"Ein Mann, der als letzter den Status quo akzeptiert, und der erste, der ihn ändert": Mit dieser Beschreibung wurde Apple-Chef Tim Cook von SAP-CEO Bill McDermott auf die Bühne der Hausmesse Sapphire Now in Orlando gebeten. Die markigen Worte ließen große Innovationen vermuten, vor allem, wenn es um Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen geht.
SAP und Apple nutzen zusammen ML und AR
Tatsächlich kündigten beide, sichtlich freundschaftlich unterwegs, eine Vertiefung ihrer Zusammenarbeit mit besonderem Fokus auf Machine Learning (ML) an: SAP und Apple arbeiten künftig zusammen, um Kunden bei der Entwicklung ihrer eigenen mobilen SAP-Geschäftsanwendungen mit der ML-Technologie von Apple zu unterstützen. Daneben wird es möglich sein, Augmented Reality (AR) auf den iPhones oder iPads für eine Reihe von Geschäftsaufgaben zu nutzen. Als Beispiel wurde hier die Bestückung von Ladenregalen im Einzelhandel oder Unterstützung bei Reparaturen von Maschinen genannt.
SAP hatte sich bereits im Jahr 2016 mit Apple zusammengeschlossen, um mobile Apps für das bestehende Softwareportfolio nativ auf Apples iOS-Betriebssystem zu entwickeln. Diese Allianz wird nun auf das breitere App-Portfolio von SAP ausgeweitet, darunter auch auf Bereiche wie den Einkauf. Es werde auch möglich sein, die Anwendungen auf Apples Mac-Computern auszuführen, kündigten die Unternehmen in einer gemeinsamen Erklärung an.
Die bisherigen native Anwendungen wurden speziell mit den Frameworks von iOS entwickelt und sollten daher reibungsloser als web- oder cloud-basierte Anwendungen laufen und im nativen Design die Kunden überzeugen. Bisher lag der Fokus bei SAP vor allem auf Anwendungen aus dem Personalwesen oder Spesen-Management und diente zur Integration dieser manuellen Geschäftsprozessschritte in die ERP-Kernsoftware.
Jetzt fokussieren sie die beiden Unternehmen vor allem auf Apples Core-ML-Framework. So soll es künftig möglich sein, maßgeschneiderte Anwendungen auf der Leonardo-Plattform von SAP zu erstellen.
Was wird aus SAP Leonardo Machine Learning?
Mit dieser Ankündigung wird das jetzt schon umfangreiche Angebot an ML-Technologien der SAP noch unübersichtlicher. So gibt es schon länger das SAP Leonardo Machine Learning and the iOS SDK und die native ML-Integration in der SAP HANA Datenbankplattform selbst. Der große Unterschied zwischen diesen Technologie-Stacks und der jetzt angekündigten Integration von Apples Core ML ist die Tatsache, dass Core ML lokal läuft.
Bei der Nutzung von Machine Learning als Cloud-Service in der App gibt es nämlich einen entscheidenden Nachteil: Eine schnelle und stabile Netzwerkverbindung ist Voraussetzung für die ordnungsgemäße Funktion der App.Und gerade in vielen Geschäftsszenarien sind solche Internetverbindungen nicht immer garantiert, beispielsweise bei der Reparatur von Maschinen im Inneren von Gebäuden. In solchen Szenarien kommt nun Core ML zum Einsatz. Die ML-Bibliothek von Apple wurde auf der WWDC 2017 vorgestellt und ermöglicht es, dass Entwickler maschinelles Lernen einfach in die Apps integrieren können. Nun soll es eine noch engere Verbindung mit den bestehenden SDK von SAP geben.
"Fast Start"-Pakete unterstützen die schnelle Integration
Neben dem bestehenden SAP Cloud Plattform SDK für iOS bietet SAP nun sogenannte "Fast Start"-Pakete an, die von ausgewählten Partnern bereitgestellt werden. Das Ziel dabei ist es bewährte Lösungen schnell und kostengünstig umsetzbar zu machen.
Derzeit gibt es neun Angebote von sechs Partnern, die vier Branchen bedienen. Darunter vor allem Branchen die sich durch einen eher geringen Einsatz von Maschinellem Lernen bisher auszeichnen: Einzelhandel, Konsumgüter, Fertigungs- und Versorgungsunternehmen. Die "Fast Start"-Pakete beinhalten dabei eine komplette iOS App oder zumindest wiederverwendbare App-Bausteine, die Dokumentation des zugehörigen Geschäftsprozesses und eine Integrationsunterstützung.
SAP auf dem Mac
Aufbauend auf dem Erfolg seiner iOS-Bemühungen kündigte SAP zudem auch an, das App-Angebot auf den Mac und MacOS auszuweiten. Dazu soll eine Reihe neuer Apps erscheinen, die in Hinblick auf Leistungsfähigkeit und Benutzerfreundlichkeit SAPs iOS-Anwendungen entsprechen. Die neuen nativen Anwendungen für MacOS sollen dazu genutzt werden, die positive Nutzererfahrung der bestehenden SAP iOS-Apps auf die Desktop-Welt auszuweiten. In Zeiten, wo die großen Technologiefirmen wie IBM oder Google allesamt eine massive Ausweitung des Einsatzes von Mac bekannt geben, und 3 von 4 Mitarbeitern einen Mac wählen würden (wenn sie denn gefragt würden), scheint das nur ein logischer Schritt zu sein. (mb)