Business-Case-Fokus?

Serverless als Warnsignal

Kommentar  12.06.2023
Von 

David Linthicum ist ein US-amerikanischer Technologieexperte und Buchautor. Zu seinen Schwerpunktthemen gehören unter anderem Cloud Computing, SOA, Enterprise Application Integration und Enterprise Architecture.

Neue Technologien einzusetzen, kann einem Segen gleichkommen - oder kontraproduktiv sein.
Wenn neue Technologien zu Red Flags werden...
Wenn neue Technologien zu Red Flags werden...
Foto: Yakov Oskanov - shutterstock.com

Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Sie wollen einige neue, cloud-basierte Bestands- und Lieferkettenmanagementsysteme auf die Beine stellen. Sie befinden sich in einem frühen Stadium der Entwicklungsphase. Schon nach den ersten Meetings beschleicht Sie dabei ein ungutes Gefühl, weil Technologie viel zu früh im Prozess diskutiert wird.

Das ist ein klares Warnzeichen dafür, dass Ihr Team nicht auf die Kernanforderungen oder die Definition des Business Case fokussiert und stattdessen lieber Technologietrends wie Serverless oder Container diskutiert. Letztere können Sie wahlweise durch Generative AI, Edge Computing oder einen beliebigen anderen Technologietrend ersetzen. Serverless und Container sind an dieser Stelle genannt, da sie heutzutage mehr als alle anderen Technologien falsch eingesetzt werden.

Das Problem liegt dabei nicht darin, dass die Wahl auf diese Technologien fällt - irgendwann muss das Team etwas auswählen. Es geht darum, dass diese Entscheidung zu früh im Entwicklungsprozess fällt: Das wird mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem suboptimalen Verlauf führen, weil der gewünschte Endzustand der technologischen Lösung im Fokus steht statt Anforderungen und Geschäftswert.

3 Aspekte für bessere Technologieentscheidungen

Folgende drei Punkte sollten Teams diesbezüglich berücksichtigen:

  • Container- und Serverless- Technologien sind für bestimmte Anwendungstypen, etwa Microservices, gut geeignet. Ihre Use Cases sind allerdings limitiert. Legacy-Anwendungen oder -Systeme müssen möglicherweise erheblich modifiziert oder umstrukturiert werden, um in Container- oder Serverless-Umgebungen effektiv zu funktionieren. Natürlich lässt sich jede Technologie mit Gewalt zur Problemlösung einsetzen, was mit genügend Zeit und Geld eventuell sogar funktioniert. Solche "Lösungen" sind jedoch von geringem Wert und nicht optimiert. Sie führen also letztlich zu höheren Kosten und geringerem Geschäftswert.

  • Ein gängiger Nachteil bei den meisten neuen Technologietrends liegt in der Komplexität, die beispielsweise Container- und Serverless-Plattformen aufwerfen und mit denen die Teams, die Cloud-basierte Systeme aufbauen und betreiben sollen, umgehen müssen. Das bedeutet in der Regel höhere Entwicklungs- und Wartungskosten, weniger Wert und möglicherweise unerwartete Sicherheits- und Performance-Probleme. Dazu kommt, dass es schlicht mehr kostet, solche Systeme zu erstellen, bereitzustellen und zu betreiben. Container-Orchestrierungs-Frameworks wie Kubernetes zu managen oder mit den Feinheiten von Serverless-Funktionen umzugehen, ist eine Herausforderung. Diese Innovationen können den Aufwand wert sein - aber nicht in allen Fällen.

  • Vendor-Lock-in scheint für Manche heutzutage eine eher irrationale Befürchtung zu sein, aber sie ist weiterhin existent. Jeder Anbieter verfügt über einzigartige Funktionen, wie APIs, Sprachen und Bereitstellungsmethoden. Wenn Sie Ihre Anwendung eng an eine bestimmte Plattform knüpfen, können eine Migration zu einem anderen Anbieter oder ein neuer Technologie-Stack erhebliche Nacharbeiten und Zusatzinvestitionen erfordern. Stellen Sie sich die Frage, wie gut die gewünschte Technologie zu den Kernanforderungen Ihres Unternehmens passt. Zu oft fallen die geschäftlichen Realitäten bei technologischen Wettrennen unter den Tisch.

(fm)

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation Infoworld.