Mehr Generative AI aus der Cloud

Oracle entdeckt den Kunden

14.06.2023
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Mit einer neuen Service-Unit will Oracle stärker auf Kundenwünsche eingehen. Das ist auch den immer komplexer werdenden Infrastrukturen geschuldet. Oracle will zudem sein Cloud-Angebot mit Generative AI aufhübschen.
Mit seinem Servicebekenntnis will Oracle bei seinen Kunden in einem besseren Licht erstrahlen.
Mit seinem Servicebekenntnis will Oracle bei seinen Kunden in einem besseren Licht erstrahlen.
Foto: Oracle

In der 46-jährigen Firmengeschichte hat Oracle immer seine Technologie in den Vordergrund aller Veranstaltungen und Präsentationen gestellt. Das soll nun anders werden: Künftig soll der Erfolg der Kunden im Rampenlicht stehen. Oracle habe seine Kultur verändert und sei nun vor allem auf den Customer Success fokussiert, betonte CEO Safra Catz anlässlich der Bekanntgabe der jüngsten Quartals- und Jahresbilanz.

Der neue Geist zeige sich heute schon im Prozess der Produktentwicklung. Oracle arbeite mit seinen Kunden Hand in Hand zusammen. "Es steht außer Frage, dass das enge partnerschaftliche Verhältnis zu unseren Kunden zu unserem Erfolg geführt hat", sagte die Managerin mit Blick auf die jüngsten Geschäftserfolge. "In diesem Zusammenhang haben wir auch eine Organisation namens Customer Success Services (CSS) geschaffen."

Mit einer neuen Service-Unit will Oracle-CEO Safra Catz engere Kontakte mit den eigenen Kunden knüpfen.
Mit einer neuen Service-Unit will Oracle-CEO Safra Catz engere Kontakte mit den eigenen Kunden knüpfen.
Foto: Oracle

Wie genau die Arbeit der CSS-Organisation aussehen soll, ist noch nicht bekannt. Catz zufolge soll die Service-Unit sicherstellen, dass die Kunden den größtmöglichen Nutzen aus ihren Käufen ziehen. Das reiche von der Planung über die Aktivierung und Implementierung der Produkte bis hin zum anschließenden Support. Der Softwarehersteller spricht von "Customer Success Managern", die Brücken zwischen den technischen Produkten und den Anforderungen und Wünschen der Kunden bauen sollen.

Digitale Transformation braucht mehr als nur Technologie

Mit der neuen Service-Ausrichtung will Oracle offenbar der zunehmenden Komplexität der IT-Infrastrukturen begegnen. Gerade heterogen zusammengesetzte IT-Landschaften aus klassischen On-premises- und Cloud-Komponenten stellen die Betriebe vor Herausforderungen. Das Werteversprechen der Cloud einzulösen, erfordere mehr als nur Technologie, räumen die Oracle-Verantwortlichen ein. Es gehe um eine Transformation der Organisation, der Prozesse und der Kultur. Hier soll offenbar die CSS ansetzen.

Erste Spuren der neuen Service-Ausrichtung lassen sich bereits in der aktuellen Oracle-Bilanz ablesen. Im Ende Mai abgeschlossenen Fiskaljahr 2023 verbuchte der Softwarehersteller einen Serviceumsatz in Höhe von knapp 5,6 Milliarden Dollar. Im Vergleich zum vorangegangenen Geschäftsjahr bedeutet das eine Steigerung um 75 Prozent (3,2 Milliarden Dollar). Der Service-Anteil an den Gesamteinnahmen stieg von acht auf elf Prozent.

Doch noch wollen die Oracle-Verantwortlichen den Ball eher flach halten. In der offiziellen Kommentierung der aktuellen Zahlen hob Catz in erster Linie das wachsende Cloud-Geschäft hervor. Das Umsatzplus insgesamt sei vor allem auf die Geschäftsbereiche Cloud-Anwendungen und Infrastruktur zurückzuführen, sagte die Oracle-Chefin. Beide Segmente zusammengenommen hätten bei konstanten Wechselkursen um 50 Prozent zugelegt. "Unsere beiden strategischen Cloud-Geschäfte werden größer und wachsen schneller", lautete Catz' Fazit. "Das ist ein gutes Zeichen für ein weiter starkes Geschäftsjahr 2024."

Oracle fährt sattes Umsatz- und Gewinn-Plus ein

Oracle erreichte im abgelaufenen Fiskaljahr Einnahmen von fast 50 Milliarden Dollar, rund 18 Prozent mehr als im Vorjahr. Auch im letzten Quartal des Geschäftsjahres legten die Erlöse deutlich zu - um 17 Prozent von 11,8 auf 13,8 Milliarden Dollar. Gerade in den Zahlen des vierten Fiskalquartals wird sichtbar, dass die Cloud-Rechnung des Unternehmens aufgeht. Während der Posten Cloud Services und Lizenzwartung um 23 Prozent auf fast 9,4 Milliarden Dollar zulegen konnte, brach das Geschäft mit klassischen Softwarelizenzen um 15 Prozent auf 2,15 Milliarden Dollar ein.

Allerdings muss man an dieser Stelle festhalten, dass sich Oracles Cloud- und On-premises-Geschäfte nach wie vor kaum auseinanderdividieren lassen, weil der Hersteller Lizenz- und Support-Einnahmen für beide Bereiche vermischt. Der Rückgang der Lizenzeinnahmen dürfte jedoch in erste Linie auf ein rückläufiges On-premises-Geschäft zurückzuführen sein.

Unterm Strich läuft es derzeit gut für Oracle. Im vierten Quartal stieg der Nettogewinn zwar nur leicht um vier Prozent von 3,2 auf 3,3 Milliarden Dollar. Im gesamten Geschäftsjahr verbesserte sich der Profit aber um 27 Prozent von 6,7 auf 8,5 Milliarden Dollar.

Oracle-Gründer Larry Ellison bezeichnete die eigene Cloud als erste Wahl für KI-Workloads.
Oracle-Gründer Larry Ellison bezeichnete die eigene Cloud als erste Wahl für KI-Workloads.
Foto: Oracle

Oracle wäre nicht Oracle, wenn es nicht doch noch ein paar technische Feinheiten zu berichten gäbe. Larry Ellison, Gründer und Cheftechnologe des Konzerns, hob die eigene Gen2 Cloud hervor, die aus seiner Sicht die Nummer 1 für KI-Workloads ist. Oracle verfüge über die leistungsstärkste und kostengünstigste GPU-Cluster-Technologie der Welt, tönte der Unternehmensgründer. Selbst GPU-Spezialist NVIDIA nutze Oracle-Cluster für seine KI-Infrastruktur, darunter einen mit mehr als 4.000 GPUs. Entwickler von Large Language Models (LLMs) wie Mosaic ML, Adept AI, Cohere sowie 30 weitere KI-Unternehmen hätten gerade erst Verträge über den Erwerb von Kapazitäten in Höhe von mehr als zwei Milliarden Dollar in der Gen2 Cloud von Oracle unterzeichnet.

Generative-KI-Kooperation mit Cohere

Oracle will zusammen mit Cohere selbst Generative-KI-Dienste nativ über seine Cloud bereitstellen. Kunden sollen damit Geschäftsprozesse von Ende zu Ende automatisieren, Entscheidungsfindungs-Prozesse beschleunigen und Kundenerlebnisse verbessern. Basierend auf Oracle Cloud Infrastructure (OCI) werde die KI-Offerte sowohl Anwendungen als auch Infrastruktur umfassen.

Im Rahmen der Partnerschaft wird Cohere seine generativen KI-Modelle auf OCI trainieren und darüber bereitstellen. Mit über 16.000 NVIDIA-H100-GPUs pro Cluster verfüge die Plattform über die leistungsstärkste und gleichzeitig kostengünstigste GPU-Cluster-Technologie, wirbt Oracle. Hinzu kämen besonders geringe Latenzzeiten sowie das Remote-Direct-Memory-Access-(RDMA-)Netzwerk mit der angeblich höchsten Bandbreite in der Cloud. Diese Leistungsmerkmale ermöglichten die Beschleunigung des Trainings von großen Sprachmodellen bei gleichzeitig sinkenden Kosten.

Die Modelle von Cohere sollen direkt in Oracles Portfolio von Cloud-Anwendungen integriert werden, also in Oracle Fusion Cloud Applications, Oracle NetSuite sowie in branchenspezifische Anwendungen von Oracle.