Migration auf OpenJDK

Oracle verliert Java-Kunden

29.07.2024
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Angesichts von Oracles rigider Preis- und Audit-Politik in Sachen Java wenden sich immer mehr Kunden ab und steigen auf OpenJDK-Plattformen um.
Next Exit OpenJDK - viele Kunden ärgern sich über Oracles Lizenz- und Audit-Politik, und suchen deshalb nach Java-Alternativen.
Next Exit OpenJDK - viele Kunden ärgern sich über Oracles Lizenz- und Audit-Politik, und suchen deshalb nach Java-Alternativen.
Foto: Tada Images- shutterstock.com

Immer mehr Java-Kunden wenden sich von Oracle ab. Laut einer Umfrage des Java-Spezialisten Azul sind 86 Prozent der Befragten, die Oracle Java SE verwenden, bereits dabei, zu wechseln oder planen, ihre Java-Anwendungen ganz oder teilweise von Oracle zu lösen. Nur 14 Prozent der Oracle-Java-Anwender wollen mit ihren Java-Umgebungen bei Oracle bleiben.

Für den "Oracle Java Usage, Pricing & Migration Survey and Report" wurden weltweit 663 Java-Profis befragt, angefangen von Mitgliedern der Entwicklungsteams bis hin zu Führungskräften auf C-Level. Ihre Antworten sind aus Sicht des Support-Anbieters für Open-Source-Java-Plattformen ein Beleg für tiefgreifende Veränderungen in der JDK-Landschaft.

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Der Anteil von Oracle an der JDK-Nutzung ist Azul zufolge seit Jahren rückläufig, von etwa 75 Prozent im Jahr 2020 auf 42 Prozent im Jahr 2023. Und er dürfte in den kommenden Jahren weiter sinken. Von den Umfrageteilnehmern, die eine Abkehr von Oracle planen, wollen rund zwei Drittel diesen Schritt innerhalb der kommenden zwei Jahre durchziehen.

Oracles Java kann Betriebe teuer zu stehen kommen

Hauptgrund für die Unzufriedenheit in Reihen von Oracles Java-Klientel ist die Lizenzpolitik des US-Konzerns. Oracle hatte Anfang 2023 die "Java SE Universal Subscription" eingeführt, die die bisherigen Lizenzmodelle "Java SE Subscription" und "Java SE Desktop Subscription" ablösen sollte. Anwenderunternehmen müssen damit nicht mehr die eigentlichen Java-User beziehungsweise Prozessoren lizenzieren. Vielmehr wird die Mitarbeiterzahl der Gesamtbelegschaft als Bemessungsgröße herangezogen. Als Mitarbeitende zählen laut Oracle alle Voll- und Teilzeitkräfte sowie befristet Beschäftigte. Hinzu kommen Angestellte von anderen Unternehmen wie Beratungsfirmen, Outsourcern oder Partnern, sofern diese das Geschäft des jeweiligen Betriebs unterstützen.

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Das neue Mitarbeiter-basierte Lizenzmodell sei transparenter und biete mehr Rechtssicherheit, werben die Oracle-Verantwortlichen. Damit sei es möglich, Java über das gesamte Unternehmen hinweg universell zu nutzen. Außerdem werde Die Lizenzverwaltung einfacher, weil Unternehmen nicht mehr explizit sämtliche Systeme identifizieren müssten, die Java verwenden.

Das hat allerdings seinen Preis. Für viele Anwender wird es deutlich teurer, Oracles Java zu nutzen, rechneten vor einem Jahr Gartner-Analysten vor. Demzufolge hätten einzelne Unternehmen mit bis zu fünffach höheren Lizenzkosten zu rechnen. Außerdem müssten sich Betriebe weltweit darauf vorbereiten, dass Oracle die Einhaltung einer regelkonformen Java-Lizenzierung mit mehr Audits prüfen werde, warnten Marktbeobachter.

Hohe Zufriedenheit mit Migration auf OpenJDK

Tatsächlich scheinen vor allem die Kosten sowie die Lizenzpolitik Oracles zentrale Faktoren zu sein, wenn Betriebe ihre Java-Strategie neu ausrichten. 53 Prozent der von Azul Befragten bezeichneten Oracle Java als zu teuer. Knapp vier von zehn Umfrageteilnehmern kritisierten die Ungewissheit in der Strategie ihres Java-Lieferanten. Sie verwiesen auf die ständigen Änderungen der Preise, der Lizenzierung und des Supports von Oracle. Rund ein Viertel monierte zudem, dass der Support von Oracle ihre Erwartungen nicht erfülle. 25 Prozent äußerten darüber hinaus Bedenken über mögliche Audits der Java-Nutzung durch Oracle.

Die meisten Unternehmen sind der Umfrage zufolge mit ihrem Umstieg auf OpenJDK-basierte Distributionen zufrieden. 75 Prozent der Befragten schafften den Umstieg innerhalb von 12 Monaten, 23 Prozent migrierten in weniger als drei Monaten. Von den OpenJDK-Umsteigern erklärten 84 Prozent, die Migration sei erwartungsgemäß verlaufen. Davon gaben 41 Prozent sogar an, dass der Umstieg einfacher als erwartet über die Bühne ging. Zwei Drittel der Unternehmen, die von Oracle Java auf OpenJDK-Distributionen umgestiegen sind, hätten dadurch Kosten sparen können, hieß es.

Aus Sicht von Scott Sellers, Mitbegründer und CEO bei Azul, sucht die Java-Community nach kostengünstigeren, flexibleren und offeneren Lösungen für ihre Java-Anwendungen und Java-basierte Infrastruktur. "Die Abkehr von Oracle Java wird durch die zunehmende Besorgnis über Preisänderungen und die wachsende Beliebtheit von Open-Source-Alternativen angetrieben", so Sellers. Die Umfrage zeige, "dass diejenigen, die auf OpenJDK-Distributionen umgestiegen sind, positive Erfahrungen gemacht haben".