Der Druck auf SAP-Chef Christian Klein wächst. Mit den Zahlen zum zweiten Quartal 2022 konnte der angezählte Manager keinen Befreiungsschlag landen. Zwar wuchs der Umsatz gegenüber dem Vorjahresquartal um 13 Prozent auf gut 7,5 Milliarden Euro und übertraf damit die Analystenerwartungen, die von etwas mehr als 7,3 Milliarden Euro ausgegangen waren. Auf der Ergebnisseite sieht die Bilanz allerdings alles andere als rosig aus: das Betriebsergebnis schmolz im Jahresvergleich um 32 Prozent von 984 auf 673 Millionen Euro zusammen, der Gewinn unter dem Strich sackte gar um 86 Prozent von 1,45 Milliarden auf nurmehr 203 Millionen Euro ab.
Das hat viele Ursachen. Der Umstieg in Richtung Cloud belastet das klassische Geschäft mit Softwarelizenzen und Wartung. Vor allem das Lizenzgeschäft geht zurück: In den Monaten April bis Juni dieses Jahres sank es um 34 Prozent von 650 auf 426 Millionen Euro. Die Support-Erlöse stiegen leicht um fünf Prozent von 2,8 auf knapp drei Milliarden Euro. Insgesamt verlor der Posten Softwarelizenz- und Support-Erlöse leicht um zwei Prozent auf 3,4 Milliarden Euro.
Krieg in der Ukraine belastet SAP-Ergebnis
Dazu kommen die Auswirkungen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Der Rückzug SAPs aus dem Geschäft in Russland hat das Betriebsergebnis in den ersten sechs Monaten des Jahres mit etwa 350 Millionen Euro belastet, gab der Softwarekonzern bekannt. Für das laufende Geschäftsjahr erwarten die SAP-Verantwortlichen währungsbereinigt einen negativen Einfluss auf den Umsatz in Höhe von rund 300 Millionen Euro durch fehlendes Neugeschäft und die Beendigung bestehender Aufträge. Sie warnen darüber hinaus: "Weitere Auswirkungen durch diese sich schnell verändernde Situation sind derzeit nicht bekannt, könnten jedoch für unsere Geschäftsaktivitäten möglicherweise erhebliche negative Folgen haben, sollte sich die Lage über das aktuelle Maß hinaus weiter verschärfen."
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Angesichts des schwierigen Geschäftsumfelds musste Klein den Ausblick für das gesamte Geschäftsjahr nach unten korrigieren. Das währungsbereinigte Betriebsergebnis soll SAP zufolge für 2022 zwischen 7,6 und 7,9 Milliarden Euro liegen. Bisher war man in Walldorf von 7,8 bis 8,25 Milliarden Euro ausgegangen. Im Vergleich zu Vorjahr würde die angepasste Prognose einen Rückgang zwischen vier und acht Prozent bedeuten. Der aktualisierte Ausblick spiegele den negativen Einfluss durch den Krieg in der Ukraine und einen potenziellen weiterhin deutlichen Rückgang der Softwarelizenzerlöse wider, heißt es im Finanzbericht.
Für SAP-Chef Klein zählt nur die Cloud
SAP-Chef Klein verweist auf den Cloud-Umbau des eigenen Geschäfts und nimmt die Probleme in Kauf. "Wie unsere Ergebnisse im zweiten Quartal verdeutlichen, ist das Portfolio der SAP wichtiger denn je", sagte der Manager und betont die Erfolge im Cloud-Business. "Unsere Umstellung auf das Cloud-Geschäft verläuft schneller als geplant und wir haben die Umsatzerwartungen übertroffen." Die Cloud-Erlöse seien zum größten Umsatzstrom der SAP geworden.
Für das zweite Quartal meldete der Softwarekonzern Cloud-Erlöse in Höhe von knapp 3,1 Milliarden Euro, das sind 34 Prozent mehr als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Vor allem die Geschäfte mit Software as a Service (SaaS) und Platform as a Service (PaaS) legten zu. Mit SaaS nahm SAP im zweiten Quartal 2,4 Milliarden Euro ein, 35 Prozent mehr als im Vorjahresquartal. 472 Millionen Euro davon gehen auf das Konto von S/4HANA (plus 84 Prozent). Die Bruttomarge im Cloud-Geschäft stieg um 2,3 Punkte auf 69,8 Prozent.
Auffällig an dieser Stelle: SaaS und PaaS erzielten mit 72,8 beziehungsweise 79,5 Prozent eine deutlich höhere Bruttomarge als SAPs eigener Cloud-Betrieb mit Infrastructure as a Service (IaaS). Hier verringerte sich die Bruttomarge um 8,1 Punkte auf gerade einmal 27,1 Prozent. Mit 257 Millionen bildet IaaS den kleinsten Anteil an SAPs Cloud-Geschäft. Der Softwarekonzern legt hier den Fokus mehr auf die Kooperation mit den Hyperscalern AWS, Google und Microsoft.
Im Vergleich zum klassischen Geschäft hinken die Margen im Cloud-Geschäft allerdings deutlich hinterher. Im Lizenz- und Wartungsgeschäft erzielte SAP im zweiten Quartal eine Bruttomarge von 87,7 Prozent.
SAP braucht eine Vision
Für SAP-CEO Klein dürfte es nun in erster Linie darum gehen, angesichts des weiter andauernden Umstiegs auf das Cloud-Geschäft um die Geduld der Investoren zu buhlen. Das ist sicher nicht einfach, zumal Kapitalgesellschaften wie Elliot nicht für ihre Nachsicht bekannt sind. Klein braucht Charisma und eine glaubwürdige Vision - doch um diese zu entwickeln, wird die Zeit knapp.
Berichte der vergangenen Wochen legen nahe, dass es in der Führungsetage gärt. Auch im Verhältnis zu SAPs Vorstandsvorsitzenden Hasso Plattner soll es knirschen. Das scheint negativ auf die Zufriedenheit im Gesamtkonzern abzufärben. Der Mitarbeiter-Engagement-Index liegt bei SAP nur noch zwischen 80 und 84 Prozent liegen - im vergangenen Jahr waren es 84 bis 86 Prozent.