"Seit 50 Jahren helfen die geschäftskritischen Lösungen und das Branchen-Know-how der SAP Unternehmen in aller Welt, ihr Bestes zu geben", sagte Christian Klein, Vorstandssprecher von SAP, zum Auftakt der Kundenkonferenz Sapphire, die vom 10. bis 12. Mai in Orlando, Florida, stattfand. Klein beschrieb den hohen Veränderungsdruck in allen Industrien als größte Herausforderung für die Anwenderunternehmen. Die Lösung dafür sei eine cloudbasierte digitale Transformation. Die Kunden könnten auf diesem Wege beispielsweise ihre Lieferketten stabilisieren und ihre Geschäfte nachhaltiger gestalten.
SAP-Anwender tun sich mit Umstieg schwer
Doch das scheint leichter gesagt als getan. SAP spricht bereits seit vielen Jahren vom "Intelligent Enterprise", das Kunden mithilfe der Lösungen aus Walldorf realisieren könnten. Im Kern geht es dabei um die neue ERP-Generation S/4HANA sowie die Business Technology Platform (BTP) als Integrations- und Erweiterungsplattform, auf der sich die verschiedenen SAP-eigenen Anwendungen wie auch Lösungen von Drittanbietern verdrahten lassen sollen. Als bevorzugte Betriebsplattform für seine Software empfiehlt das SAP-Management seinen Kunden die Cloud.
Die SAP-Klientel tut sich aber nach wie vor schwer – mit dem Umstieg auf die neuen SAP-Lösungen, der Migration in die Cloud sowie der digitalen Transformationen im Allgemeinen. Das scheint mittlerweile auch in der SAP-Führungsetage angekommen. Klein beruft sich auf eine Studie der Boston Consulting Group (BCG), wonach zwar 80 Prozent der etwa 5.000 weltweit befragten Firmenlenker digitale Lösungen einsetzen, um aktuelle geschäftliche Herausforderungen zu bewältigen. Die digitale Transformation insgesamt erfolgreich umzusetzen, das schaffe jedoch nicht einmal ein Drittel der Betriebe.
Die Softwerker aus dem Badischen wollen mit ihrem vor gut einem Jahr vorgestellten Programm "Rise with SAP" gegensteuern. Mithilfe individuell konfigurierbarer Pakete aus SAPs Softwaremodulen, Services und Cloud-Infrastruktur von Partnern sollen sich Geschäftsprozesse besser gestalten lassen, verspricht SAP. Der Softwarekonzern nennt das "Business Transformation as a Service".
Prozess-Benchmarks mit Signavio
Obwohl viele Anwenderunternehmen mit dem Programm bislang noch wenig anfangen können, sprach Konzernchef Klein auf der Sapphire von einem Erfolg. Mehr als 2.000 Kunden habe man bereits für Rise gewinnen können. Davon seien 60 Prozent Neukunden gewesen. Für SAP bleibt Rise ein wichtiger Hebel, um die digitale Transformation ihrer Kunden voranzutreiben und damit auch den Absatz ihrer Softwareprodukte anzukurbeln.
Klein kündigte an, die mit der Akquisition von Signavio übernommenen Tools für Process Mining enger in Rise with SAP einzubinden. Anwender sollen so ihre eigenen Prozesse besser analysieren und einordnen können. Entsprechende Benchmarks basierten mittlerweile auf Prozessdaten von etwa 40.000 SAP-Kunden. Damit lasse sich Prozess-Transformation individuell für jeden Betrieb anpassen. Ineffizienzen in den Abläufen würden beseitigt, die Komplexität reduziert, versprach der SAP-Chef.
Trotzdem muss SAP noch genauer erklären, wie sich der digitale Umbau der Unternehmen mit Rise with SAP bewerkstelligen lassen soll. Um hier weiterzukommen, sucht das Softwarehaus nun einen engeren Schulterschluss mit den großen Beratungshäusern. Zur Sapphire kündigten SAP und Accenture an, ihre jeweiligen Programme Rise und SOAR enger zu verzahnen. Accenture hatte SOAR vor rund einem Jahr vorgestellt. Damit bündelt der Serviceanbieter verschiedene Transformationsdienste, Cloud-Angebote und Tools, die in einem As-a-Service-Modell angeboten werden.
"Viele Unternehmen werden sich in den nächsten zehn Jahren komplett neu erfinden und jeden Teil ihres Geschäfts durch Technologie, Daten und KI, neue Arbeitsweisen und Kundenkontakte sowie neue Geschäftsmodelle verändern", sagte Julie Sweet, Chairman und Chief Executive Officer bei Accenture. Gerade große Betriebe hätten oft in komplexen IT-Umgebungen mit Altsystemen zu kämpfen, die in Silos arbeiteten und Agilität, Wachstum und Innovation behinderten. Das neue gemeinsame Angebot von Accenture und SAP helfe Anwendern dabei, einen sauberen Kern auf SAP S/4HANA Cloud aufzubauen, der über die SAP Business Technology Platform mit anderen cloudnativen Geschäftslösungen erweitert und integriert werden kann.
Gesamtkonzept für die S/4HANA-Migration
Auch mit McKinsey will SAP enger kooperieren. In Orlando kündigte der Softwarehersteller eine strategische Allianz mit der Managementberatung an, die über den bisherigen Fokus auf einzelne Branchen hinausgehen IBM steigt auf S/4HANA umsoll. Ziel sei es, ein Ende-zu-Ende-Konzept für die Migration auf SAP S/4HANA anzubieten, hieß es. Kunden sollen Klein zufolge einen nachhaltigen Nutzen aus ihren Technologie-Investitionen ziehen und neue Wachstumsfelder erschließen können. "Die Zusammenarbeit von SAP und McKinsey verbindet strategisches Denken mit technischer Umsetzung", ergänzte Bob Sternfels, Global Managing Partner von McKinsey.
Diese Allianzen, mit deren Hilfe SAP ihren Lösungen den Weg ebnen möchte, sind allerdings nicht exklusiv. McKinsey bezeichnet die SAP-Kooperation als Teil seines offenen Ökosystems von Allianzen und Akquisitionen, die darauf ausgerichtet sind, seinen Kunden in einer sich schnell verändernden Welt unter die Arme zu greifen. Accentures "myConcerto"-Plattform, zentraler Bestandteil von SOAR, lotst Anwenderunternehmen auch per Oracle-Software durch unterschiedliche Bereiche ihrer Transformation hin zu intelligenten Unternehmen, sagte Narinder Chauhan, Managing Director Oracle Business Group Lead DACH bei Accenture, erst Anfang Mai in einem Blog-Beitrag auf der deutschen Oracle-Website.
IBM steigt auf S/4HANA um
IBM, ebenfalls Partner in SAPs Rise-with-SAP-Programm, migriert seine eigenen Systeme auf die neue ERP-Generation S/4HANA. Sämtliche Geschäftseinheiten in über 120 Ländern sollen auf die Private-Cloud-Edition von S/4HANA umgestellt werden. Insgesamt würden dabei über 375 Terabyte an Daten, mehr als 300 SAP- Instanzen und über 500 Server auf IBM Power-Systeme unter Red Hat Enterprise Linux (RHEL) in die IBM-Cloud migriert. Im Zuge der damit verbundenen Zentralisierung und Standardisierung von Systemen und Daten nutzt IBM selbst Rise with SAP. Um künftige Entscheidungsprozesse besser unterstützen zu können, soll das neue SAP-System mit KI-Funktionen und automatisierten Workflows unterfüttert werden.
IBMs Migration auf S/4HANA ist noch im Gange. Aktuell wird nach Angaben beider Partner IBMs Softwaregeschäft auf das neue SAP-System umgestellt. Nach Abschluss der Transformation werde beinahe der gesamte IBM-Umsatz von fast 58 Milliarden Dollar jährlich durch die SAP-Software gebucht und verwaltet, hieß es in einer Mitteilung.
"Unternehmenskunden wünschen sich mehr Auswahl und Kontrolle bei der Modernisierung ihrer geschäftskritischen Workloads", sagte Arvind Krishna, Chairman und Chief Executive Officer von IBM. "Die durch Rise mit SAP ermöglichte Business-Transformation ist aufgrund ihrer Komplexität und ihres Umfangs für beide Unternehmen ein Meilenstein." Mit dieser Erfahrung, die IBM mit der internen Nutzung von Rise with SAP mache, könne man die eigenen Kunden bei ihrer Hybrid-Cloud- und Business-Transformation besser unterstützen.