In einem Projektvertrag zwischen einer Vermittlerfirma und einem IT-Experten verpflichtete sich ein Freiberufler, entgeltlich IT-Dienstleistungen für einen Endkunden zu erbringen. Sowohl das Auftragsvolumen als auch die konkrete Auftragsdauer waren vertraglich offen geblieben. Laut einer Formularklausel des streitgegenständlichen Vertrags musste sich der Auftragnehmer zwingend ab einem bestimmten Zeitpunkt bereithalten, da ansonsten eine hohe Vertragsstrafe fällig geworden wäre.
Unmittelbar nach Vertragsbeginn teilte der Vermittler dem IT-Berater jedoch nicht mit, wo und wann er mit seinem Einsatz beginnen solle. Bis zum Ablauf von zwei weiteren Monaten trat die Vermittlerfirma weder vom Vertrag zurück noch kündigte sie diesen. Die Unternehmensberatung des IT-Spezialisten erlitt nicht nur Verdienstausfall in erheblicher Höhe, sondern hatte zusätzlich Rechtsunsicherheit, die Vertragsstrafe zu verwirken, sollte sie sich nicht länger zur Diensterbringung bereithalten.
Im Rahmen der außergerichtlichen Verhandlungen lehnte die Vermittlerfirma zunächst jegliche Haftung ab. Sie verwies auf zahlreiche formularmäßige Haftungsausschlüsse des Projektvertrags. Auf Intervention der Rechtsanwaltskanzlei Dr. Ina Becker, Hamburg, zahlte der Vermittler dem IT-Experten schließlich eine angemessene Summe für entgangenen Gewinn und Kosten der anwaltlichen Beauftragung, um eine drohende gerichtliche Klage zu vermeiden.
Vertrag darf Freiberufler nicht einseitig belasten
Ein Unternehmen kann sich keineswegs vorsorglich von jeglicher Haftung für vertragswidriges Verhalten durch Gestaltung seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen frei zeichnen. Ein faires vertragliches Austauschverhältnis ist bei grob einseitig belastenden Klauseln wie der vorliegenden Vertragsstrafenregelung und einem pauschalen Schadensersatzausschluss nicht mehr gegeben, meint Rechtsanwältin Ina Becker.
Die Verwendung unwirksamer Formularklauseln verstößt gegen die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme und verpflichtet nach den Grundsätzen der so genannten culpa in contrahendo (Verschulden bei Vertragsschluss) zum Schadensersatz.
Außerdem wirkte sich im vorliegenden Fall der Umstand aus, dass der Vermittler aufgrund interner organisatorischer Mängel weder einen rechtswirksamen Rücktritt vom Vertrag erklärte noch zeitnah rechtswirksam kündigte. Es entspricht bereits dem allgemeinen Rechtsgefühl, dass man einen Geschäftspartner nicht so lang im Unklaren über seine eigene Verpflichtung zur Diensterbringung lassen darf.
IT-Freiberufler sollten daher bei Nichtzustandekommen von Projekten die vertraglichen Vereinbarungen und mögliche Schadensersatzansprüche stets durch einen Rechtsexperten überprüfen lassen, empfiehlt Becker.
- Die 10 größten Probleme im Projekt-Management
Zu viele IT-Projekte sind nicht erfolgreich. Woran liegt es, dass die meisten Vorhaben anders laufen als gedacht? Und was ist dagegen zu tun? - Projektziele unklar
Verfassen Sie einen Projektauftrag, in dem die Ziele des Projekts schriftlich fixiert sind. Sprechen Sie diesen mit Ihrem Auftraggeber durch, und lassen Sie ihn unterschreiben. Unklarheiten sollten sofort beseitigt werden. - Zeitvorgaben unrealistisch
Oft macht das Management großen Druck, das Projekt in einem viel zu eng bemessenen Zeitraum durchzupeitschen. Zeigen Sie Alternativen auf, mit denen sich wirklich Zeit einsparen lässt, zum Beispiel durch Verzicht auf weniger wichtige Features. Machen Sie keine Zusagen, wenn der vorgegebene Termin absehbar nicht zu halten ist. - Mangelnde Abstimmung
Wer ist interessiert, betroffen und beteiligt? Wenn Sie diese Frage im Hinterkopf behalten, haben Sie schon alle Personen versammelt, die Sie im Rahmen Ihres Stakeholder-Managements berücksichtigen müssen. Stimmen Sie sich frühzeitig ab, informieren Sie offensiv über Ihr Vorhaben. - Fehlerhafte Kommunikation
Kommunizieren Sie zielgruppengerecht. Nicht jeder muss alles immer sofort wissen. Berücksichtigen Sie die verschiedenen Medien, und prüfen Sie, wie Sie die andere Person am wirkungsvollsten erreichen - per E-Mail, Telefon oder am besten immer noch in einem persönlichen Gespräch. - Überlasteter Projektleiter
Delegieren Sie als Projektleiter Ihre Aufgaben. Geben Sie Verantwortung an andere Teammitglieder ab und konzentrieren Sie sich auf die wesentlichen Führungsaufgaben. Das schafft Freiräume und stärkt die Motivation Ihrer Kollegen. Wenn es das Projektbudget zulässt, führen Sie ein Projekt-Management-Office ein - Unrealistisscher Budgetrahmen
Ähnlich wie die Zeit ist auch das Geld häufig ein knappes Gut. Entwickeln Sie frühzeitig Szenarien, mit denen der Budgetrahmen gehalten werden kann, und vermeiden Sie es, Ihren Auftraggeber mit monatlich wiederkehrenden Forderungen nach Budgeterhöhungen zu frustrieren. - Schlampige Feinplanung
Phasen- und Meilensteinplanung sind ein guter Start, aber eine effiziente Planung hört damit noch nicht auf. Beschreiben Sie einzelne Arbeitspakete, und ordnen Sie ihnen Verantwortliche zu. Formulieren Sie alle Tätigkeiten aus, die innerhalb der Arbeitspakete zu erledigen sind. - Holpriges Berichtswesen
Halten Sie den Aufwand für das Reporting gering, um Ihre Mitarbeiter nicht mit dem Schreiben von Statusberichten zu nerven. Fragen Sie nur die wirklich wichtigen Daten ab, und entnehmen Sie so viele Steuerungsinformationen wie möglich aus bestehenden IT-Systemen wie SAP oder Projektplänen. - Fehlende PM-Methodik
Sorgen Sie für eine sauber aufgesetzte Methodik, wie Sie Ihr Projekt planen und steuern. Damit haben Sie schon viel gewonnen. Das Wissen können Sie in Kursen, beispielsweise bei der GPM (Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement), erwerben - oder mit einem externen Dienstleister einkaufen.