Die Investoren von Silver Lake haben Interesse an Qualtrics angemeldet. SAP hatte den Spezialisten für Experience Management 2019 für acht Milliarden Dollar gekauft und erst kürzlich - anlässlich der Veröffentlichung der jüngsten Quartalszahlen - durchblicken lassen, über einen Verkauf nachzudenken. Um schlagkräftiger zu werden, will SAP sein Portfolio straffen. Deshalb habe man beschlossen, einen Verkauf der Beteiligung an Qualtrics zu prüfen, hieß es. Die Walldorfer hatten Qualtrics 2021 als eigenständiges Unternehmen an die Börse gebracht und halten seitdem einen Anteil von 71 Prozent am US-Unternehmen.
Silver Lake besitzt bereits einen Anteil von 4,2 Prozent an Qualtrics und will nun offenbar ein Gebot für alle ausstehenden Anteile machen, um den Anbieter von der Börse zu nehmen. Das geht aus einer Mitteilung der Investoren an die US-amerikanische Börsenaufsicht hervor. Im Portfolio des US-Investors finden sich bereits eine Reihe weiterer Beteilungen aus dem Softwaresektor, darunter Celonis, Exact, Splunk, UiPath, VMware und Zuora. Ende 2021 stieg Silver Lake mit einem Investment von 344 Millionen Euro auch in großem Stil bei der Darmstädter Software AG ein.
Die Qualtrics-Aktie erhielt durch die Verkaufsgerüchte einen deutlichen Schub. Nachdem das Papier über die vergangenen Monate immer um die zehn US-Dollar dahindümpelte, stieg es Anfang Februar auf fast 17 Dollar. Das liegt allerdings immer noch deutlich unter dem Allzeithoch von rund 55 Dollar Anfang Februar 2021 kurz nach dem Börsengang.
Qualtrics macht Milliarden-Verlust
Im gerade abgeschlossen Finanzjahr 2022 erwirtschaftete Qualtrics einen Umsatz in Höhe von knapp 1,46 Milliarden Dollar, gut 35 Prozent mehr als im Vorjahr. Unterm Strich stand allerdings ein Verlust von stattlichen 1,06 Milliarden Dollar, was in etwa dem Defizit des vorangegangenen Geschäftsjahrs entsprach. Schuld daran sind die zu hohen operativen Kosten. Zwar konnte Qualtrics seine Verwaltungsausgaben von 877 auf 758 Millionen Dollar drücken. Allerdings stiegen die Vertriebs- und Marketingkosten um fast 39 Prozent von 643 auf 892 Millionen Dollar. Der Posten für Forschung und Entwicklung lag bei 427 Millionen Dollar, fast 32 Prozent über dem Vorjahr (324 Millionen Dollar).
Die Strategie von SAP-CEO Christian Klein, das eigene Software-Portfolio zu straffen und die Entwicklung in Bereichen wie den Lösungen für das Kundenmanagement (CX) künftig herunterzufahren, sehen die Anwender kritisch. "Die geplante Stärkung des ERP-Geschäfts, respektive des ERP-Kerns, ist ein positives Signal", sagt Jens Hungershausen, Vorstandsvorsitzender der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG). Doch die Kunden fragten sich, was aus Kernprozessen wie Lead-to-Cash werde, die SAP-Software nur mit wesentlichen Komponenten aus dem CX-Portfolio abbilden könne.
Ist SAP noch ein vertrauensvoller Anbieter?
Man habe Verständnis dafür, dass vereinzelt Features oder Funktionen im Umfang verändert oder aus der Roadmap entfernt würden, ließ Hungershausen durchblicken, "allerdings nur, solange das die übergeordneten Ziele nicht gefährdet". Die Anwender erwarteten von SAP eine klare Entwicklungsrichtung. "Wenn wesentliche Komponenten des Produktportfolios entgegen der bisherigen öffentlichen Kommunikation zurückgefahren werden, stellt das SAP als grundsätzlich vertrauensvollen Anbieter in Frage", warnt der DSAG-Chef seinen Softwarelieferanten.