Studie von Stepstone und BPM

Sind Deutschlands Recruiter fit genug?

23.06.2020
Von 
Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
Gut jeder zweite Personaler hat während der Krise festgestellt, dass ihm Knowhow und Erfahrung im Umgang mit digitalen Recruiting-Instrumenten fehlen, wie eine aktuelle Studie zeigt.

Gespräche per Webcam, zeitversetzte Video-Interviews oder intelligente Bewerbermanagement-Systeme: Seit Wochen zwingt die Corona-Krise Unternehmen, ihre Bewerbungsabläufe komplett zu digitalisieren. Aber sind Deutschlands Recruiter im Einsatz von digitalen Tools wirklich fit genug? Verfügen sie über ausreichende Fähigkeiten, um den Bewerbungsprozess virtuell abzuwickeln? Diesen Fragen sind die Online-Jobplattform Stepstone und der Bundesverband der Personalmanager (BPM) in einer gemeinsamen Trendstudie nachgegangen (siehe Kasten).

Live-Video-Interviews werden vor allem während der Corona-Krise vermehrt eingesetzt. Vor der Krise setzten solche Gespräche 36 Prozent der Befragten der Stepstone-Studie ein.
Live-Video-Interviews werden vor allem während der Corona-Krise vermehrt eingesetzt. Vor der Krise setzten solche Gespräche 36 Prozent der Befragten der Stepstone-Studie ein.
Foto: fizkes - shutterstock.com

Die Umfrageergebnisse zeigen, dass die veränderte Rekrutierungspraxis einige HR-Experten zum Nachdenken gebracht hat. Im Januar - und damit Wochen vor dem Ausbruch der Pandemie - hatten 66 Prozent der Befragten angegeben, mit ihren Digital-Skills gut für die nächsten Jahre aufgestellt zu sein. Drei Monate später wollten diese Aussage elf Prozent weniger unterschreiben.

Ungeachtet dessen, ist die Bereitschaft, digitale Tools zu nutzen, dennoch vorhanden: Immerhin jeder Dritte gibt an, während der Corona-Krise Erfahrungen mit digitalen Recruiting-Tools gesammelt zu haben. Zudem sind sich 56 Prozent sicher, dass der Einsatz solcher Instrumente künftig stark zunehmen werde.

Corona-Push für Video-Interviews

Mit Abstand am häufigsten kommen in Recruiting-Teams Live-Video-Interviews zum Einsatz. Schon vor Ausbruch der Krise waren solche digitalen Gespräche bei 36 Prozent aller Befragten gängige Praxis. Weil auch ein Großteil der Recruiter seit Wochen im Homeoffice arbeitet, hat die Zahl der Video-Interviews zuletzt stark zugenommen. So gaben nach Ausbruch der Pandemie 60 Prozent an, per Live-Video mit Bewerbern Gespräche zu führen. Ebenfalls regelmäßig werden in Bewerberdatenbanken nach passenden Kandidaten gesucht (43 Prozent) und E-Assessment-Tools genutzt (23 Prozent). Auch digitale Cultural-Fit-Tests (15 Prozent) gehören inzwischen zum Auswahlprozess. Zu einer vermehrten Anwendung dieser Tools kam es durch die Corona-Krise hingegen nicht.

Und wie empfinden Bewerber digitale Bewerbungsprozesse? Stepstone und der BPM haben 10.200 Menschen dazu befragt. Mehr als jeder Zweite hat bereits gute oder sehr gute Erfahrungen mit einem digitalen Prozess gemacht. 82 Prozent und damit die deutliche Mehrheit steht dem offen gegenüber. Neun von zehn Befragten bevorzugen digitale Prozesse vor allem dann, wenn sie für mehr Schnelligkeit und Effizienz sorgen. Ab dem Zeitpunkt des Vorstellungsgesprächs wünschen sich Bewerber hingegen den persönlichen Austausch. "In vielen Unternehmen dauern Bewerbungsprozesse immer noch zu lange", weiß Anastasia Hermann, Studienleiterin bei Stepstone.

Digitales Bewerben und Recruiting im Praxistest

Wie verändert sich Recruiting im Zuge und in Folge der Corona-Krise? Wie digital rekrutiert Deutschland im Jahr 2020? Wie sehen Jobsuchende die Digitalisierung des Bewerbungsverfahrens und wie bewerten sie ihre bisherigen Erfahrungen? Die Online-Jobplattform Stepstone und der Bundesverband der Personalmanager (BPM) rund 2600 Personalmanager und etwa 10.200 Kandidaten befragt. Die erste Online-Befragung im Januar 2020 ermöglicht einen Einblick in das Meinungsbild sowie die Erfahrungswelt von Recruitern und Kandidaten gegenüber digitalen Instrumenten im Recruiting. Die zweite Online-Befragung vom Mai 2020 zeigt, welche Auswirkungen die Corona-Krise auf die Arbeit von Personalern hat. Lesen Sie hier die Ergebnisse der Studie.