DOAG-Umfrage

Oracle-Anwender bemängeln Support-Qualität

27.11.2016
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Nachdem Oracle im Frühjahr den deutschen Support dicht gemacht und nach Rumänien verlagert hat, bekommt der US-Konzern nun die Quittung. Anwender geben der Supportqualität deutlich schlechtere Noten als noch vor zwei Jahren, wie eine aktuelle Umfrage der DOAG gezeigt hat.

Wieder einmal geben die deutschen Oracle-Anwender ihrem Softwarelieferanten im Fach Supportqualität schlechte Noten. Deutlich mehr als die Hälfte (56 Prozent) der über 200 von der Deutschen Oracle Anwendergruppe (DOAG) befragten Anwender kritisierten die Unterstützung durch Oracle als "Nicht ausreichend". In einer Umfrage vor zwei Jahren lag der Anteil der unzufriedenen Oracle-Kunden noch bei 38 Prozent. Rund ein Viertel der Befragten bewertete den Support wie schon 2014 als "befriedigend". Insgesamt vergab in diesem Jahr nicht einmal jeder fünfte (19 Prozent) der Oracle-Support-Kunden die Note "Gut" (2014: 35 Prozent).

Das Ergebnis der diesjährigen DOAG Support Umfrage fällt für Oracle wenig schmeichelhaft aus.
Das Ergebnis der diesjährigen DOAG Support Umfrage fällt für Oracle wenig schmeichelhaft aus.
Foto: DOAG

Im Detail sei mehr als die Hälfte der Befragten mit der Qualität (59 Prozent) und den Prozessen (60 Prozent) weniger zufrieden, die Reaktionszeit des Oracle-Supports bewertete knapp die Hälfte als "Nicht ausreichend", berichtete Christian Trieb, Leiter des DOAG Competence Centers Support. Seiner Einschätzung nach seien die Antworten auch als Reaktion der Kunden auf die Veränderungen in Oracles Support-Organisation zurückzuführen.

Oracle verlagert Support nach Rumänien

Der US-Konzern hat in diesem Jahr unter anderem den deutschen Produkt-Support dicht gemacht und nach Rumänien verlagert. Support-Zentren in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und den Niederlanden wurden Ende März geschlossen, rund 450 Stellen fielen weg. In Deutschland seien etwa 150 Support-Mitarbeiter von den Stellenstreichungen betroffen, hieß es im Frühjahr dieses Jahres von Seiten der Anwendervertretung. Oracle hat sich bis heute zu den drastischen Einschnitten in seiner Support-Organisation nicht offiziell geäußert.

Auch auf eine Reaktion Oracles zu den Ergebnissen der aktuellen Support-Umfrage wartet DOAG-Mann Trieb noch. Die Anwendervertreter hatten bereits Qualitätsverluste befürchtet. Wichtig für die Kunden sei vor allem, ob Oracle in der Lage sein werde, die Qualität des Supports sowohl qualitativ als auch quantitativ aufrecht zu erhalten, hieß es im Februar. Entscheidend werde dabei sein, wie der Übergang Ende März reibungslos durchgeführt werden könne. Nichtsdestotrotz bedauere die DOAG es sehr, dass Oracle Deutschland sich von vielen langjährigen Mitarbeitern verabschiedet und dadurch sehr viel Know-how in Deutschland verloren geht.

Nicht alle Kunden sind gleich

Die Quittung für die Strategie, den Support möglichst effizient und kostensparend abzuwickeln, bekommt Oracle nun präsentiert. Trieb vermisst vor allem ein individuelles Eingehen auf die Kunden. "Nicht alle Kunden sind gleich und nicht alle Probleme sind gleich", sagt der Anwendervertreter. Starre Richtlinien würden den Support zunehmend unflexibel machen. Hier wäre mehr Fingerspitzengefühl angesagt.

Schon in der Vergangenheit fielen Umfragen der Oracle-Anwender zur Supportqualität meist wenig schmeichelhaft aus. 2010 erhielt Oracle im Fach Support nur von jedem fünften seiner hiesigen Kunden die Note gut, fast ein Viertel der befragten Anwender monierte, der Oracle-Support sei schlichtweg schlecht. Kritikpunkte gab es einige: Beispielsweise war es Oracle in der Vergangenheit nicht gelungen, seine Kunden von dem neuen Serviceportal "MyOracle Support" zu überzeugen.

Anwender kennen Oracle-Werkzeuge zu wenig

Zentrale Tools wie der "Oracle Configuration Manager" (OCM) wurden laut der damaligen DOAG-Umfrage kaum genutzt. Sechs Prozent kannten das Tool nicht, 58 Prozent nutzten es nie, weitere 29 Prozent selten. Mit Hilfe des OCM sollten Anwender Konfigurationsdaten ihrer Oracle-Infrastruktur in das Portal übertragen. Dies erleichtere und verbessere aus Sicht der Oracle-Verantwortlichen den Support, hatte es von Seiten des Herstellers geheißen. Doch das sahen die Kunden offenbar anders. Man vereinfache letztendlich den Support für Oracle, ein Mehrwert für die Kunden sei nicht ersichtlich, lautete das nüchterne Fazit der DOAG.

Auch aktuell bietet der Bekanntheitsgrad einzelner Support-Tools, wie etwa der "Oracle Proactive Support" weiterhin viel Luft nach oben. Das Tool ist der DOAG zufolge immer noch bei vier von zehn Befragten unbekannt (2014: 65 Prozent). Das Werkzeug erreicht damit zwar einen höheren Bekanntheitsgrad als zwei Jahre zuvor, aber nur sechs Prozent nutzen es (2014: fünf Prozent) und ein weiteres Prozent denkt über dessen Einführung nach (2014: drei Prozent).

Schon vor zehn Jahren bemängelten die Oracle-Anwender, dass der Oracle-Support schlechter geworden sei. Hauptgrund damals: Sprachliche Probleme. Im Detail hatten die Oracle-Anwender in der Umfrage 2006 kritisiert, dass der Datenbankspezialist zu wenig deutschsprachigen Support anbiete. Außerdem wurde über zu lange Reaktionszeiten geklagt. Unzufrieden äußerten sich die Kunden auch mit der Qualität der von den Support-Mitarbeitern geleisteten Arbeit. Es entstehe der Eindruck, dass der Softwarehersteller an dieser Stelle spare. Bemängelt wurde, das Englisch mancher Oracle-Betreuer sei kaum zu verstehen.

Unzufriedenheit sitzt tief

Konsequenzen aus dieser offenbar tief sitzenden Unzufriedenheit mit der Support-Qualität von Oracle sind derzeit noch nicht abzusehen. 52 Prozent der befragten Anwender ziehen der Umfrage zufolge allerdings den Support durch einen Drittanbieter in Erwägung (2014: 57 Prozent). Das sei aber nach wie vor eine rechtliche Grauzone, warnt Trieb. Support und Wartung durch Oracle zu kündigen, habe schließlich zur Folge, dass man keine Patches und Bug Fixes mehr erhalte. Ob das ein Drittanbieter auffangen könne, da hat der Doag-Vertreter so seine Zweifel. Anwender könnten bei kleineren, nicht so wichtigen Systemen ausprobieren, ob das funktioniere. Bei geschäftskritischer Software, wie es eine Datenbank in aller Regel ist, sollten die Anwender vorher aber genau überlegen, ob sie diesen Schritt gehen wollen, mahnt Trieb.

In der Vergangenheit haben einige Firmen versucht, sich als Drittanbieter von Support- und Wartungsleistungen im Markt zu etablieren. So richtig durchgesetzt hat sich dieses Modell bis dato aber nicht. Das liegt sicher auch daran, dass die großen etablierten Softwarekonzerne, die in den vergangenen Jahrzehnten viel Geld im hoch-margigen Wartungsgeschäft verdient haben, mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen die Störenfriede zu Felde ziehen. Gerade Oracle hat Unternehmen wie Rimini Street und TomorrowNow regelmäßig vor den Kadi gezerrt. Experten haben indes wiederholt das Wartungs-Monopol der Softwarehersteller kritisiert und gefordert, dass dieser Markt geöffnet werden müsse.