Salesforce hat kein Glück mit dem Modell der Doppelspitze. Nach nur einem Jahr als Co-CEO neben Firmengründer Marc Benioff kündigte Bret Taylor an, den Software-as-a-Service- (SaaS-)Anbieter zu verlassen. Offiziell gibt Taylor seinen Posten Ende Januar 2023 auf, dann hat er sechs Jahre für Salesforce gearbeitet.
Taylor kam 2016 mit der 750 Millionen Dollar teuren Übernahme des von ihm gegründeten Startups Quip, einem Anbieter von Productivity-Tools, zu Salesforce. Er blickt auf eine bewegte IT-Vergangenheit zurück. Taylor war bei Google einer der Köpfe, die Google Maps entwickelten. Später, bei Facebook, erfand er als Chief Technology Officer (CTO) den "Like"-Button.
"Ich bin dankbar für sechs fantastische Jahre bei Salesforce", lässt sich Taylor in einer offiziellen Mitteilung zitieren. Die Möglichkeit, gemeinsam mit Benioff das "wichtigste Softwareunternehmen der Welt" zu leiten, habe seine Karriere entscheidend geprägt, gab der Manager zum Besten. "Nach reiflicher Überlegung habe ich mich entschlossen, zu meinen unternehmerischen Wurzeln zurückzukehren." Dafür sei der richtige Zeitpunkt gekommen.
Die Geschäfte von Salesforce laufen nicht mehr rund
Für Salesforce sind das keine guten Nachrichten: Der erfolgsverwöhnte Softwareanbieter steckt in Schwierigkeiten. Für seine laufendes Geschäftsjahr 2023 rechnet Salesforce inzwischen mit weniger Einnahmen als ursprünglich erwartet. "Die Kunden werden immer bedächtiger in ihrem Kaufverhalten", hatte Benioff Ende August festgestellt. "Die Verkaufszyklen können sich verlängern." Dazu komme, dass die Deals von höheren Managementebenen geprüft würden. "Nahezu jeder, mit dem ich gesprochen habe, geht bei seinen Geschäften mit mehr Augenmaß vor", so der Salesforce-Chef. Dieser Trend werde sich in naher Zukunft fortsetzen.
Erst vor wenigen Wochen kündigte Salesforce an, seine Belegschaft auszudünnen. Hunderte Stellen sollen gestrichen werden, hieß es. Wenn die Vertriebsleistung nicht mehr stimme, müssten eben leider einige Menschen das Unternehmen verlassen. Salesforce werde die betroffenen Personen bei ihrem "Übergang unterstützen", hieß es. Entlassungen sollen offenbar kurzfristige Spareffekte ermöglichen.
Wachstum verlangsamt sich
An der Börse wächst der Druck auf das Unternehmen. Die Aktie stürzte nach einem Allzeithoch von über 310 Dollar Anfang November 2021 ab und pendelt nach einem Tief von unter 140 Dollar vor einigen Wochen derzeit zwischen 150 und 160 Dollar. In seinem dritten Fiskalquartal erzielte Salesforce Einnahmen von gut 7,8 Milliarden Dollar, 14 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Unterm Strich schmolz aber der Profit im Jahresvergleich von 468 auf 210 Millionen Dollar zusammen. Vor allem der Ausblick enttäuschte die Anleger. Im abschließenden Quartal des Fiskaljahrs 2023 rechnen die Salesforce-Verantwortlichen nur noch mit einem Umsatzwachstum von acht bis zehn Prozent.
Da kommen Führungsquerelen zur Unzeit. "Es ist bittersüß, dass Bret sich entschieden hat, als mein Co-CEO zurückzutreten", sagte Benioff. Er habe Salesforce als Technologe und Führungspersönlichkeit seinen Stempel aufgedrückt. "Bret hat zwei unglaubliche Firmen gegründet, daher ist es verständlich, dass er zu seinen unternehmerischen Wurzeln zurückkehren möchte."
Mit Taylor verliert Benioff seinen zweiten Co-CEO binnen weniger Jahre. 2018 hatte Salesforce Keith Block zum Co-CEO ernannt. Er war fünf Jahre zuvor von Oracle gekommen und sollte sich an der Unternehmensspitze vorrangig um das Tagesgeschäft des Cloud-Pioniers kümmern. Ende Februar 2020 reichte Block überraschend seinen Abschied ein. Ein Grund für das unerwartete Ausscheiden wurde nicht genannt. Block gründete später Smith Point Capital, das er heute als CEO leitet.