SAP hat angekündigt, den US-amerikanischen Softwarehersteller Gigya übernehmen zu wollen. Gigya ist auf Lösungen für das Identity- und Access-Management (IAM) von Kundendaten spezialisiert, mit deren Hilfe Unternehmen die Beziehungen zu ihren Kunden effizienter und vor allem auch sicherer verwalten können sollen. Auf Basis der Gigya-Plattform ließen sich Kundenprofile erstellen, anhand derer Marketing-, Vertriebs- und Serviceabteilungen bessere Einblicke in die Kundenhistorie sowie deren Vorlieben und Präferenzen erhielten, hieß es in einer offiziellen Erklärung SAPs zur Bekanntgabe der Übernahmeabsichten.
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Um ein möglichst genaues und detailliertes Bild der Kunden zu gewinnen, könnten Anwender auf Basis der Gigya-Lösung Kundendaten über verschiedene Kanäle hinweg sammeln und auf der Plattform zu einem Gesamtbild zusammenfügen. Die Kunden, über deren Verhalten Informationen gesammelt werden, behielten dabei jederzeit Transparenz und Kontrolle über ihre Daten, versprechen Vertreter des deutschen Softwarekonzerns. Darüber hinaus könnten Anwenderunternehmen mit Hilfe der Gigya-Software verschiedene Privacy-Regularien bezüglich des Handlings sensibler Daten abbilden, hieß es. Gerade der zuletzt genannte Aspekt dürfte für viele Anwenderunternehmen, die sich derzeit auf die EU-Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO) vorbereiten müssen, immer wichtiger werden.
Es geht um das Vertrauen der Kunden
Mit dem Deal treffen sich keine Unbekannten. SAP und Gigya arbeiten bereits seit 2013 zusammen. So gibt es bereits einen Konnektor, der SAPs Kundenmanagement-Lösung Hybris mit der Gigya-Plattform verknüpft. Mit der Übernahme sollen die Softwarelösungen beider Hersteller offenbar noch stärker miteinander verzahnt werden. Gigya bringe viel Expertise und Erfahrung mit, um die Kundenprofil-Werkzeuge in SAPs Hybris-Lösung zu erweitern, sagte Carsten Thoma, Präsident und Mitbegründer von SAP Hybris. Das Vertrauen der Kunden sei heutzutage schließlich die wichtigste Währung für den Erfolg kundenorientierter Organisationen.
- In zehn Schritten zum IAM
Softwarelösungen für das Berechtigungs-Management, so genannte Identity-Access-Management-Systeme (IAM), haben sich von ihrem früheren reinen IT-Fokus gelöst. Zwar werden über Single-Point-of-Administration, HR-gestütztes Provisioning und rollenbasierte Zugriffskontrolle nach wie vor Kostensenkung und effizientes Benutzermanagement realisiert. Bei den heutigen IAM-Systemen handelt es sich aber vor allem um Business-Collaboration-Plattformen, die auf eine umfassendere Beteiligung der Fachabteilungen an der Zugriffsverwaltung setzen. <br /> Sie eröffnen erweiterte Möglichkeiten für die Umsetzung von Regularien, Gesetzesvorgaben und des Risikomanagements. IAM wird damit zur tragenden Säule im Rahmen der Governance-, Risk- & Compliance-Strategie (GRC) eines Unternehmens. Der folgende 10-Punkte-Plan gibt einen Überblick, worauf bei der Einführung eines IAM-Systems zu achten ist. - Gemischte Projektteams aus IT und Business
IAM ist längst kein reines IT-Thema mehr. Meist können nur Personen außerhalb der IT, die über umfassende Kenntnisse der internen Geschäftsprozesse und der Organisation verfügen, die erforderlichen Informationen zu wesentlichen Aspekten beisteuern: Rollenkonzepte, Genehmigungsstrukturen, Erwartungen an die Nutzeroberflächen oder auch was Barrieren zwischen einzelnen Abteilungen angeht. <br />Projektteams zum Aufbau eines IAM-Systems sollten deshalb stets aus Kompetenzträgern sowohl aus der IT als auch aus dem Business bestehen. - Ziele definieren
Klar definierte Ziele und Dienstleistungen sowie ein eng gesteckter Rahmen zu deren Planung und Überwachung sind Erfolgsfaktoren eines jeden IAM-Projektes. Dies wiederum erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen erfahrenen Mitarbeitern sowohl beim Anwender als auch dem implementierenden IAM-Hersteller. <br />Es ist daher sicherzustellen, dass alle Daten und Ziele miteinander vereinbart und von jedem am Projekt Beteiligten verstanden werden, bevor die Einführung beginnt. Jede spätere Anpassung verlängert das Projekt unnötig, sowohl zeitlich als auch hinsichtlich des Budgets. - Vor Start des Projektes: Aufräumen!
Hohe Datenqualität ist der Schlüssel für erfolgreiches Identity Access Management. Diese Ausgangssituation ist aber keineswegs selbstverständlich, wenn ein entsprechendes Projekt aufgesetzt wird. Viele Unternehmen pflegen die Zugangsberechtigungen für ihre Beschäftigten oft mehr schlecht als recht; nicht selten herrscht beim Thema Rechteverwaltung ein großes Durcheinander. Die Folgen sind fehlende Verbindungen zwischen Konten und den Nutzern, verwaiste Konten, Rechtschreibfehler, etc. <br />Jedes IAM-Projekt beginnt daher mit einer Konsolidierung der User-IDs, bei der die Benutzerkonten ihren Besitzern zugewiesen werden. So spürt man im ersten Schritt sehr schnell verwaiste Konten auf. - Umsetzung in Phasen
Eine IAM-Lösung sollte sowohl alle unternehmensweiten IT-Systeme integrieren können als auch ausreichend skalierbar hinsichtlich der Anzahl der einzubindenden Nutzer sein. Doch muss dies alles nicht auf einmal umgesetzt werden; sinnvoller ist es, das Projekt in erreichbare Zwischenziele aufzuteilen und diese Schritt für Schritt abzuarbeiten.<br /> In der ersten Phase wird dabei nur eine begrenzte Anzahl von Zielsystemen angebunden – idealerweise die wichtigsten; die Anwender nutzen zunächst nur Standardfunktionalitäten. Erste Erfolge sind dadurch schneller sichtbar, was letztlich zum schnelleren Erreichen der vollständigen Projektziele führt. - Anschluss des HR-Systems
Probleme im Bereich der Rechteverwaltung resultieren oft aus unzureichender Koordinierung zwischen Human Resources und IT-Abteilung. Meldet das HR-Team Änderungen in der Personalstruktur oder bei den Stellenbezeichnungen der IT zu spät oder sogar gar nicht, kann dies schwerwiegende Folgen haben: Personen erlangen Zugang zu Konten, obwohl sie aufgrund ihrer neuen Rolle gar kein Recht mehr dazu hätten – oder weil sie das Unternehmen sogar ganz verlassen haben. <br />Eine manuelle, nicht automatisierte Informationspolitik und dezentrales Arbeiten tragen noch dazu bei, dass sich Fehler in den Berechtigungsstrukturen schnell und unkontrolliert ausbreiten. Das HR-System sollte deshalb als erstes mit dem IAM-System verbunden werden, um hier zu einer Automatisierung zu gelangen und damit Sicherheit und Kontrolle zu gewährleisten. - Customizing auf ein Minimum reduzieren
Führende IAM-Anbieter verkaufen nicht bloß ein Toolkit. Basierend auf der Erfahrung aus vielen realisierten Projekten, sind vorkonfigurierte Standardsysteme vielmehr nach dem Best-of-Breed-Ansatz konzipiert. Auf Standardszenarien verzichten, um ein System möglichst individuell an die Gegebenheiten eines Unternehmens anzupassen, sollte deshalb die Ausnahme bleiben. <br />In einem Standardprodukt spiegelt sich bereits das langjährig erworbene Wissen eines Herstellers um die verschiedensten Herausforderungen im IAM-Umfeld und die jeweils beste Lösung wider. Der Einsatz von Standardkomponenten reduziert zudem auch Implementierung und Wartungskosten auf ein Minimum. <br />Kunden sollten sorgfältig prüfen, ob es statt aufwändigem Customizing nicht sinnvoller wäre, die vorgeschlagene Vorgehensweise eines Standardproduktes zu übernehmen und die eigenen Strukturen hinsichtlich der Prozesse, Terminologie und Verantwortung anzupassen. - Rollen implementieren
Das Bündeln von Zugriffsrechten in so genannten "Rollen" reduziert den Administrationsaufwand erheblich und stellt die Grundlage für eine Automatisierung im Bereich der Rechtevergabe dar. Eine Rolle ist die Sammlung einzelner Zugangsrechte, die für eine bestimmte Funktion oder Aufgabe im Unternehmen erforderlich sind.<br /> Role-Mining-Tools bieten Hilfe bei der Definition von Rollen und deren Optimierung über einen kontinuierlichen Prozess hinweg. Hier ist jedoch Vorsicht geboten: Die Einführung von Rollen erfordert mehr als eine einmalige Definition von "Zugriffsrecht-Clustern". - Rollenverantwortliche festlegen
Rollen sind lebende, wandelbare Strukturen, die einem ständigen Überwachungs- und Anpassungsprozess unterliegen sollten. Deshalb benötigen sie einen zugewiesenen Besitzer, der die Verantwortung für ihre saubere Ausgestaltung übernimmt. Er muss die Rollen regelmäßig dahingehend überprüfen, ob aufgrund von Veränderungen in der Organisation oder der IT-Systeme Anpassungen notwendig sind. <br />Was für die IAM-Einführung im Großen gilt, hat deshalb auch für das Thema Rollen Relevanz: Aufteilen eines Rollenprojektes in kleine Teilziele, Einbeziehung von sowohl Business- wie IT-Verantwortlichen. - Top-down-Vorgehen
Ein Risikobewertungssystem ist ein leistungsfähiges Werkzeug, um die einzelnen Objekte im Access Management – Benutzer, Rollen und Konten – in eine sinnvolle Rangfolge abhängig von ihrer Relevanz zu bringen. Ein solches System jedoch für die gesamte Struktur der Zugriffsrechte zu implementieren, kann zu einem zeitaufwändigen und ressourcenintensiven Projekt führen. <br />Es empfiehlt sich ein Top-down-Ansatz, bei dem die Aufmerksamkeit zunächst auf wichtige Aspekte in einem frühen Stadium des IAM-Betriebs gerichtet wird. Zu einer vollständigen Risikobewertung kann das Unternehmen dann im Laufe der Zeit aufschließen. - Schnellere Erfolge auf Fachabteilungsebene
Treiber eines IAM-Projektes sind in der Praxis oft Wirtschaftsprüfer oder IT-Manager. Um eine Akzeptanz über alle Unternehmensbereiche hinweg zu erreichen, sollte ein Anwenderunternehmen im frühen Projektstadium bereits solche Funktionen evaluieren, die sich an den Wünschen und Bedürfnissen des einzelnen Anwenders orientieren. <br />Warum nicht die verfügbaren vorkonfigurierten Workflows für Anfrage oder Passwort-Reset schon einmal anbieten, anstatt damit zu warten, bis die Lösung bei Projektende zu 100 Prozent implementiert ist? Mit diesem Ansatz wird der Nutzen eines IAM-Systems schnell im praktischen Arbeitsalltag für alle – vom Anwender bis zum Management – spürbar, was ein wichtiger Baustein für den Gesamterfolg des IAM-Projektes ist. - Realistisch bleiben
Der 10-Punkte-Plan verdeutlicht es: Moderne IAM-Systeme binden Fachabteilungen ein und verschaffen eine am Geschäftsprozess ausgerichtete und verständliche Sicht auf Identitäten und deren Rechte.<br /> Die Bäume wachsen auch beim Thema Identity Access Management nicht in den Himmel. Erfolgreich sind solche Projekte, bei denen sich die Beteiligten realistische Zwischenziele setzen und Stück für Stück zu einem unternehmensweiten IAM-System vorarbeiten. <br />Dieses erfüllt dann seinen eigentlichen Zweck: die Umsetzung der GRC-Strategie des Unternehmens.
Die Kombination der Kundenprofil-Tools von SAP Hybris mit den IAM-Funktionen von Gigya erlaube es, Kundenaktivitäten über verschiedene Kanäle hinweg genauer zu erfassen und somit facettenreichere Kundenprofile zu gewinnen, ergänzte Patrick Salyer, CEO von Gigya. Für die Unternehmen sei entscheidend, ein möglichst exaktes Bild über das Verhalten der eigenen Kunden zu erhalten, um die richtigen Entscheidungen für die eigenen Entwicklungs- und Marketingaktivitäten treffen zu können.
Fragezeichen hinter den anderen Gigya-Partnerschaften
Gigya verwaltet mit seiner Plattform nach eigenen Angaben bereits rund 1,3 Milliarden Kundenidentitäten für mehr als 700 Kunden, darunter Unternehmen wie L'Oreal, Forbes und die Lufthansa. Darüber hinaus unterhält Gigya Partnerschaften zu zahlreichen anderen Softwareherstellern wie beispielsweise Adobe, IBM, Oracle und Salesforce, die auch im Wettbewerb zu SAP stehen. Was aus diesen Kooperationen nach einer möglichen Übernahme durch SAP wird, steht derzeit noch in den Sternen.
Gigya hat eigenen Angaben zufolge rund 300 Mitarbeiter und ist im kalifornischen Mountain View beheimatet. Das Unternehmen soll, sofern der Deal durchgeht und von den Behörden abgesegnet wird, in SAPs Hybris-Geschäftseinheit eingegliedert werden. Die Verantwortlichen beider Unternehmen gehen davon aus, dass die Übernahme bis Ende dieses Jahres abgeschlossen sein wird. Finanzielle Einzelheiten des Deals wurden nicht bekannt gegeben. Allerdings wird in verschiedenen Online-Publikationen wie Techcrunch, die sich auf mit dem Deal vertraute Personen berufen, ein Preis von etwa 350 Millionen Dollar kolportiert.