SAP hat zum Auftakt seiner TechEd-Konferenz Anfang Oktober in Las Vegas einen Vorstoß in Sachen Blockchain gestartet. Dazu gehören neue Services, mit deren Hilfe Anwender Blockchains einfacher in ihre Infrastrukturen integrieren könnten. Sogenannte Netzwerk-Erweiterungsservices sollen Anwender in die Lage versetzen, unterschiedliche Blockchain-Infrastrukturen miteinander zu integrieren. Das umfasst SAP zufolge die eigenen Blockchain-Knoten und Anwendungen wie auch solche in Cloud-Infrastrukturen anderer Anbieter beziehungsweise on premise betriebene Blockchains.
Die Anbindung an verschiedene Blockchain-Technologien funktioniert über eine Abstraktionsschicht, die SAP in seine eigene Plattform einbaut, erläutert Torsten Zube, bei SAP verantwortlich für den Bereich Blockchain. Die Adapter zu den einzelnen Blockchain-Technologien würden je nach Kundennachfrage gebaut. Eine wichtige Rolle an dieser Stelle sollen die SAP-Partner spielen. Neben der erweiterten Integration will SAP mit seiner Blockchain-Plattform künftig auch das Quorum-Protokoll unterstützen, eine auf Unternehmensbelange ausgerichtetete Version von Ethereum. Quorum ergänzt den bis dato verfügbaren Support von Hyperledger Fabric und MultiChain.
SAP will sich nicht auf eine Technik festlegen
Zube betont, dass sich SAP an dieser Stelle Technologie-agnostisch am Markt positionieren möchte. "Wir wollen unseren Kunden eine größtmögliche Flexibilität bieten", sagt der Manager und verweist darauf, dass es derzeit noch viele unterschiedliche Blockchain-Techniken am Markt gibt. Von der Vision eines Standards für das Blockchain-Protokoll sei man noch weit entfernt. Aber schließlich befinde sich die Blockchain-Technologie auch noch in einem frühen Entwicklungsstadium. Wichtig sei aus SAP-Sicht, sich nicht auf eine Technologie festzulegen. "Die Technik muss egal und die Blockchain offen sein", fordert Zube.
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Neben den technischen Erweiterungen baut SAP am Ökosystem rund um seine Blockchain-Plattform. Zwei neue Gruppen im Rahmen des Blockchain Consortium Program sollen sich mit Einsatzszenarien für den Pharma- und Medizinbereich beschäftigen sowie für den Agrar-Bereich, Konsumgüterhersteller und Händler. In beiden Gruppen dürfte es vor allem um Fragen der Nachverfolgbarkeit von Produkten gehen. Für die Pharmaindustrie dreht es sich beispielsweise darum, die Echtheit von Medikamenten belegen und Fälschungen aus dem Verkehr ziehen zu können, beschreibt Zube einen Praxiseinsatz. Im Handel könnte die Blockchain dazu beitragen, das Vertrauen der Verbraucher zu verbessern, indem sicher und transparent nachgewiesen wird, wie bestimmte Produkte produziert wurden.
Blockchain löst nicht alle Probleme
Zube warnt an dieser Stelle allerdings vor Euphorie. Manches Unternehmen habe geglaubt, in der Blockchain eine Lösung für viele Probleme gefunden zu haben, und erlebe nun, dass sich die hohen Erwartungen nicht erfüllten. Bevor die Technik ins Spiel komme, solle man das zu lösende Problem verstehen und pragmatisch angehen. In vielen Fällen könne sich heraustellen, dass andere Techniken besser geeignet seien.
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Außerdem sollten sich Unternehmen fragen, ob angesichts technischer Limitierungen wirklich sämtliche Daten in eine Blockchain geschrieben werden müssten. "Blockchain ist eben kein Massendatenspeicher", stellt Zube klar und räumt ein, dass viele aktuelle Blockchain-Technologien noch weiterentwickelt werden müssen, um die Enterprise-Anforderungen abdecken zu können.
IBMs Food-Blockchain geht in die Pilotphase
Neben SAP arbeiten auch andere IT-Größen mit Hochdruck an ihren eigenen Blockchain-Lösungen. Im vergangenen Jahr hat IBM seine Food Trust Solution gestartet, um mittels Blockchain-Technik die Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln zu verbessern. Mittlerweile haben sich etliche Handelsgrößen der IBM-Initiative angeschlossen, darunter die SAP-Kunden Walmart, Nestlé und Unilever.
Speziell Walmart treibt den Blockchain-Einsatz voran. Nach einer ersten Pilotphase Anfang des Jahres mit Mangos und Schweinefleisch hat der US-Retailer nun eine auf Hyperledger basierende Blockchain für 25 Produkte von zehn Zulieferern in Betrieb genommen – die Palette reicht von Geflügel über Beeren bis hin zu Jogurt. Die ersten Ergebnisse scheinen vielversprechend. Firmenangaben zufolge dauert es statt sieben Tagen nur noch 2,2 Sekunden, um den Weg einer Ware vom Laden bis zum Hersteller zurückzuverfolgen. Damit ließen sich Probleme mit Lebensmitteln deutlich schneller identifizieren und entsprechend Gegenmaßnahmen einleiten. Jährlich erkranke einer von zehn Verbrauchern weltweit aufgrund von verdorbenen oder mit Schadstoffen verunreinigten Lebensmitteln, sagen die Walmart-Verantwortlichen. 400.000 verlören ihr Leben.
Zunächst müssen aber noch etliche Fragen rund um die Technologie beantwortet werden. Beispielsweise wie die Daten in die Blockchain kommen – ob es dafür verschiedenste Konnektoren zu unterschiedlichen Backendsystemen in der Supply Chain braucht oder zentralisierte Daten-Onboarding-Services eines Providers. Und zuletzt muss die Technik skalieren. Schließlich hantieren die großen Händler mit Zehntausenden von Produkten und einer Phalanx an Zulieferern.