Ein wesentlicher Teil des Jobs von Dave Wright, Chief Innovation Officer von ServiceNow, besteht darin, mit Kunden zu sprechen und ihnen Möglichkeiten aufzuzeigen, innovative Ideen umzusetzen. "Dabei steht für meine Gesprächspartner immer wieder dieselbe Frage im Vordergrund", erzählt er zu Beginn seines Vortrags auf der letzten ServiceNow World Summit in Frankfurt. "Wie lässt sich ein besserer ROI aus den eigenen IT-Investitionen herausholen?"
"Putting AI to work" lautet das Motto der Sitzung, die Dave Wright leitet, und es geht um die Frage: Wie lässt sich Künstliche Intelligenz - insbesondere generative KI - in den Produktivbetrieb einsetzen, um die Wertschöpfung der eigenen IT-Infrastruktur zu maximieren? Bevor Wright seine Gäste - hochkarätige IT-Manager deutscher Großunternehmen - auf die Bühne bittet, um selbst über ihre Erfahrungen zu berichten, stellt er einige grundsätzliche Dinge über GenAI klar.
"GenAI kann so viel mehr leisten als nur Texte und Bilder generieren", sagt Wright. "Sie hat die Fähigkeit, den Kontext und die Intention einer Fragestellung zu verstehen, sie kann Informationen synthetisieren und sie kann auf dieser Basis Inhalte erstellen. Außerdem kann GenAI nicht nur Muster erkennen, sondern selbst Muster produzieren. Damit erschließt sie eine ganze Welt neuer Anwendungsmöglichkeiten, von der Erstellung von Ausbildungsplänen bis hin zur Entschlüsselung der Sprache der Wale."
Die Herausforderung bei der Formulierung einer KI-Strategie bestehe darin, die eigenen Erwartungen mit den existierenden Möglichkeiten in Einklang zu bringen und Ziele zu wählen, die tatsächlich erreichbar sind. Die nahliegende Aufgabe laute deshalb, zuallererst die menschliche Arbeit aufzuwerten und damit die Produktivität des Unternehmens als Ganzes zu erhöhen.
Genau darauf sei auch das GenAI-Angebot der Now Platform ausgerichtet. "Unsere Now Assist-Funktionalität kann tatsächlich menschliche Produktivität auf ein neues Niveau bringen und wir arbeiten mit Partnern wie Nvidia oder Huggingface daran, unser Angebot an domänenspezifischen LLMs auszubauen", sagt Wright. Denn am Ende des Tages werde ServiceNow nur ein einer Sache gemessen: Ist die neue Erfahrung, die für Kunden, Mitarbeiter oder Partner kreiert wurde, besser als die alte?
Priorität Nr.1: Produktivität steigern
Die Erhöhung der Produktivität steht denn auch im Vordergrund der KI-Aktivitäten bei Siemens, bestätigt CIO Matthias Egelhaaf. "Wir haben aktuell mehr als 50 Anwendungsfälle in der Pipeline, von denen einige erste Resultate zeigen. Zum Beispiel haben wir ein LLM für einen Backend-Agent, das die Produktivität um 15 Prozent steigern kann. Die Sales Order Invoices [Auftragsrechnungen] können jetzt in nur 17 Sekunden statt in vier Minuten produziert werden. Und in der Fertigung kommt ein ähnliches LLM zum Einsatz, das für eine um 19 Prozent höhere Produktivität sorgt."
In eine ähnliche Richtung geht auch die KI-Strategie eines großen deutschen Lebensmittel-Discounters. "Für unser Geschäft ist es absolut entscheidend, die Produktivität in den Märkten, in den Lagern und in der Lieferkette auf einem hohen Niveau zu halten, sagt dessen Director International Services. "Was immer wir als IT dazu beitragen können, ist mehr als willkommen. KI gibt uns als Service-Organisation die Möglichkeit, von einer reaktiven in eine proaktive Position vorzudringen. Dazu gehört zum Beispiel rechtzeitig zu erkennen, ob irgendwo etwas nicht richtig läuft, und das Problem auflösen, bevor es zu Unterbrechungen kommt."
In Bezug auf Produktivität ist Siemens-CIO Matthias Egelhaaf besonders vom neuen KI-gestützten Process Mining in der Now Platform angetan. "Wir waren eines der Unternehmen, die die Betaversion testen durften, und ich muss sagen: Es ist sehr mächtig. Man bekommt hundertprozentige Transparenz darüber, was in den Prozessen des gesamten Unternehmens passiert. Auf dieser Basis können wir leichter entscheiden, welche Prozesse optimiert oder automatisiert werden sollten."
KI kann kritische Lücken füllen und Geld sparen
Einiges mehr mit generativer KI macht ein großer deutscher, international tätiger Sportartikelhersteller. "KI ist absolut nötig, wenn man mit so vielen Lieferanten, Warenlagern und Fabriken weltweit zusammenarbeitet wie wir, um Produktion, Bestände und Lieferketten zu optimieren", sagt der leitende IT-Architekt des Unternehmens. "Wirklich aufregend ist aber die Tatsache, dass wir GenAI immer mehr in der Kommunikation mit unseren Kunden einsetzen." So würden alle Produktbeschreibungen auf der Website des Herstellers seit fast drei Jahren mithilfe von GenAI verfasst und auch maschinell übersetzt - die menschliche Arbeit besteht nur noch in der inhaltlichen Prüfung und der Redaktion der Texte.
"Aktuell arbeiten wir an der Generierung von hochqualitativem Bildmaterial für unsere Fachhändler", berichtet er weiter. "Wir nehmen beispielsweise Produktbilder von Wanderstiefeln und lassen GenAI die passende Bergszenerie dazu generieren. Das ist wesentlich günstiger, weil die Produkte nur noch im Studio fotografiert werden müssen. Außerdem lassen wir GenAI die Gesichter der Models verändern, damit sie den Sehgewohnheiten bestimmter Länder entsprechen. In Indien und China beispielsweise können sich die Verbraucher eher mit Models identifizieren, die ihrer eigenen Herkunft entsprechen."
Bei Siemens Energy, einer Ausgliederung des Siemens-Konzerns und inzwischen eigenständigen Aktiengesellschaft, kombiniert man gerne herkömmliche KI mit GenAI. "Beim Entwurf von Trainingskursen für das Wartungspersonal von Windturbinen beispielsweise liefert konventionelle KI den Input und GenAI den Output", berichtet CIO Kian Mossanen. Das Unternehmen arbeitet aktuell an vielen GenAI-Projekten, die größtenteils aus Fachbereichen außerhalb der IT entstanden. "Als wir anfingen, mit GenAI zu arbeiten, luden wir unsere Angestellten ein, sich die Technik anzuschauen, damit zu spielen und eigene Ideen einzubringen. Etwa 6.000 Mitarbeiter nahmen das Angebot an und daraus entstanden etwa 280 Anwendungsszenarien, die momentan in der Umsetzung sind."
Neue Produkte entstehen zuerst im Kopf
Mossanen ist beeindruckt von der Kreativität und Produktivität, die in den letzten sechs bis neun Monaten im Unternehmen freigesetzt wurde. "Es gibt Probleme, bei denen wir früher nie an KI als möglichen Lösungsansatz gedacht haben, jetzt aber sehr wohl. Wir haben beispielsweise momentan 7.000 offene Stellen weltweit, die wir nicht besetzen können, weil die qualifizierten Fachkräfte einfach nicht vorhanden sind. Wir überlegen momentan an mehreren Stellen, wie wir KI einsetzen können, um diese Situation zu überwinden. So sehr hat sich unser Mindset in dieser Zeit geändert."
"Wenn man Menschen diese Technologie zeigt, kommen sie mit vielen Ideen für deren Einsatz zurück", bestätigt der IT-Architekt des Sportartikelherstellers. Er selbst hat mitunter die Aufgabe, eine erste Beurteilung für neue Anwendungsideen abzugeben. "Wenn eine Idee ausgereift genug für einen Elevator Pitch ist, unterziehen wir sie einer ersten Rechtsprüfung. Fällt diese ebenfalls positiv aus, stelle ich den Initiatoren das grundlegende technische Rüstzeug zur Verfügung und lasse sie einfach machen. Wir haben als Ergebnisse bereits einige coole Dinge gesehen und wir werden bald das erste Schuhmodell einführen, das von GenAI entworfen wurde."
Die Voraussetzungen für den Einsatz schaffen
"Als Engineering-Unternehmen wissen wir, dass man die nötigen Freiräume schaffen muss, damit die Mitarbeiter kreativ sein können", ergänzt Kian Mossanen. "Andererseits müssen sie erst einmal verstehen, wie KI tatsächlich funktioniert, damit sie das angepeilte Ergebnis erreichen können, und wir müssen möglicherweise in etwas Training investieren."
Welchen Rat können sie Kollegen geben, die ihre KI-Reise noch vor sich haben, will Dave Wright zum Schluss der Sitzung wissen. "Unsere KI-Strategie ist einfach zu merken, sie heißt 'All In'", sagt Siemens-CIO Matthias Egelhaaf. "Erstmal loslegen! Man muss bei KI eine Lernkurve durchlaufen und je eher man anfängt, desto besser. Der zweite Rat wäre, KI-Projekte zu wählen, bei denen es bereits die nötigen Daten in einer guten Qualität gibt. Und der dritte wäre, fachbereichsübergreifende Teams zu bilden und nicht davor zurückzuschrecken, Partner und Expertise von außen einzubringen."
"Auch die Voraussetzungen müssen stimmen", ergänzt der Service-Verantwortliche des Lebensmittel-Discounters. "Wenn man noch keine CMDB nutzt, wenn diese nicht in den Prozessen integriert ist, wenn man nicht die richtige Wissensbasis hat, wenn Service-Incidents nicht sorgfältig dokumentiert werden, dann wird auch das Ergebnis nicht stimmen. Außerdem braucht man das passende Betriebsmodell dazu und das Commitment der IT, um die angepeilte Wertschöpfung zu realisieren."
Auf eine Sache legt Kian Mossanen von Siemens Energy besonderen Wert: "Ich erwarte heute als Kunde von großen Plattformen wie SAP oder Salesforce oder ServiceNow, dass sie KI-Fähigkeiten in ihren Plattformen integrieren, damit ich nicht jedes Mal eine eigene KI einführen muss, um die Funktionalität abzubilden, die eigentlich von ihnen kommen müsste."
Welche Funktionalität die Now Platform bietet, um GenAI-gestützte Services zu bieten, erfahren Sie hier.