Julia White, Chief Marketing and Solutions Officer, und Chief Revenue Officer Scott Russell werden den SAP-Vorstand verlassen. Man habe sich einvernehmlich darauf geeinigt, dass die Managerin und der Manager den Vorstand mit Wirkung zum 31. August 2024 verlassen, hieß es in einer offiziellen Mitteilung des deutschen Softwareherstellers. Ursprünglich wären die Verträge von White und Russell erst 2027 ausgelaufen.
Wenn Sie immer auf dem Laufenden bleiben wollen, was bei den großen IT-Anbietern passiert, abonnieren Sie unsere COMPUTERWOCHE-Newsletter.
In seiner Begründung, warum SAP seinen Vorstand umbaut, bleibt der Softwarekonzern sehr vage. "Scott und Julia haben maßgeblich zur erfolgreichen Transformation der SAP in der Cloud und zu unserer Führungsrolle im Bereich Business AI beigetragen", sagte Christian Klein, CEO der SAP, dankte beiden für ihren Einsatz und wünschte ihnen alles Gute für die Zukunft.
Nächste Wachstumsphase ohne White und Russell
Pekka Ala-Pietilä, der neue Vorsitzende des Aufsichtsrats der SAP SE, verwies auf die eigene, aus seiner Sicht erfolgreiche, Cloud-Transformation der SAP und sprach davon, "dass jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen ist, um die nächste Wachstumsphase einzuläuten". Warum White und Russell dabei keine Rolle mehr spielen sollen, verrieten weder Ala-Pietilä noch Klein.
Russell, der seit 2010 bei SAP arbeitet und seit 2021 dem Vorstand angehört, verantwortete als Chief Revenue Officer die globale Vertriebs- und Partnerorganisation bei SAP und kümmerte sich darüber hinaus um den Bereich Customer Engagement. Doch diese Rolle, SAP-Kunden auf ihrem Weg in die Cloud zu unterstützen, hatte der Konzern erst kürzlich neu organisiert. Um die nach wie vor zögerliche Cloud-Transformation bei seinen Kunden anzuschieben, hatte SAP im April 2024 das neue Vorstandsressort Customer Services & Delivery unter Thomas Saueressig geschaffen.
So dürfte der oder die Nachfolger/in für Russell sich vorrangig auf den Vertrieb konzentrieren. Die Suche sei derzeit im Gange, hieß es von Seiten des Softwareanbieters. Übergangsweise übernehme CEO Klein die Verantwortung für die Vertriebsorganisation.
SAP verlagert Marketing in die Produktteams
Im Marketing-Bereich will SAP wohl neue Wege beschreiten. Die Vorstandsposition von White, die 2021 nach vielen Jahren bei Microsoft zu SAP gestoßen war, wird nicht neu besetzt. Es sei der richtige Zeitpunkt, den eigenständigen Vorstandsbereich Marketing & Solutions aufzulösen, hieß es von Seiten SAPs. Mit dieser Anpassung zum 1. September werde zudem die Vorstandsstruktur der SAP gestrafft. In Zukunft soll das Marketing enger mit den Produktteams verzahnt werden. Die entsprechenden Teams sollen zusammengeführt werden.
Setzt SAP diese Pläne um, wird der Vorstand künftig sieben statt bisher acht Köpfe zählen. Derzeit ist das Gremium sehr Männer-lastig. Mit White verlässt eine der beiden Frauen den SAP-Vorstand. Gina Vargiu-Breuer als Chief People Officer und Arbeitsdirektorin verbleibt bis auf Weiteres als einzige Frau im Top-Führungszirkel des größten deutschen Softwarehauses.
"Die Änderungen werden die Transformation des Unternehmens weiter beschleunigen und den Fokus auf eine Suite- und KI-First-Strategie stärken", teilten die SAP-Verantwortlichen mit. "Durch die Priorisierung dieser Schlüsselbereiche stellt sich SAP auf, um die Marktposition als einer der führenden Anbieter für Unternehmenssoftware auszubauen."
Vorstandsumbau und Restrukturierung sorgen für Turbulenzen bei SAP
SAP stehen unruhige Zeiten bevor. Anfang 2024 hatte der Konzern ein Restrukturierungsprogramm angekündigt, dass etwa 8000 Stellen betreffen würde. Begriffe wie Entlassungen und Stellenabbau vermieden die Verantwortlichen. Es handle sich um eine Maßnahme, Qualifikationen und Ressourcen den zukünftigen Geschäftsanforderungen entsprechend aufzustellen, ließ der Hersteller durchblicken. Man wolle 2024 einen stärkeren Fokus auf zentrale strategische Wachstumsbereiche wie zum Beispiel KI für Unternehmen richten.
Tatsächlich scheint der Umbau allerdings tiefer zu greifen als ursprünglich geplant. Statt den bis dato angekündigten 8000 könnten bis zu 10.000 Jobs bei SAP von der Restrukturierung betroffen sein, ließ der Konzern kürzlich durchblicken. Dabei verlassen wohl auch viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Softwarehersteller. Die SAP-Verantwortlichen sprachen von einer positiven Resonanz für die Freiwilligenprogramme, was sich unter anderem in höheren Ausgaben widerspiegele. Der Konzern rechnet mit zusätzlichen 600 Millionen Euro, die für die Restrukturierung aufgewendet werden müssten. Insgesamt lässt sich der Hersteller das Umbauprogramm rund drei Milliarden Euro kosten.