Wie Scrum tickt
Um diese Fragen beantworten zu können, ist ein wenig Hintergrundbetrachtung notwendig. In Scrum-Projekten geht es darum, die von der Fachseite gewünschten "Features" zu liefern. Dabei gibt der in das Entwicklerteam eingebettete "Product Owner" in Planungsbesprechungen vor, welche Anforderungen die Gruppe innerhalb eines kurzen, zeitlich exakt begrenzten Projektschritts - des "Sprint" - umsetzen soll. Er tut das auf der Basis eines konkreten Auftrags und eines finanziellen Rahmens.
Aber der Product Owner kann nur das Was bestimmen. Das Team hingegen gibt vor, wie viel davon es in es in einem Sprint zu leisten im Stande ist. Das Wie organisiert die Gruppe also selbst - nach dem berühmten "Toyota-Weg", auch "japanisches Fließband" genannt.
Das Ergebnis eines Sprints ist eine funktionierende Software. Die kann, muss aber noch nicht dem Endergebnis entsprechen. Im etablierten Projekt-Management nach Prince2 heißt das erwartete Ergebnis "Produkt". Auch Scrum kennt den Produktbegriff. Ein Produkt muss hier den ausgewählten Anforderungen aus den "Selected Backlogs" entsprechen. Aus Teamsicht sind die Kundenerwartungen in den Artekfakten "Definitionen von fertig" beziehungsweise "Akzeptanzkriterien" enthalten. In Prince2 entspricht das den "Qualitätskriterien."
Ein Produkt erfordert, dass bestimmte Aufgaben erledigt sein müssen (gemäß dem "Sprint Backlog"). Zudem muss der finanzielle und zeitliche Rahmen, innerhalb dessen die Aufgaben zu erfüllen sind, eingehalten werden.
Backlog, Backlog-Einträge und geeignete Filter, wie sie in Scrum genutzt werden, genügen durchaus den Prince2-Ansprüchen. Entgegen seinem Ruf muss Prince2 nicht dokumentenlastig sein. Hinsichtlich des Auftrags ist die etablierte Vorgehensweise allerdings etwas präziser: Neben Kosten- und Zeitrahmen werden auch eingrenzende Informationen für Qualität, Umfang, Risiko und Nutzen erwartet.
- Fünf Gründe für den agilen Ansatz
Neue Methoden der Softwareentwicklung begeistern die Mitarbeiter und die Kunden. Da stellt sich die Frage, woher es kommt, dass "Agilität" derartig beliebt ist? Alexander Ockl nennt Fünf Gründe: - Weniger Prozess - dafür mehr Mensch
Offenbar haben wir gelegentlich das Prozessrad zu weit gedreht. Mit Know-how in den Prozessen wollten wir gute Software wie am Fließband im "billigen Ausland" herstellen lassen. Probleme lassen sich mit noch ausgefeilteren Prozessen und Rollen beseitigen, so dachten wir. Aber inzwischen wissen wir, dass wir am so genannten Fließband meist individuell arbeiten. Und talentierte Mitarbeiter haben auch im Ausland inzwischen ihren Preis. - Persönliche Motivation statt Existenzangst
In der agilen Welt zählt der Mensch wieder etwas. Statt verteilt zu sitzen, schauen sich agile Teams wieder in die Augen. Effektive, direkte Kommunikation ersetzt endlose, anonyme Telefonkonferenzen und überlaufende E-Mail-Postkörbe. Größerer Gestaltungsspielraum und überschaubare Rollen geben Mitarbeitern das Gefühl, endlich wieder etwas bewegen zu können. Das setzt Kräfte frei. Und motiviert, anstatt zu frustrieren. - Entfaltete Stärken statt Fesseln
Endlich wieder kreativ sein und nicht starre Prozesse befolgen müssen! Kein Wunder also, dass gerade Entwickler und Analysten diesen Ansatz lieben. Im agilen Umfeld sind sich alle bewusst, wie wichtig ein gut zusammengestelltes Team ist. Das übersehen wir in der "alten IT-Welt" häufig - zwischen den vielen Prozessdetails und virtuellen Teams. Unsere Kunden freuen sich auch, denn schließlich steht wieder die Lösung ihrer Probleme im Vordergrund. - Gemeinsam entwickelte Arbeitsweise
Neue Prozesse bedeuten in unserem herkömmlichen Alltag häufig neue Rollen. So entstehen Teamveränderungen und Umstrukturierungen. Die vorgegebene Arbeitsweise passt aber vielfach nicht zum Team. Agile Methoden wie Scrum zeigen, dass es auch anders geht. Den "Toyota-Weg" als Vorbild, organisieren sich schlanke Teams innerhalb eines groben Rahmens am besten selbst.Es lohnt es sich, ein funktionierendes Team - wie im Fußball - nicht zu stark zu verändern. Gemeinsam entwickelt, richtet sich die Arbeitsweise nach den Möglichkeiten der Mitarbeiter. - Eine nachvollziehbare Teamleistung
Schreit unser Umfeld nach Agilität, so sollten wir nicht dagegen reden, sondern genau hinschauen. Agilität und gute Prozesse wollen das Gleiche. Müssen wir dennoch verteilt arbeiten, so sollten wir unbedingt auf die menschliche Komponente achten. Frei nach Felix Magath bei der Vorstellung des Spielers Raul sollte es "unsere Verpflichtung sein", die Mitarbeiter "so in Szene zu setzen", dass Sie "ihre Fähigkeiten voll ausspielen können". Andernfalls schließt auch Raul keine Tore, sondern wird zu einem mittelmäßigen und schließlich frustrierten Mitspieler.