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Projektberichte in Zusammenarbeit mit SAP

SAP HANA Enterprise Cloud beflügelt Digitalstrategie

18.07.2016
Von 
Dr. Andreas Schaffry ist freiberuflicher IT-Fachjournalist und von 2006 bis 2015 für die CIO.de-Redaktion tätig. Die inhaltlichen Schwerpunkte seiner Berichterstattung liegen in den Bereichen ERP, Business Intelligence, CRM und SCM mit Schwerpunkt auf SAP und in der Darstellung aktueller IT-Trends wie SaaS, Cloud Computing oder Enterprise Mobility. Er schreibt insbesondere über die vielfältigen Wechselwirkungen zwischen IT und Business und die damit verbundenen Transformationsprozesse in Unternehmen.
Den Thomas Cook Group Airlines eröffnet SAP HANA Enterprise Cloud neuen Spielraum, um Prozesse wie die Veranstalterabrechnung zu standardisieren, zu automatisieren und zu digitalisieren und die SAP-BW-Landschaft zu konsolidieren. Durch die SAP HANA Cloud wird nun bei Analyseabfragen der Turbo gezündet.

Die Deutschen gelten als Reiseweltmeister: In wohl keinem anderen Land ist das Selbstverständnis vom gepflegten Urlaub so tief verankert. Im Schnitt 20,6 Tage soll jeder Bundesbürger 2015 privat gereist sein. Das ermittelte der Tourismusindex des Bundesverbandes der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW). Viele Urlauber buchen ihre Reise bei einem Touristikveranstalter, was der Thomas Cook Group gute Geschäftschancen eröffnet.

Der britische Konzern - der Gründer und Namensgeber Thomas Cook gilt als Erfinder der Pauschalreise - deckt die gesamte Wertschöpfungskette des Reisens ab, vom Vertrieb über den Flug bis hin zum Hotel. In Kontinentaleuropa sind die Aktivitäten in der Thomas Cook AG gebündelt, die in Deutschland unter anderem mit den Reisefirmen Neckermann, Öger Tours und dem Ferienflieger Condor vertreten ist.

Mit der SAP HANA Enterprise Cloud konsolidierte Thomas Cok Group Airlines das Business Warehouse.
Mit der SAP HANA Enterprise Cloud konsolidierte Thomas Cok Group Airlines das Business Warehouse.
Foto: SAP SE

Travel 4.0: Reisen im digitalen Wandel

Doch der globale Reisemarkt ist volatil und der Wettbewerb hart, denn die Konkurrenz schläft nicht. Der Touristikkonzern muss an vielen Stellschrauben drehen, um seine Position zu stärken - unter anderem durch die Weiterentwicklung des Geschäfts, die Einführung neuer Reiseprodukte und die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse in allen Bereichen.

Der digitale Wandel - Stichwort "Travel 4.0" - verschärft die Notwendigkeit zur Veränderung zusätzlich. Der Kunde will seine Reisen heutzutage unabhängig von Geschäftsöffnungszeiten online zusammenstellen und buchen - am Desktop wie auch mobil per Smartphone und Tablet. Von seinem Reiseanbieter erwartet er daher Präsenz auf allen Kanälen, online wie offline, und rund um die Uhr sowie digitale Begleitung vor, während und nach der Reise.

Will der Reisekonzern, der 2015 mit rund 29.000 Beschäftigten einen Umsatz von mehr als elf Milliarden Euro erwirtschaftete, die Wünsche des "digitalen Kunden" bestmöglich erfüllen, muss er am Markt wendig wie ein Schnellboot agieren. Den damit verbundenen Herausforderungen begegnet die Thomas Cook Group mit einer Digitalstrategie und Changemanagement-Initiativen. Für die Umsetzung hat das Topmanagement eigens die Position eines Chief Digital Officer (CDO) geschaffen und ein Digital Advisory Board (DAB) installiert.

Prozesse konsolidieren, standardisieren und automatisieren

"Die Agilität und Flexibilität, die das digitale Business erfordert, entstehen unter anderem durch die Konsolidierung, Harmonisierung und Automatisierung der Geschäftsprozesse", sagt Peter Hauptvogel, Director IT, Thomas Cook Group Airlines. Auf diesem Weg sind die vier lokalen Thomas Cook Group Airlines in Deutschland (Condor Flugdienst), Belgien, Großbritannien und Skandinavien in den letzten Jahren ein gutes Stück vorangekommen.

Peter Hauptvogel, Director IT bei Thomas Cook Group Airlines.
Peter Hauptvogel, Director IT bei Thomas Cook Group Airlines.
Foto: Thomas Cook AG

Laut Peter Hauptvogel sollen die Group Airlines nach und nach zu einer Art virtueller Airline zusammengeführt werden. Zu diesem Zweck hat man kommerzielle Kernprozesse wie die Flugreservierung und -buchung vereinheitlicht und zentral auf einer IT-Plattform, der Amadeus Altéa Suite, gebündelt. "Die Abwicklung der kommerziellen Abläufe erfolgt heute zu 95 Prozent automatisiert", verdeutlicht Hans Dresler, Head of Airline IT-Delivery, Thomas Cook AG.

Hans Dresler, Head of Airline IT-Delivery bei der Thomas Cook AG.
Hans Dresler, Head of Airline IT-Delivery bei der Thomas Cook AG.
Foto: Thomas Cook AG

Parallel dazu konsolidierte man die Abrechnung von Leistungen, die Group Airlines für Reiseveranstalter erbringen - Vertragspartner sind konzerneigene Veranstalter wie auch eine große Zahl externer Tourismusanbieter - organisatorisch in einem Shared Service Center. Ziel dieser Anforderung aus dem Business war es, bei der Veranstalterabrechnung einen hohen Grad an Prozessstandardisierung zu erzielen, die Effizienz zu steigern und Kosten zu senken.

Veranstalterabrechnung: SAP-Software ist erste Wahl

Bis dato führte jede Fluggesellschaft diesen Finanzprozess auf ihre eigene Weise durch und bildete ihn auch jeweils in einer eigenen IT-Lösung ab. "Zwar ging es primär um eine Prozesskonsolidierung, doch um die Veranstalterabrechnung Airline-übergreifend einheitlich und IT-gestützt durchführen zu können, mussten wir die diversen Alt-Anwendungen durch eine neue, integrierte Lösung ersetzen", erläutert Peter Hauptvogel. Gesagt, getan. Die neue Abrechnungslösung basiert nun auf der Vertriebsanwendung (SD) von SAP ERP. Das Besondere daran: Die Applikation wird auf einer dedizierten HANA-Instanz in SAP HANA Enterprise Cloud (SAP HEC) betrieben und den Endanwendern in Form eines Managed Cloud Service bereitgestellt.

"Für die Veranstalterabrechnung war die SAP-Software unsere erste Wahl. Es handelt sich dabei um einen Finanzprozess, den wir so eng an die Abläufe in unserem Rechnungswesen heranrücken können, die in einer SAP-ERP-Anwendung abgebildet sind", verdeutlicht Hans Dresler. Da nun alle für die Abrechnung erforderlichen Daten zentral in der secured SAP-Cloud gespeichert sind statt in vier unterschiedlichen Systemen, kann auch das zeitaufwendige manuelle Zusammenführen von Abrechnungsdaten aus den einzelnen Airlines entfallen.

Schnelle Datenverarbeitung in SAP HEC

Für den Betrieb der SAP-basierten Abrechnungslösung war SAP HANA Enterprise Cloud das Mittel der Wahl. Laut Peter Hauptvogel überzeugten unter anderem die Flexibilität und Skalierbarkeit, mit der sich IT-Ressourcen anpassen lassen, das attraktive Preismodell und die Zukunftsfähigkeit der SAP-Cloud. "Schließlich wollen wir das System in zwei oder drei Jahren nicht schon wieder neu aufbauen." Da SAP auch alle Supportleistungen erbringt, muss sich die interne IT weder um die Administration noch um die Wartung der SAP-basierten Abrechnungssoftware kümmern.

Auch in puncto Performance überzeugte SAP HEC. Da die Veranstalterabrechnung auf einer SAP-HANA-In-Memory-Datenbank in der Cloud erfolgt, können die Daten in hoher Geschwindigkeit verarbeitet werden. Das ist ein durchaus geschäftskritischer Aspekt, da für das Erstellen der Abrechnungen, die immer komplizierter werden, viel Geschäftslogik erforderlich ist. Nicht nur Vertragskonditionen wie feste oder flexible Abnahmekontingente oder Sonderregelungen in Bezug auf Rabatte und Abrechnungsmodalitäten gilt es zu berücksichtigen, sehr beliebt ist inzwischen auch das dynamische Paketieren. Dabei wird eine Reise aus aktuell verfügbaren Bestandteilen - Flug, Hotel und Transfer - zu einem Pauschalpaket kombiniert, dessen Gesamtpreis zum Zeitpunkt der Buchungsanfrage ermittelt wird, wobei die einzelnen Leistungen separat verrechnet und verbucht werden müssen.

Moderne Oberfläche vereinfacht Bedienung

Um noch größeren geschäftlichen Nutzen zu generieren, stattete man die neue Lösung mit webbasierten SAP-Fiori-Apps aus, die Prozesse und Kennzahlen auf einer modernen HTML5-(SAPUI5)-Oberfläche visualisieren. "Die Endanwender im Verkauf und im Accounting schätzen die intuitive Bedienung, denn sie kommen nun geschmeidig und deutlich schneller an die benötigten Informationen - egal ob am Desktop oder mobil per Smartphone oder Tablet", erläutert Hans Dresler.

Die Mitarbeiter im Verkauf etwa können aktuelle Kennzahlen (KPIs) oder Auswertungen zu einem Vertragspartner jederzeit im Rahmen ihrer Rolle und Berechtigung abrufen, auch mobil vor Ort, und gehen so bestens vorbereitet in Gespräche oder Verhandlungen. Vorbei sind die Zeiten, in denen Informationen erst zeitaufwendig von der Buchhaltung extrahiert und bereitgestellt wurden, heute genügt dafür ein Knopfdruck. Auch das Management-Reporting hat spürbar an Effizienz gewonnen, denn alle relevanten KPIs sind übersichtlich in einer Bildschirmmaske dargestellt und lassen sich von hier aus per Drill-down bis auf die gewünschte Detailtiefe verfeinern und analysieren.

Abfragen um das 60-Fache beschleunigt

Doch damit nicht genug: Die bestehende SAP-Business-Warehouse-Landschaft (SAP BW) der Group Airlines ist jetzt ebenfalls in SAP HEC konsolidiert. Dort werden auf einer weiteren Instanz in einem zentralen SAP BW, das neben den Fluggesellschaften auch die Veranstalter von Thomas Cook nutzen, die Daten von etwa 70 Millionen Kunden aus den letzten zehn Jahre verwaltet - eine enorme Datenmenge. "Für uns war es spannend, zu beobachten, wie der Wechsel auf SAP HANA die Leistung des Business Warehouse erhöht hat", sagt Hans Dresler. Die Resultate sprechen für sich, denn bei Datenanalysen zündet nun der Turbo: Die Antwortzeit bei Abfragen hat sich im Vergleich zu früher um mehr als das 60-Fache beschleunigt. Musste man vorher rund 20 Minuten veranschlagen, bis ein gewünschter Bericht vorlag, ist die Abfrage heute in weniger als 20 Sekunden erledigt.

Im Übrigen hat sich allein die Investition in den Aufbau eines zentralen Business Warehouse für die Group Airlines in der SAP-Cloud bereits amortisiert. Peter Hauptvogel erklärt warum: "Die Fluggesellschaften in Deutschland, England und Belgien haben für die Analyse und das Reporting eigene SAP-BW-Systeme eingesetzt, die jeweils verschiedene Releasestände hatten. Allein die drei BW-Installationen auf denselben Stand zu bringen wäre teurer gewesen als der Umzug auf SAP HANA." Einen Sonderfall bildet lediglich die Thomas Cook Airlines Scandinavia, die statt SAP BW eine Microsoft-Navision-Lösung einsetzt. Doch mit SAP HEC lassen sich die SAP-BW-Daten, die für Analysen benötigt werden, problemlos in ein für Navision lesbares Format konvertieren und exportieren, was vorher nicht möglich war.

Sicherer und hochverfügbarer Cloud-Betrieb

Der Knackpunkt beim Betrieb der Abrechnungslösung und des BW-Systems in der SAP-Cloud ist der Schutz der Geschäftsdaten und ihre Integrität; zugleich erwarten Endanwender, dass Informationen rund um die Uhr jederzeit verfügbar sind. Das Tier-4-Rechenzentrum von SAP erfüllt jedoch alle Anforderungen im Hinblick auf die physische Sicherheit und die Verfügbarkeit der Daten. Da es in Deutschland betrieben wird, ist außerdem Rechtssicherheit gewährleistet; für die Verantwortlichen ein wichtiger Aspekt, denn die Datenverarbeitung erfolgt somit auch nach den strengen Regeln des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG).

Sportlichen Zeitplan eingehalten

Federführend bei der Durchführung beider Projekte war der Unternehmensbereich Airline - mit Unterstützung von SAP Consulting. "Diese Entscheidung erwies sich als absolut richtig, vor allem im Hinblick auf den Applikationsbetrieb in SAP HANA Enterprise Cloud, der für uns Neuland war. Schließlich kennen die SAP-Berater ihre eigene Technologie am besten", sagt Hans Dresler. Zudem konnte man bei der Entwicklung der Abrechnungslösung Kompetenzen bündeln: das Know-how von SAP Consulting in Bezug auf die Vertriebsanwendung in SAP ERP und das spezifische Prozesswissen des internen Projektteams.

Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase arbeiteten die am Projekt beteiligten Personen schnell Hand in Hand. "Anders wäre der sportliche Zeitplan gar nicht einzuhalten gewesen", stellt Peter Hauptvogel fest. Im September 2015 hatte der Aufbau der Abrechnungslösung samt der dreistufigen Systemlandschaft in der SAP-Cloud begonnen, nach drei Monaten, im Januar 2016, ging das erste Modul der neuen Lösung in Betrieb. Danach erfolgte - ebenfalls innerhalb von drei Monaten - die Konsolidierung der BW-Landschaft in SAP HEC, für die die SAP-Berater Migrationsservices und ausgearbeitete Projektpläne lieferten. Nachgezogen wird jetzt das Thema "Airport Sales".

Mit SAP HANA neue Ziele im Visier

Mit dem bisher Erreichten gibt man sich jedoch nicht zufrieden. "Nach dem Einstieg in SAP HANA Enterprise Cloud werden wir weitere Möglichkeiten zur Prozess- und Performanceoptimierung ausloten", umreißt Peter Hauptvogel das Vorgehen. Ansatzpunkte dafür sieht er etwa im Bereich "Air Shoppen", wo der Kunde vor dem Flug steuerfrei Produkte kauft, die dann direkt an Bord geliefert werden, oder bei der firmeneigenen Reise-App und der Webseite Travelguide. Aufgrund der positiven Erfahrungen ist auch der Einsatz weiterer SAP-Fiori-Apps geplant.

Zudem denken die Verantwortlichen darüber nach, wie das vorhandene Wissen über die Kunden für Mehrwertdienste etwa in Form maßgeschneiderter Zusatzinformationen oder Angebote genutzt werden kann. Geprüft werden auch die Optionen von SAP HANA Cloud Platform im Hinblick auf die Entwicklung und Einführung neuer Anwendungen. Erste Designtests sind bereits erfolgreich abgeschlossen.

AUF EINEN BLICK

Unternehmen: Thomas Cook Group

Branche: Touristik

Ziel/Art des Projekts: Konsolidierung, Standardisierung und Automatisierung der Veranstalterabrechnung und Vereinheitlichung der SAP-Business-Warehouse-Landschaft bei den Thomas Cook Group Airlines

Lösung: Entwicklung einer Abrechnungslösung auf Basis der Vertriebsanwendung in SAP ERP mit SAP Fiori als neuer Bedienoberfläche

Implementierungspartner: Umsetzung des Projekts mit SAP Consulting

Bisherige Systemumgebung: Eigenentwickelte Lösungen für die Veranstalterabrechnung, heterogene SAP-BW-Landschaft

Neue Systemumgebung: Integrierte Abrechnungslösung auf Basis von SAP ERP und konsolidierte SAP-BW-Landschaft mit Betrieb in SAP HANA Enterprise Cloud auf jeweils eigenen Instanzen

Einordnung in Digitale Transformation: Airline-Projekt ist Teil der Digitalstrategie der Thomas Cook Group

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