Proalpha baut seine ERP-Plattform kontinuierlich mit Zukäufen aus. Allein von Mitte Oktober bis Mitte November 2023 hat der Software-Anbieter drei andere Hersteller aus verschiedenen Business-Software-Bereichen geschluckt, und damit sein Portfolio um Lieferanten-, Kunden- und Personalmanagement ergänzt.
Supplier Relationship Management mit DIG
Mitte November 2023 wurde unter anderen mit der DIG GmbH ein Supplier-Relationship-Management- (SRM-)Ökosystem übernommen. "Der Einkauf gewinnt für den Unternehmenserfolg immer mehr an Bedeutung", sagte Eric Verniaut, CEO der Proalpha-Gruppe. "Das ist die Botschaft, die unsere Kunden uns verstärkt vermitteln."
Die 2001 gegründete und im österreichischen Linz ansässige DIG bietet Cloud-Lösungen im Bereich operativer Einkauf und EDI (Electronic Data Interchange) für den Mittelstand an. Die Purchase-to-Pay-Lösung decke dabei sämtliche elektronischen Geschäftsprozesse ab, von der Bestellung bis zur Zahlung, hieß es. Das sorge bei den Anwendern für eine wesentliche Entlastung des Einkaufs, versprechen die Proalpha-Verantwortlichen. Demzufolge könne die Beschaffungsplattform die damit verbundenen Prozesskosten um bis zu 40 Prozent senken.
Funktionale Schwerpunkte im DIG-SRM-Portfolio bilden die Geschäftsfelder elektronische Beschaffung von indirekten Gütern (MRO), die Rechnungsverarbeitung und die Datenübertragung via EDI. Mit der funktionalen Erweiterung "Guided Buying" könnten Anwender ihre Einkaufsprozesse unternehmensspezifisch anpassen. Damit lasse sich beispielsweise auch die Einhaltung von Beschaffungsrichtlinien sicherstellen.
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Aktuell bediene DIG mehr als 500 Kunden, hieß es in einer Mitteilung. Im SRM-Ökosystem seien rund 30.000 Lieferanten angeschlossen. Jährlich werde über die Plattform ein Bestellvolumen von rund fünf Milliarden Euro abgewickelt. Zu den Kunden zählten unter anderem Fujitsu, Palfinger und Rosenbauer International.
Proalpha will DIG mit der ebenfalls in Linz beheimateten Curecomp verschmelzen. Der Anbieter von Cloud-basierten eProcurement- und SRM-Lösungen gehört seit Anfang 2021 zur Proalpha-Gruppe. DIG und Curecomp haben bereits in der Vergangenheit zusammengearbeitet. Die Proalpha-Verantwortlichen versprechen sich angesichts dieser Partnerschaft und einer breiten gemeinsamen Kundenbasis vielfältige Synergiepotenziale. Ziel sei es, die Angebote "zu einer ganzheitlichen Produktwelt für den strategischen und operativen Einkauf zu fusionieren", hieß es. Die Führung der konsolidierten Gesellschaft soll Asina Leist übernehmen, die bislang als Geschäftsführerin die Geschicke von Curecomp verantwortet.
Customer Relationship Management mit Gedys
Neben dem SRM-Bereich verstärkt sich Proalpha auch in Sachen Customer Relationship Management (CRM). Erst Anfang November 2023 gab der im pfälzischen Weilerbach ansässige ERP-Hersteller bekannt, die Gedys IntraWare GmbH übernehmen zu wollen. Gedys könne mit einem "breiten und modularen Angebot für Vertrieb, Marketing und Service inklusive Dashboards und Reporting sowie Multi-Device-Support über eine leicht zu bedienende App" aufwarten, begründet Proalpha die Übernahme.
Interessant für Proalpha dürfte auch Gedys' Entwicklungsplattform "Business App" sein. Dabei handelt es sich um eine Low-Code/No-Code-Plattform, mit der User auch ohne ausgeprägte technische Skills Cloud- und On-Premises-Apps für Fachabteilungen bauen könnten, hieß es. Mittelfristig biete die Low-Code/No-Code-Plattform Proalpha zufolge die Perspektive, an das gesamte Produktportfolio angebunden zu werden. "In Kombination mit Künstlicher Intelligenz (KI) hat die Low-Code/No-Code-Plattform das Potenzial, CRM und ERP auf ein neues Niveau zu heben", so die Hoffnung des Softwareherstellers.
Die Gedys IntraWare GmbH mit Hauptsitz in Fulda entwickelt seit 1989 CRM-Software. Eigenen Angaben zufolge betreut der Hersteller derzeit 600 Kunden mit insgesamt etwa 25.000 Nutzern. Zu den Kunden zählen unter anderem die DB Kommunikationstechnik GmbH und die Gustavo Gusto GmbH & Co. KG.
"Mit GEDYS bauen wir unsere bisherigen Basisfunktionalitäten im CRM-Bereich vollständig aus, betonte Proalpha-CEO Verniaut. Das Unternehmen biete alle relevanten und von unseren Anwendern gewünschten CRM-Funktionalitäten aus einem Guss und sei deshalb eine Bereicherung für das eigene Lösungsportfolio.
Human Capital Management mit Persis
Mitte Oktober 2023 hatte das Proalpha-Management angekündigt, die Persis GmbH zu übernehmen, einen Anbieter von Lösungen für das Human Capital Management (HCM). Die Funktionen in den Bereichen der digitalen Personalakte, des Bewerbermanagements und der Personalentwicklung sollen mit den Lösungen für Zeitwirtschaft und Zutrittssicherheit von Tisoware kombiniert werden, das bereits seit Ende 2019 zur Proalpha-Gruppe gehört. Persis offeriert seine HCM-Lösung iun verschiedenen Modulen, beispielsweise für die Bereiche Bewerbermanagement, Personalmanager, Digitale Personalakte, Personalentwicklung, Weiterbildung und Ausbildungsmanager, die jeweils alleinstehend nutzbar und darüber hinaus erweiterbar sind.
Die Akquisition von Persis - als konsequenter Schritt einer langen Partnerschaft mit dem proALPHA Gruppenunternehmen Tisoware - stärke das Portfolio von Proalpha im Bereich Human Capital Management und schaffe wertschöpfende Synergie-Effekte, hieß es in einer Mitteilung. Der ERP-Anbieter will eigenen Angaben zufolge rund um Tisoware und Persis ein HR-Ökosystem und ein Workplace-Gesamtportfolio für den gehobenen Mittelstand in der DACH-Region schaffen.
Investoren treiben ERP-Konsolidierung voran
Der ERP-Markt ist in den vergangenen Jahren für Investoren immer interessanter geworden. Verschiedene Kapitalgeber treiben die Konsolidierung voran und bauen regelrechte ERP-Konglomerate, flankiert von weiteren Funktionsmodulen wie SRM, CRM oder HR. Bei Proalpha stieg 2017 die Intermediate Capital Group (ICG) ein. Damit begann ein regelrechter Akquisitions-Marathon, der bis heute anhält.
Mitte 2019 hatte die Investmentgesellschaft EQT Partners, Eigentümerin des ERP-Anbieters IFS, die Akquisition von Acumatica, einem Spezialisten für Cloud-ERP, bekannt gegeben. Man wolle, so lautete die Ankündigung damals, gegen Anbieter wie SAP, Oracle, Microsoft, Infor und Sage antreten. Im März 2022 wurde bekannt gegeben, IFS wolle enger mit den Berater von Bearing Point zusammenarbeiten. Das Ziel: Mit dem Joint Venture Arcwide sollen die Geschäfte mit Cloud-ERP vorangetrieben werden.
Enterprise Resource Planning: ERP auf dem Weg zum digitalen Prozess- und Daten-Hub
Den Investoren von Kohlberg Kravis Roberts & Co. (KKR) und Silver Lake Partners gehören neben anderen Softwareanbietern auch die ERP-Hersteller Exact Software und Epicor. Im September gaben die Exact-Verantwortlichen bekannt, den Cloud-ERP-Anbieter Weclapp für 227 Millionen Euro zu übernehmen.
Der IT-Anbieter Aptean aus den USA hat Anfang Dezember 2020 die Modula GmbH übernommen. Im Februar 2019 hatten die vier mittelständischen Softwarehersteller cimdata Software, Logis, oxaion und Syncos ihre Angebote rund um ERP, Manufacturing Execution Systems (MES) und Computer-aided Quality (CAQ) unter der Dachmarke Modula zusammengeführt. Hinter Aptean stecken die Investoren von Vista Equity Partners, TA Associates und Vista Equity Partners.
Im März 2022 hatte die Partners Group für rund eine Milliarde Euro die Dachmarke Forterro von Battery Ventures übernommen. In dem ERP-Portfolio finden sich unter anderem auch die bekannten deutschen Anbieter Abas und Myfactory. Forterro mit Hauptsitz in London hat sich seit seiner Gründung 2012 zu einem der größten Softwareanbieter in Europa entwickelt. Neben Deutschland gibt es weitere Standbeine in Frankreich mit den ERP-Herstellern Clipper, Helios, Silog und Sylob, in Schweden mit den Business-Software-Anbietern Jeeves und Garp, in Polen mit BPSC und in England mit 123Insight. In der Schweiz war Forterro mit Proconcept vertreten. Dort hat der Anbieter erst im August 2023 mit der Übernahme von Proffix seinen ERP-Footprint ausgebaut. (ba)