Kreml-Angriff

Smartphone von Liz Truss gehackt?

31.10.2022
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Im Sommer hätten Hacker Gespräche der damaligen britischen Außenministerin Liz Truss abgehört, berichten britische Medien. Die Tory-Regierung habe den Vorfall vertuscht. Die Opposition fordert eine Untersuchung.
Auch nach ihren Auszug aus Downing Street 10 gibt es Aufruhr rund um Ex-Premierministerin Liz Truss: Angeblich haben russische Hacker ihr privates Smartphone ausspioniert.
Auch nach ihren Auszug aus Downing Street 10 gibt es Aufruhr rund um Ex-Premierministerin Liz Truss: Angeblich haben russische Hacker ihr privates Smartphone ausspioniert.
Foto: LINGTREN.COM - shutterstock.com

Hacker haben sich angeblich Zugang zum privaten Smartphone von Liz Truss verschafft. Der Sicherheitsvorfall habe sich zu der Zeit ereignet, als Truss noch britische Außenministerin unter Premierminister Boris Johnson war, den sie später - allerdings für nur wenige Wochen - in Downing Street 10 beerbte. Das berichtete die britische "Mail on Sunday" unter Berufung auf nicht näher genannte Sicherheitskreise.

Demzufolge sollen die Hacker vertrauliche Gespräche der Tory-Politikerin abgehört haben, beispielsweise mit verbündeten Partnern wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Auch Partei-Interna im Vorfeld des Rücktritts von Johnson seien ausspioniert worden. Angeblich stecken russische Staatshacker hinter dem Lauschangriff, schreibt das britische Online-Medium, ohne jedoch näher zu spezifizieren, woher diese Informationen stammten.

Privat-Smartphone für Staatsangelegenheiten

Bislang ist der Vorfall offiziell nicht bestätigt worden. Von Seiten der Regierung in London hieß es, man nehme zu persönlichen Sicherheitsvorkehrungen einzelner Politikerinnen und Politiker keine Stellung. Grundsätzlich gebe es allerdings robuste Schutzmaßnahmen, um die Regierungskommunikation abzusichern. Damit dürften jedoch in erster Linie offizielle Smartphones gemeint sein. Allem Anschein nach werden jedoch auch private Geräte für sensible und geheime Gespräche genutzt. Ob und wie diese Devices in Schutzmechanismen eingebunden sind, bleibt unklar.

Sollten sich die Berichte bewahrheiten, wäre dies ein ernstes Sicherheitsleck. Laut den Berichten ging es in den abgehörten Gesprächen auch um Waffenlieferungen an die Ukraine. Außerdem hätten die Hacker die Kommunikation zwischen Truss und ihrem Tory-Kollegen Kwasi Kwarteng abgehört, den die Politikerin später zum Finanzminister ernannte. In den Gesprächen sei es um Kritik am damals noch amtierenden Premier Johnson gegangen, hieß es.

Angeblich hat Ex-Premier Boris Johnson von dem Vorfall gewussst, diesen aber vertuscht.
Angeblich hat Ex-Premier Boris Johnson von dem Vorfall gewussst, diesen aber vertuscht.
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Dazu kommen Vorwürfe, Johnson habe von dem Hack gewusst, diesen aber vertuscht, um seiner im Wirbel um seinen Abgang angeschlagenen Partei nicht noch mehr zu schaden. Nach dem Rücktritt Johnsons im Sommer hatte sich Liz Truss um den Premier-Posten beworben. Das Rennen zwischen ihr und dem heutigen Premierminister Rishi Sunak war eng. Ein Skandal um einen gelungenen Hackerangriff hätte Truss im Sommer wohl massiv geschadet.

"Das ist absolut unverantwortlich"

Der Bericht über den Smartphone-Hack rief parteiübergreifend massive Kritik hervor. "Wir gehen alle viel zu lässig mit unseren Telefonen um", sagte der ehemalige Tory-Vorsitzende Iain Duncan Smith. Die Minister sollten viel vorsichtiger sein und ihre privaten Telefone nicht für irgendetwas benutzen. "Ich nehme an, dass auch mein privates Telefon gehackt wird." Die stellvertretende Innenministerin Yvette Cooper sprach von einer äußerst ernsten Angelegenheit, die zeige, "wie ernst die Bedrohung durch Länder ist, die uns Schaden zufügen wollen, und warum die Cybersicherheit von allen in der Regierung so ernst genommen werden muss".

Der britische Sicherheitsexperte Antony Glees zeigte sich fassungslos über die Enthüllungen. Was hier passiert ist, sei absolut entsetzlich und deute auf eine Regierung hin, die extrem lasch mit Fragen der nationalen Sicherheit umgehe. "Wir haben Minister, die ihre privaten Telefone benutzen, um Regierungsgeschäfte über WhatsApp und ihre persönlichen E-Mails zu erledigen, und das muss sofort aufhören. Das ist völlig unverantwortlich. Es ist absolut erschreckend." Der an der University of Buckingham lehrende Professor befürchtet, dass Truss nicht die Einzige gewesen, deren Telefon abgehört wurde.

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Die außenpolitische Sprecherin der Liberaldemokraten Layla Moran forderte eine unabhängige Untersuchung, um die Wahrheit ans Licht zu bringen. "Wenn sich herausstellt, dass diese Informationen der Öffentlichkeit vorenthalten wurden, um die Kandidatur von Liz Truss zu schützen, wäre das unverzeihlich."