Milliarden-Deal

Salesforce will Slack übernehmen

26.11.2020
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Gemeinsam könnten Salesforce und Slack dem Konkurrenten Microsoft Paroli bieten.
Wenn Salesforce-Gründer Marc Benioff Slack übernehmen will, muss er tief in die Tasche greifen.
Wenn Salesforce-Gründer Marc Benioff Slack übernehmen will, muss er tief in die Tasche greifen.
Foto: Salesforce

Es könnte der IT-Deal des Jahres werden. Gerüchten zufolge soll Salesforce am Kauf von Slack interessiert sein und bereits ein Übernahmeangebot vorgelegt haben. Das berichten die Nachrichtenagentur "Reuters" sowie das "Wall Street Journal" jeweils unter Berufung auf Insider. Die Aktien von Slack legten im Zuge der Spekulationen um bis zu 30 Prozent zu, während das Salesforce-Papier um rund fünf Prozent nachgab. Beide Unternehmen wollen sich bis dato nicht zu den Gerüchten äußern.

Slack wird derzeit mit etwa 17 Milliarden Dollar bewertet. Inklusive eines Aufschlags könnte Salesforce die Übernahme des Collaboration-Spezialisten einen Summe jenseits der 20-Milliarden Dollar-Marke kosten. Es wäre der teuerste Zukauf in der Firmengeschichte von Salesforce, nach der Akquisition des Analytics-Spezialisten Tableau im vergangenen Jahr für rund 15,7 Milliarden Dollar.

Slack stand in den zurückliegenden Monaten mit seinen Chat- und Messenger-Diensten in einem harten Wettbewerb zu Microsoft Teams, das mit seiner Integration in die weit verbreitete Office-Welt punkten kann. Die Slack-Verantwortlichen werfen dem Konkurrenten mit der Bündelung der Softwareprodukte unfaire Wettbewerbspraktiken vor und haben bereits eine Beschwerde gegen Microsoft bei der EU-Kommission in Brüssel eingereicht. Microsoft hingegen versucht, im CRM-Geschäft Boden auf Salesforce gutzumachen.

Auch Microsoft war einmal an Slack interessiert

Vor einigen Jahren stand offensichtlich Microsoft kurz davor, Slack zu übernehmen. Im Frühjahr 2016 waren die Pläne schon weit gediehen. Doch die Führungsriege rund um CEO Satya Nadella und Gründer Bill Gates machte in letzter Sekunde einen Rückzieher. Offenbar war der Preis von acht Milliarden Dollar, der damals aufgerufen wurde, dem Microsoft-Management zu hoch.

Wenige Monate später, im Juni 2016, kündigte Microsoft an, das Social Network LinkedIn für über 26 Milliarden Dollar schlucken zu wollen. Auch Salesforce war an LinkedIn interessiert, musste aber vor den tieferen Taschen des Konkurrenten kapitulieren. Salesforce-Gründer Marc Benioff wurmte die Niederlage; erforderte, die Wettbewerbsbehörden sollten den Deal prüfen. Microsoft verschaffe sich mit dem Datenbestand von LinkedIn einen unfairen Wettbewerbsvorteil, so sein Vorwurf.

Salesforce bietet mit Quip bereits Collaboration-Dienste

Ob Benioff jetzt bei Slack zum Zuge kommt und wirklich bereit ist, den hohen Preis zu zahlen, gilt unter Branchenbeobachtern noch nicht als ausgemacht. Im Herbst 2016 soll Salesforce nahe an einer Übernahme von Twitter gewesen sein. Letztlich war der Deal aber wohl zu riskant und Benioff winkte ab.

Unklar ist auch, wie Salesforce Slack in sein Cloud-Portfolio einpassen will. Salesforce hatte im August 2016 für 750 Millionen Dollar mit Quip bereits einen Anbieter von Collaboration-Tools übernommen. Das Werkzeug für die Teamarbeit in Projekten ist eng mit anderen Cloud-Diensten verzahnt und bildet eine Drehscheibe für die Arbeit und Kommunikation im Salesforce-Kosmos. Auch zum Projekt gehörende Kommunikationskanäle wie Chat und E-Mail lassen sich hier direkt integrieren.