SAP-Kunden müssen sich auf höhere Preise gefasst machen. Der deutsche Konzern will offenbar seine Preise für Cloud-Dienste um 3,3 Prozent anheben. Diese Preiserhöhung soll künftig automatisch jedes Jahr stattfinden, ähnlich wie bei einer Staffelmiete, berichtet das "Handelsblatt".
"Im Cloud-Markt ist es ganz normal, dass man mit jedem Release mehr Funktionalität bietet und über die Zeit die Preise anpasst", sagte SAP-Chef Christian Klein der Zeitung. Der Vorstandsvorsitzende begründete den Schritt mit der hohen Inflation. Zudem habe SAP in den vergangenen beiden Jahren seine Preise nicht angehoben. Nun aber sei SAP mit Kostensteigerungen konfrontiert, die es abzufedern gelte. Allerdings werde man die damit verbundenen Effekte nicht in vollem Umfang an die Kunden weitergeben, betonte Klein: "Wir können den Inflationsdruck nicht eins zu eins an die Kunden weitergeben." Der Preis sei nur ein Hebel von mehreren. Darüber hinaus versuche SAP auch die internen Kostenstrukturen zu optimieren.
Auf Kundenseite ist man verärgert über die Preiserhöhungen. "Unternehmen müssen aufpassen, dass bei den Kosten für ihre SAP-Systeme nicht das böse Erwachen kommt", sagte Thomas Henzler, Vorstandsmitglied der Deutschsprachigen SAP Anwendergruppe (DSAG) und dort zuständig für den Bereich Lizenzen, Service & Support, dem Handelsblatt. Es brauche "verlässliche Mechanismen" für die Preisentwicklung. "Wir erwarten, dass die Regelung rückgängig gemacht wird," so Henzlers klare Ansage an SAP.
Anwender sorgen sich um Kostenstabilität
Das SAP-Management muss aufpassen, seine Klientel nicht zu verärgern. Der Konzern steckt in einer schwierigen Phase. Es geht noch immer darum, das eigene Geschäftsmodell vom klassischen Lizenz-Wartungsgeschäft auf ein Cloud-Abo-Modell umzustellen. Höhere Preise sind da ein eher schlechtes Verkaufsargument, zumal sich viele SAP-Anwender noch schwer tun mit dem Umstieg in die Cloud. "Die Sorge um Kostenstabilität ist in den vergangenen Jahren einer der größten Vorbehalte gegenüber der Cloud gewesen", sagt DSAG-Mann Henzler.
Die meisten Betriebe wollen das ERP-Kernsystem weiterhin im eigenen Data Center betreiben. Im Zuge der anstehenden Migration auf die neue Produktgeneration SAP S/4HANA wählt die Mehrheit den On-premises-Weg.
SAP weiß aus leidvollen Erfahrungen der Vergangenheit, wie ein Streit über Softwarepreise ausgehen kann. 2009 erhöhte SAP-Chef Leó Apotheker quasi über Nacht die Wartungsgebühren und löste damit eine Kundenrevolte aus. Letzten Endes musste der Softwarekonzern die Preiserhöhungen zurücknehmen, Apotheker räumte nach nicht einmal einem Jahr den Chefsessel bei SAP.
Immer wieder Streit um Lizenzen und Preise
Das Thema Lizenzen und Preise ist seit vielen Jahren ein Zankapfel zwischen SAP und den Anwendern. Viele Kunden klagen darüber, dass sie die Preis- und Lizenzmodelle des Anbieters nicht mehrnachvollziehen können. Schon lange fordert die DSAG hier mehr Flexibilität und Transparenz. Gerade in der Cloud brauche es atmende Lizenzmodelle, die es Anwendern ermöglichten, Ressourcen nach Bedarf zu skalieren.
Getan hat sich bislang allerdings wenig. Vom Versprechen einer wirklich verbrauchsabhängigen Abrechnung von IT-Ressourcen in der Cloud ist SAP noch weit entfernt. Kunden klagen über zu starre und unflexible Metriken. SAP trachtet wie die meisten Softwarehäuser danach, seine Kunden mit langfristig auf bestimmte Ressourcen festgelegten Cloud-Verträgen zu binden. Wenn diese jetzt über die Jahre immer teurer werden, dürfte sich so mancher Anwender noch einmal genau überlegen, ob er diesen Weg mit SAP zusammen gehen will.
SAP lockt - die Anwender zögern
Denn auch viele SAP-Anwenderunternehmen blicken mit großen Sorgen in die Zukunft. Der Krieg in der Ukraine, unterbrochene Lieferketten, Inflation und steigende Energiepreise sorgen für Alarmstimmung. Die Verantwortlichen hätten ihren Finger am roten Knopf, um geplante IT-Investitionen auf Eis zu legen, berichtete DSAG-Vorstand Henzler erst Ende April anlässlich der Vorstellung der aktuellen Investitionsumfrage. "Das ist ein herber Rückschlag, nachdem man sich nach zwei Jahren Corona gerade etwas erholt hatte."