Folgen dieser Entwicklung sind erfreulich. "Bei der ehrenamtlichen Tätigkeit gewinnen alle: die Bedürftigen, die Freiwilligen und die Gesellschaft", sagt Ansgar Klein, Geschäftsführer des Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement (BBE) in Berlin. Die Freiwilligen selber haben verschiedene Gründe, mit anzupacken. "Die Gemeinschaft zu stärken und Menschen helfen zu können, macht mir einfach Spaß", sagt IT-Berater Hildebrandt. Und außerdem trifft er dort regelmäßig viele seiner Freunde - ein großer Pluspunkt in einem zeitfressenden Job.