Die AWS re:Invent in Las Vegas - besser bekannt als das Woodstock des Cloud Computing - wächst mit jedem Jahr und ist für Cloud-Experten fast schon obligatorisch. Dabei drängt sich die Frage auf, ob der Cloud-Computing-Markt zu stark auf die Anbieter fokussiert. Oder anders formuliert: Führen uns die Cloud Provider auf den falschen Weg? Schließlich lassen wir uns regelmäßig durch neue Funktionen und Tools von den Kernproblemen ablenken. Es macht natürlich auch mehr Spass, sich mit "schönen" neuen Dingen zu befassen, als Probleme zu lösen.
Natürlich braucht es auch neue Technologien, um gewisse Probleme besser lösen zu können - aber…
Nicht alles Gold…
Was mich dabei beunruhigt, ist, dass wir mindestens 15 Jahre in Cloud Computing investiert haben und der Schwerpunkt immer noch auf spezifischen Technologien liegt. In vielen Fällen werden suboptimale Lösungen gebaut oder nicht die richtigen Best-of-Breed-Lösungen in Betracht gezogen. Stattdessen wird dem Thema nachgejagt, das gerade angesagt ist. Das kostet die Unternehmen bis zu zehn Mal mehr als vollständig optimierte Lösungen. Und es kommt inzwischen so häufig vor, dass man davon ausgehen kann, dass vier von fünf Cloud-Lösungen grob falsch konzipiert sind - und ihren Unternehmen hohen Wertverlust bescheren. In den meisten Fällen wissen die Firmen davon gar nichts.
Inzwischen liegt der Schwerpunkt zwar konzeptionell auf der Optimierung, was vor allem Finops zu verdanken ist. Die meisten Gespräche drehen sich jedoch um die Optimierung innerhalb der Umgebung eines spezifischen Cloud-Anbieters. Die Unternehmen verwenden nur native Tools für ihren jeweiligen Cloud-Anbieter und beschränken sich auf dessen "Walled Garden". Eine echte Optimierung wäre hingegen technologieunabhängig und würde sich auf alle in Frage kommenden Lösungen erstrecken - inklusive Cloud-basierter, lokaler und Edge-Lösungen sowie großer und kleiner Technologieanbieter. Gleichzeitig wird Multi-Cloud in der Regel organisch um die beste Technologie und den von ihr gebotenen Wert herum aufgebaut.
Optimiert wird also vor allem im engeren (Systeme innerhalb eines einzelnen Cloud-Anbieters) statt im weiteren Sinn (indem wir über eine kleine Gruppe bekannterer Technologieanbieter mit großen Marketingbudgets hinausschauen). Das kann dazu führen, dass der Blick für den tatsächlichen Wert getrübt wird.
Problemlösungsfokus
Früher waren Anbieterkonferenzen gegenüber den Events von Normungsorganisationen und Medienunternehmen (die sich nicht nur auf eine einzige Technologie konzentrierten) eher zweitrangig. Heute gibt es diese Veranstaltungen kaum noch. Wenn doch, dann liegt ihr Schwerpunkt weiterhin auf Open-Source-Konsortien, die einen ausgewogeneren Ansatz verfolgen.
Branchenkonsortien und Standardisierungsgremien sind von zentraler Bedeutung, um Interoperabilität zu fördern und einen fairen Cloud-Wettbewerb zu gewährleisten. Indem sie offene Standards entwickeln und fördern, erleichtern diese Organisationen die nahtlose Integration zwischen verschiedenen Cloud-Plattformen und ermöglichen den Anwendern größere Flexibilität und Kontrolle über ihre Cloud-Deployments. Allerdings verfügen sie nicht über die milliardenschwere Marketing-Power der Hyperscaler.
Um einen Wandel herbeizuführen, müssten die Technologiekonsumenten, also die Unternehmen, eine klare Botschaft aussenden. Nämlich, dass sie vor allem daran Interesse haben, akute Geschäftsprobleme mit der Technologie zu lösen, die den größten Nutzen verspricht. (fm)
Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation Infoworld.