SAP hebt den Wartungssatz für seinen Standard Support Mitte des Jahres um einen Prozentpunkt von 18 auf 19 Prozent an. Die neuen Maintenance-Konditionen gelten für alle Verträge, die Softwarekäufer nach dem 15. Juli abschließen. Laufende Wartungsverträge seien von der Preiserhöhung dagegen nicht betroffen, versichert Jens Bernotat, Vice President Strategy & Business Development Maintenance Go-To-Market bei SAP. Er begründet die Preiserhöhung damit, dass SAP dafür sorgen müsse, einen gleichbleibend hohen Support-Level zu halten und ein immer breiter werdendes Produktportfolio zu unterstützen.
Das Datum Mitte Juli falle zusammen mit dem neuen Release der SAP-Preisliste, erklärt Bernotat das Timing des größten deutschen Softwarekonzerns. Mit der Ankündigung ein halbes Jahr vorher wolle der Hersteller Transparenz schaffen und seinen Kunden die Möglichkeit geben, ihre Budgets rechtzeitig neu zu justieren. Wer in nächster Zeit die Anschaffung zusätzlicher SAP-Lizenzen mit der Standard-Support-Option plant, soll die Chance erhalten, dies rechtzeitig vor der Preiserhöhung zu tun. "Alle Standard-Support-Kunden werden dazu direkt von SAP angeschrieben und angesprochen", kündigt der SAP-Manager an.
SAP hat aus dem Wartungs-Debakel gelernt
Die SAP-Verantwortlichen tun offensichtlich alles, um ihren Kunden die Preiserhöhung möglichst vorsichtig und schonend beizubringen. In dieser Hinsicht musste der Konzern in der Vergangenheit leidvolle Erfahrungen sammeln. Mitte 2008 hatte SAP völlig überraschend mit dem Enterprise Support ein neues Pflichtmodell für alle SAP-Kunden durchdrücken wollen. Statt 18 Prozent sollten die Anwender künftig 22 Prozent vom Listenpreis an jährlicher Wartungsgebühr nach Walldorf überweisen. Doch der damalige SAP-Chef Léo Apotheker scheiterte mit seinen ungeschickt kommunizierten Plänen am Widerstand der Kunden. Die Anwender gingen auf die Barrikaden und zwangen das Management ihres Softwarelieferanten schließlich, ihre Wartungsstrategie wieder zu ändern. SAP ließ seinen Kunden in der Folge die Wahl zwischen dem klassischen günstigeren Standard Support und dem teureren Enterprise Support. Apotheker kostete das Wartungs-Debakel letztlich den Job.
Dieses Desaster soll sich 2013 nicht wiederholen. Mit seinem Vorgehen vor knapp fünf Jahren hatte SAP viel Vertrauen bei seinen Kunden verspielt. Es kostete das heutige Führung-Duo aus Bill McDermott und Jim Hagemann Snabe einiges an Zeit und Energie die Differenzen auszuräumen und die Beziehungen zu den Kunden wieder zu kitten.
SAP: Die meisten Kunden nehmen den Enterprise Support
Bernotat geht allerdings nicht davon aus, dass es um die aktuelle Preiserhöhung viel Aufregung geben wird. Schließlich habe SAP schon in der Vergangenheit seine Wartungspreise angepasst. Bernotat beruft sich auf eine Direktive aus dem Jahr 2010, wonach sich SAP vorbehält, jährlich eine Art Inflationsausgleich in seine Wartungsgebühren einzupreisen. Die Erhöhungen richteten sich nach einem "Cost-of-Living-Index", seien jedoch bei maximal 3,2 Prozent gedeckelt. Auf dieser Grundlage habe SAP seine Maintenance-Gebühren bereits in den vergangenen Jahren entsprechend erhöht, ohne dass es zu Kundenrevolten gekommen sei.
Außerdem betreffe die jetzt angekündigte Erhöhung nur einen kleinen Teil der Kunden, relativiert Bernotat weiter. Rund 95 Prozent der Neukunden würden sich sowieso für den Enterprise Support entscheiden. Die Konditionen für diese Wartungs-Option blieben die Gleichen, verspricht der SAP-Manager. Anwender hätten hier die Sicherheit, dass sich bis zum Jahr 2016 nichts am Wartungssatz von 22 Prozent ändern werde. Keine Änderungen gibt es indes auch am Service-Umfang des Standard-Supports, auch wenn die Kunden künftig mehr dafür bezahlen müssen. "Das Paket bleibt gleich", sagt Bernotat. Spekulationen, SAP könnte möglicherweise zusätzliche Leistungen nachschieben, um verärgerte Kunden zu besänftigen, weisen die SAP-Verantwortlichen vehement zurück. "Es werden definitiv keine Änderungen am Support-Umfang gemacht", heißt es von Seiten des Herstellers. Im Rahmen des bestehenden Support-Umfangs werde ständig zusätzlicher Wert generiert, beispielsweise durch die Enhancement Packages.
DSAG: Preiserhöhung nicht gerechtfertigt
Ärger könnte es an der einen oder anderen Stelle durchaus geben. Bei der Deutschsprachigen SAP Anwendergruppe (DSAG) hält man den Weg einer Preiserhöhung für den falschen Weg. Viele Unternehmen würden derzeit das Thema Wartung genau unter Lupe nehmen, berichtet DSAG-Vorstandsmitglied Andreas Oczko. Schließlich zahlten die Firmen eine Menge Geld für den Software-Support. Vor diesem Hintergrund bewertet der Anwendervertreter die Erhöhung des Wartungssatzes als kritisch.
Positiv rechnet Oczko den SAP-Verantwortlichen an, dass der Konzern seine Kunden frühzeitig über die geplanten Veränderungen informiert. Außerdem nivellierten sich dadurch unterschiedliche sowie ungerecht verteilte Wartungsgebühren wieder ein. Durch die Preisanpassungen der vergangenen Jahre sei die Situation entstanden, dass Bestandskunden mehr Wartungsgebühren bezahlt haben als Neukunden, die beim Satz von 18 Prozent eingestiegen sind. Das gleiche sich jetzt wieder etwas aus.
"Dennoch ist die Preiserhöhung nicht gerechtfertigt", stellt der DSAG-Vertreter klar. SAP drehe an der Preisschraube, ohne das Serviceangebot gleichzeitig zu verbessern. Das Paket rund um den Standard Support sei in den vergangenen Jahren unverändert geblieben. Gearbeitet habe SAP stattdessen am Enterprise Support. Doch hier bleibe der Wartungssatz konstant. Diese Entwicklungen passen aus Sicht von Oczko nicht zusammen. Das Verhältnis zwischen Enterprise Support und Standard Support taxiert er in der Region Deutschland, Österreich und Schweiz (DACH) auf fifty-fifty - wobei der Trend eher in Richtung Standard-Option gehe.
Der DSAG-Vorstand rät den Kunden, genau zu prüfen, welches Angebot für sie das Richtige ist. Beim Satz von 19 Prozent werde die SAP zwar nicht mit sich reden lassen. Allerdings sollten die Anwender nichts unversucht lassen, um die Berechnungsbasis herunter zu verhandeln. Außerdem empfiehlt Oczko den Unternehmen, sich die Angebote von Drittanbietern genau anzusehen, bevor man darauf eingeht, da sich deren Leistungskatalog von dem der SAP deutlich unterscheidet.
Wartungsgebühren steigen um 5,6 Prozent
Auch Frank Scavo, Managing Partner des Beratungsunternehmens Strativa, warnt davor, SAPs neue Wartungskonditionen auf die leichte Schulter zu nehmen. Im Endeffekt handle es sich um eine Preiserhöhung von fast 5,6 Prozent. Anwender, die für 100.000 Euro Lizenzen einkaufen, haben in der Vergangenheit für den Standard Support 18.000 Euro pro Jahr gezahlt, künftig sind es 19.000 Euro. Kunden könnten daher zurecht nachhaken, was diesen Preisaufschlag rechtfertige beziehungsweise inwiefern SAP selbst höhere Kosten habe, um seine Supportleistungen zu erbringen.
Grundsätzlich dürften die Punkte Wartung und Wartungsgebühren auch in Zukunft ein sensibles Thema in der Beziehung zwischen Softwarehersteller und Softwarekunde bleiben. Anbieter von Business Software erwirtschaften heute meist einen wesentlich höheren Teil ihrer Umsätze mit Wartung als mit Lizenzen. Dazu kommt, dass das Wartungsgeschäft für die Anbieter hochprofitabel ist. Gerade ältere Software-Versionen laufen in aller Regel stabil, die meisten Fehler und Probleme werden in den ersten Jahren nach der Veröffentlichung behoben. Damit haben die Anbieter mit diesen Programmen, die für viele Kunden meist völlig ausreichend und daher viele Jahre im Einsatz sind, wenig Wartungsarbeit. Dennoch zahlen die Anwender den regulären Satz. Oracle-Chef Lawrence Ellison hatte vor Jahren einmal getönt, die Margen im Wartungsgeschäft lägen jenseits der 80-Prozent-Marke oder sogar noch höher. Diese Aussagen kamen jedoch bei den Kunden nicht gut an.
Drittanbieter haben es im Wartungsgeschäft schwer
Weil die Wartung einen so großen Teil vom Geschäft ausmacht, tun die Softwareanbieter alles, diesen Bereich so gut wie möglich abzusichern. Schließlich hat sich SAP für die kommenden Jahre viel vorgenommen. 20 Milliarden Euro Umsatz will der Softwarekonzern im Jahr 2015 erwirtschaften. Im vergangenen Jahr standen Einnahmen von rund 16,2 Milliarden Euro zu Buche. Obwohl es mittlerweile einige Drittanbieter von Support-Services für SAP- und Oracle-Software gibt, ordern fast alle Anwender die notwendige Maintenance weiter direkt vom Hersteller der Produkte. Zu groß sind offenbar Befürchtungen, ein anderer Anbieter könnte die unternehmenskritischen Softwaresysteme nicht so gut pflegen wie der Programmierer des Original-Codes.
Deshalb fügen sich Anwender - wenn auch oft zähneknirschend - den Wartungskonditionen von SAP, Oracle und Co. Alle Bemühungen, bessere Bedingungen auszuhandeln, verliefen bislang im Sande - auch wenn immer mal wieder Informationen die Runde machen, die Hersteller ließen an der einen oder anderen Stelle mit sich reden. Die DSAG drängt seit Jahren darauf, die Wartung flexibler zu gestalten. Es sollte möglich sein, Lizenzen, für die keine Wartung mehr benötigt werde, aus den Verträgen herauszunehmen. Bislang stellen sich die SAP-Verantwortlichen auf diesem Ohr taub. Doch die Anwendervertreter wollen nicht aufgeben und drängen weiter. Sie hoffen, dass sich SAP irgendwann bewegt. (mhr)