Jobsuche für Führungskräfte

Schnellerer Anschluss durch Outplacement

06.11.2017
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.
Eine professionelle Beratung erleichtert Entlassenen den beruflichen Neuanfang. Auch wenn Unternehmen dafür tief in die Tasche greifen müssen, lohnt sich das Engagement für beide Seiten.

Kündigungsgespräche fallen den wenigsten Managern leicht, vor allem, wenn sie sich von engagierten Mitarbeitern trennen müssen. Viele Unternehmen schnüren deshalb für diese Fachkräfte ein Paket aus Abfindung und Outplacement-Beratung, um ihnen den Neuanfang zu erleichtern. Mit großzügigen Angeboten kommen sie oft auch einer kostspieligen arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung zuvor und vermeiden, dass die Gekündigten schlecht über ihren ehemaligen Arbeitgeber sprechen.

Eine Outplacement-Beratung kann eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten darstellen - auch wenn sie nicht ganz billig ist.
Eine Outplacement-Beratung kann eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten darstellen - auch wenn sie nicht ganz billig ist.
Foto: Monkey Business Images - shutterstock.com

Auch wenn der Arbeitsmarkt für IT-Experten rosig aussieht, findet nicht jeder Gekündigte sofort wieder einen neuen Job. Durchschnittlich fünf Monate dauert es, bis Entlassene mit Hilfe einer Outplacement-Beratung wieder einen neuen Arbeitsvertrag unterschreiben, sagt Julia Siems, Managing Consultant bei der auf Outplacement und Karriereberatung spezialisierten Firma von Rundstedt in Düsseldorf. Inzwischen hat sich die Beratung von entlas­senen Mitarbeiter auch hierzulande etabliert. Längst kommen nicht nur geschasste Geschäftsführer und Führungskräfte in den Genuss einer solchen Unterstützung. Dafür sprechen die guten Umsätze der Branche. Beliefen sie sich 2014 auf 80 Millionen Euro, liegt die Prognose für 2016 bei rund 81 Millionen Euro Umsatz, wie es in der Studie "Outplacementberatung in Deutschland" des Bundesverbands Deutscher Unternehmensberater (BDU) heißt.

Am meisten verdienen die Berater an der Outplacement-Beratung einzelner Personen. Sie macht knapp zwei Drittel der Einnahmen deutscher Outplacement-Beratungen aus. Die Beratungsdauer variiert zwischen drei, sechs, neun und zwölf Monaten, eine Garantie dafür, einen neuen Job zu finden, gibt es nicht. Aber auch unbefristete Verträge mit einer Vermittlungsgarantie für den Gekündigten sind beliebt, ein knappes Viertel der Umsätze entfällt hierauf. Weniger attraktiv sind dagegen Gruppen-Outplacements (zwölf Prozent).

Wie zukunftsfähig ist das Jobprofil?

"Eine professionelle Karriereberatung hilft Betroffenen, sich besser aufzustellen und das eigene Qualifikationsprofil zu analysieren", wirbt Julia Siems. Berater helfen, den emotionalen Schock der Kündigung zu überwinden und den Blick auf neue Optionen zu richten. Sie finden heraus, wie zukunftsfähig das eigene Jobprofil, das Wissen und die Fertigkeiten sind. Auch wenn der Weg in die Selbständigkeit angestrebt wird, kann eine solche Karriereberatung weiterhelfen.

Neben der Analyse des Ist-Zustands besprechen die Consultants mit den Kandidaten auch Wünsche, berufliche Ziele und entwickeln gemeinsam eine Strategie. Dazu zählt auch ein übersichtlicher und aussagekräftiger Lebenslauf. "Wir begleiten Kandidaten auf dem Weg zum neuen Job, sind aber keine Arbeitsvermittler", stellt Siems klar. Zwar verfüge die Beratung von Rundstedt über ein Netzwerk von Personalvermittlern, mit dem sie eng zusammenarbeite, doch Ziel einer Outplacement-Beratung sei es auch, dass die Kandidaten lernen, ein eigenes Netzwerk aufzubauen und nicht nur auf das anderer zuzugreifen.

Verdeckter Stellenmarkt

Wer selbst Kontakte zu Kollegen pflegt und sich in Fachgruppen engagiert, erfährt oft ganz nebenbei von offenen Positionen. Schneller finden Betroffene auf dem verdeckten Stellenmarkt eine neue Position als über eine offizielle Ausschreibung.

Trotz der günstigen Situation am Arbeitsmarkt kann es auch IT-Profis passieren, dass sie nicht gleich mit der ersten Bewerbung bei ihrem Wunscharbeitgeber Erfolg haben. Das kann ganz unterschiedliche Gründe haben, wie Siems erläutert: "Oft sind die Kandidaten regional gebunden und wollen wegen ihrer Familie oder einer Immobilie nicht umziehen." Manche Gespräche mit potenziellen Arbeitgebern scheitern auch an Nuancen im eigenen Jobprofil, wenn etwa ein Bewerber nicht hundertprozentig passt.

Manchmal müssten Jobsuchende auch erst lernen, dass es mit einer verschickten Bewerbung alleine nicht getan ist. Nachhaken und dranbleiben falle gerade introvertierten Kandidaten schwer. Auch das Selbst-Marketing gelinge nicht immer, wie Siems beobachtet. "Wenn sich Jobsuchende auf Neues einlassen und den Mut haben, ihre Komfortzone zu verlassen, hilft ihnen das sehr."

Das kann beispielsweise bedeuten, während der Woche zu pendeln, sich eine kleine Wohnung in der neuen Stadt zu suchen oder auch Konzessionen beim Gehalt zu machen. "Bewerber sollten immer das Gesamtpaket im Auge haben: Manchmal gewährt der neue Arbeitgeber mehr Urlaubstage, Home Office oder eine großzügige Altersversorgung", sagt Siems. Auch Personaldienstleister hätten mittlerweile viele attrak­tive IT-Jobangebote in ihrem Portfolio. Hier sollten IT-Profis nicht gleich die Nase rümpfen, sondern sich die Offerten genau ansehen. Manche Projekte hätten eine Laufzeit von drei oder mehr Jahren, und die angebotene Weiterbildung sei sehr gut. "Es ist wichtig, wieder einen Fuß in die Tür zu bekommen, und deshalb sollten sich Kandidaten auch Angebote von Zeitarbeitsfirmen und Interim-Jobs ansehen."

Und das Alter?

Vor Jahren galt ein 39-Jähriger IT-Profi schon als zu alt für einen neuen Job. "Heute wird es erst bei über 55-Jährigen schwierig, ganz unabhängig von der Branche", erklärt Siems. Entscheidend sei das mentale Alter. Manche 50-Jährige, die lebenslanges Lernen als Teil ihrer Lebensphilosophie verinnerlicht hätten, hätten kein Problem, einen neuen Job zu finden. Ganz billig kommt den Arbeitgeber eine Outplacement-Beratung nicht. Um die 20 Prozent eines Bruttojahresgehalts kostet die Dienstleistung. Nach durchschnittlich fünf Monaten unter­schreiben die Entlassenen einen neuen Arbeitsvertrag. In der BDU-Studie wird das Honorar für eine sechsmonatige Beratung mit 9.000 Euro angegeben. Eine sechs- bis zwölf­monatige Beratung schlägt mit etwa 15.000 Euro zu Buche. Neben den Kosten spricht noch ein weiteres Argument für die professionelle Beratung - die Imagepflege des Unternehmens.

Fair auseinandergehen

Eine Kündigung steckt niemand leicht weg. Das Angebot einer Outplacement-Beratung hilft, bei den Betroffenen den Eindruck eines fairen Auseinandergehens zu schaffen. Die Investition kann sich auch deshalb lohnen, weil sich der Arbeitgeber Anwaltskosten und einen eventuellen Termin vor dem Arbeitsgericht sparen kann. Gerade weil die IT-Branche übersichtlich ist und die Mitarbeiter dort stark vernetzt sind, verbreiten sich schlechte Nachrichten in den sozialen Netzwerken schnell.

Einer Outplacement-Beratung kann auch Bert Stach, Sekretär der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi in Berlin, etwas abgewinnen: "Wenn sich mit so einer Beratung neue berufliche Perspektiven entwickeln, ist das auf jeden Fall besser als eine betriebsbedingte Kündigung." Doch der Verdi-Mann kennt auch Fälle, in denen die Consultants mangelhaft qualifiziert waren und unzureichend beraten haben. Ob mit oder ohne Beratung - entscheidend ist für Stach die ständige Fortbildung, die Teil des Berufslebens sein sollte: "Gerade, wenn Weiterqualifikation nicht konsequent umgesetzt wurde, wird es für die Mitarbeiter schwer, einen neuen Job zu finden."