Scrum und Co.

Schlank planen, agil entwickeln, Kosten einhalten

10.09.2014
Von 
Prof. Dr. Volker Gruhn ist Mitgründer und Aufsichtsratsvorsitzender der adesso AG. Außerdem hat er den Lehrstuhl für Software Engineering an der Universität Duisburg-Essen inne. Gruhn forscht unter anderem über mobile Anwendungen und Cyber-Physical Systems.

Grenzen agiler Festpreise

Nicht jedes Projekt eignet sich für agile Entwicklung. Genauso ist nicht jedes agile Projekt für die agilen Festpreise im Mittleren oder Großen geeignet. Bedingungen, die die Durchsetzung solcher Modelle erschweren sind:

  • Öffentliche Ausschreibungsverfahren und ähnliche Rahmenbedingungen, die annehmen, Softwareentwicklung wäre ein reiner Produktionsprozess: Wenn die Notwendigkeit der Reaktion auf späte Anforderungen und die Chance des flexiblen Umgangs mit frühen Anforderungen grundsätzlich verneint werden, hat der Agile Festpreis keine Chance.

  • Mangelndes Domänenwissen: Die Machbarkeit agiler Festpreise im Großen hängt an der Verlässlichkeit der initialen Schätzung. Die lässt sich ohne konkrete Erfahrungen mit ähnlichen Projekten, ohne umfangreiches Branchenwissen und ohne Marktverständnis nicht gewährleisten.

  • Mangelnde Entscheidungsfreude: In der Agilen Entwicklung, gerade im Kontext agiler Festpreise, muss kontinuierlich entschieden werden. Welches Feature wie umgesetzt und welches weggelassen werden kann. Und das in aller Regel, ohne dass die komplette Tragweite der Entscheidung sicher abgesehen werden kann. Das müssen die Beteiligten wollen und können; die Unternehmenskultur muss tolerant mit Fehlern umgehen.

Die Welt der Agilen Festpreise ist noch bunt und nicht ganz gesetzt. Die obigen Varianten sind der Versuch einer Ordnung. Weder sind sie trennscharf noch sind sie im Einzelnen fest definiert und in Stein gemeißelt. Jedes Projekt hat spezifische Rahmenbedingungen, die berücksichtigt werden müssen. Vielleicht gibt es nur Projektteile, die per agilem Festpreis behandelt werden können; vielleicht nur einzelne Features. Eventuell ändert sich die Festpreisaffinität sogar während der Projektlaufzeit.

Aber die Ausführungen zeigen: Die logische Unmöglichkeit agiler Festpreise im Großen kann nicht als Argument dafür herhalten, intelligente Modelle aus der Klasse "Shared Pain / Shared Gain" gar nicht erst zu betrachten. (jha)