Knowledge 22

ServiceNow will ERP & Co. neu erfinden

23.05.2022
Von 


Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
Nach den Erfolgen in Bereichen wie Employee Experience Management oder Customer Service Management sieht sich der Automatisierungsspezialist ServiceNow gerüstet, tiefer in den Geschäftsprozesse vorzudringen.
Chief Strategy Officer Nick Tzitzon (li) und CEO Bill McDermott erläuterten am Rande der ServiceNow-Konferenz die Strategie des Unternehmens.
Chief Strategy Officer Nick Tzitzon (li) und CEO Bill McDermott erläuterten am Rande der ServiceNow-Konferenz die Strategie des Unternehmens.

"Ich habe schon öfter gesagt, dass ServiceNow die ausschlaggebende Enterprise Software Company des 21. Jahrhunderts sein wird", holte McDermott in einem Pressegespräch am Rande der diesjährigen Knowledge-Konferenz in Den Haag aus. "Nun werden wir das ganze Unternehmen End-to-End durchdringen."

Die Company sei schnell Marktführer in Bereichen wie Employee Experience Management oder Customer Service Management geworden und arbeite an einem Workflow, mit dem Mitarbeiter ihre eigenen Anwendungen entwickeln. "Viele der 750 Millionen, die Citizen Develover in den nächsten drei Jahren bauen, werden auf der ServiceNow-Plattform laufen", prognostizierte McDermott.

Daneben will der Automatisierungsspezialist aber auch geografisch expandieren, über alle Branchen hinweg und alle Rollen im Unternehmen bedienen. "Das Ganze ist keine Blaupause, sondern finde bereits statt", betonte der Topmanager. "Einer der mutigen Schritte, die wir machen werden, ist die Neuerfindung des ERP-Bereichs", erklärte der frühere SAP-Chef.

Das Unternehmen will dazu unter anderem eine Kooperation mit dem Process-Mining-Spezialisten Celonis nutzen. Außerdem bedient sich ServiceNow der Tools des dänischen SAP-Migrationsspezialisten Gekkobrain, der im Oktober 2021 gekauft wurde. "Mit Gekkobrain können Sie den Custom-Code analysieren, den Sie in Ihr ERP-System eingebaut haben, den wichtigsten Teil davon rationalisieren, so dass Sie ihn verschieben und auf der Service-Now-Plattform ausführen können", erklärte McDermott.

Die Zeiten, in denen Ihnen jemand sagt, was Sie tun können und was nicht, seien vorbei", tönte McDermott. "Anstatt also beispielsweise auf den nächsten Upgrade-Zyklus in einem ERP-System zu warten, können Sie dies auf der ServiceNow-Plattform tun."

Eine Plattform der Plattformen

Eine direkte Konkurrenz durch ServiceNow müssen McDermotts früherer Arbeitgeber SAP und andere Business-Software-Anbieter dem Vernehmen nach indes nicht befürchten. "Unser Interesse ist es nicht, gegen andere Plattformen zu arbeiten", so McDermott. "Wir wollen den Kunden dabei zu helfen, ihre Ziele der digitalen Transformation zu erreichen."

ServiceNow integriere 650 der größten Plattformen der Welt, erklärte er. Diese Plattformen erfüllten alle einen Zweck, die Unternehmen hätten in sie investiert und kein Interesse daran, sie nun zu zerstören und zu ersetzen. Was sie jedoch wollten, sei eine Hyperautomatisierungsebene, die all das ermöglicht, worum sie andere Anwender beneiden.

Generell hält es McDermott für einen Fehler, wenn Unternehmen zwar über digitale Transformation sprechen, diese aber auf traditionelle Weise umsetzen wollen. "Sie rüsten ihre Systeme aus dem 20. Jahrhundert auf und verwechseln das mit digitaler Transformation. Und leider stecken sie ihre Ressourcen in diesen Bereich", erklärte er. "Bei der digitalen Transformation geht es nicht darum, die alten Dinge ein wenig schneller zu machen. Es geht darum, das Spiel zu verändern."

Bei Unternehmen, die den traditionellen Weg beschreiten, werde bald Ernüchterung einkehren, weil sie die digitale Transformation einfach durch die Brille des 20. Jahrhunderts betrachten, warnte McDermott. Im Vergleich dazu gebe es jetzt eine ganz neue Welt mit Unternehmen, die sich der Macht der Hyperautomatisierung bewusst sind und eine Hyperautomatisierungsschicht haben, mit der sie ihre Prozesse oder die Art und Weise, wie die Arbeit selbst erledigt wird, wirklich neu erfinden können.

Zurück zur ursprünglichen Vision

"Wenn man ServiceNow historisch betrachtet, gehen wir jetzt ironischerweise genau dorthin, wo wir angefangen haben", erklärte Chief Strategy Officer Nick Tzitzon. Firmengründer Fred Luddy habe die Plattform genau dafür gebaut: Eine Low-Code-fähige Plattform, die die Wertschöpfung anderer Plattformen aufnimmt und steigert. "Erst als wir an die Börse gingen, fokussierten wir uns mit IT Service & Operations Management auf einen aufkeimenden Markt", so Tzitzon. "Jetzt, wo wir darüber hinaus expandiert sind, kehren wir zu unserer ursprünglichen Vision zurück."

Vision hin oder her - ein Faktor, der neben entsprechenden Lösungen sicher eine wichtige Rolle spielt, ist, dass mehr und mehr der CEO der direkte Gesprächspartner von ServiceNow ist. "Traditionell war es der Chief Information Officer und manchmal der Chief Digital Officer, aber wir sehen hier einen Aufwärtstrend", erklärte Firmenchef McDermott: "Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal kein Meeting mit dem CEO hatte. Selbst wenn das Meeting mit dem Chief Digital Officer stattfindet, ist das nächste mit dem CEO und normalerweise kommen sie zusammen. Das ist ein echter Gamechanger, ServiceNow sitzt jetzt im Eckbüro der wichtigsten Unternehmen der Weltwirtschaft. Ich denke, wenn es etwas gibt, das wir schnell geändert haben, dann war es, die Marke in die C-Suite zu bringen."