"Das wird explodieren wie keine Technologie je zuvor"
Lässt sich quantifizieren wo wir in Sachen Container-Adoption stehen?
Whitehurst: In meinen Augen wird diese Technologie explodieren, wie keine andere je zuvor. Sogar stärker noch als die Virtualisierung. Container stellen ein Deployment zu einem dramatisch niedrigeren Preis in Aussicht und ermöglichen eine viel effektivere Entwicklung von Software. Hierbei kann man nur gewinnen. Aber für die Bereitstellung in großem Maßstab reicht es momentan noch nicht ganz. Jeder spielt noch mit dieser Technologie rum und testet sie. Einige Banken haben mit dem Roll-out begonnen, aber wenn es darum geht echte, produktive Applikationen zu betreiben, gibt es in diesem Bereich nur einige wenige Early Adopter.
Die Public Cloud ist in Sachen Container schon viel weiter. Jeder erprobt bereits die Möglichkeiten, aber wir sind in diesem Bereich mit Abstand Marktführer und stehen mit all diesen Unternehmen in Kontakt. Ich würde sagen, wir sprechen hier von einigen hundert Firmen, die diesbezüglich etwas in Produktion haben.
- Einbindung ins Rechenzentrum
Um ihre volle Wirkung entfalten zu können, muss es möglich sein, Container in die bestehende IT-Infrastruktur des Unternehmens mit ihren Services einzubetten - seien es beispielsweise Security-, Authentisierungs- oder Netzwerk-Dienste. - VM-Management statt Chaos
Die IT-Verantwortlichen müssen einen Weg finden, ihre virtuellen Maschinen (VM) übersichtlich zu verwalten und die Kunden trotzdem parallel mit den benötigten Services zu versorgen. - Skalierbarkeit
Die heutige, hochdynamische Unternehmens-IT macht es erforderlich, dass Unternehmen ihre Container-Technlogie und die Kapazitäten zur Bereitstellung an die Anwender programmatisch skalieren können. - Orchestrierung
Unternehmen müssen mehrere Container miteinander kombinieren, Container mit anderen Applikationen kombinieren und die Kommunikation zwischen Containern und anderen IT-Ressourcen ermöglichen. Um all das zu erreichen, müssen die Container auch in einer Umgebung entwickelt werden, die diesen Mix aus Technologien und Rechenkapazitäten abbildet. - Legacy-Systeme beachten
Container müssen nicht nur mit den neuesten Anwendungen und Systemen im Unternehmen harmonieren, sondern auch die Altsysteme berücksichtigen.
Noch eine perspektivische Frage: Sie haben kürzlich gesagt, ein Drittel der Red-Hat-Gewinne sei auf die OpenStack-Umgebung zurückzuführen. Tatsächlich hatten Sie aber anfangs Ihre Probleme damit. Was ist nun richtig?
Whitehurst: Ja, ein Drittel ist richtig. Sagen wir, wie es ist: In den frühen Tagen war OpenStack die schlimmste aller Welten. Jeder Hersteller adaptierte es so schnell wie möglich, weil man glaubte, sich vor Amazon schützen zu können. So wurden sehr frühe Versionen auf die Kunden losgelassen, weil niemand zu spät dran sein wollte. Hatte man es dann zum Laufen gebracht, konnte man es in der Regel nicht updaten, denn dafür brauchte es einen Doktortitel. Wir haben es deswegen erst einmal etwas langsamer angehen lassen. Über die Zeit ist OpenStack gereift. Die letzten Revisionen laufen stabil und eignen sich hervorragend für ein ganzes Set von Workloads. Im Vergleich zur Public Cloud ist das der ökonomischere Weg, um Workloads abzubilden. Dabei wird die Adaption der nächsten OpenStack-Generation unumgänglich sein. Dafür werden der weiter steigende Traffic, aber auch neue Technologien, etwa das 5G-Netzwerk, sorgen.
Wir sind auf dem OpenStack-Markt ein großer Player und mit Abstand der größte Upstream-Lieferant. Aber es gibt auch viele Kundengespräche, in denen wir zwar wegen OpenStack angesprochen werden, dann aber Red Hat Enterprise Virtualization - unser VMware-Äquivalent - verkaufen. Wenn man Automatisierung und Skalierung will, ist OpenStack phänomenal, aber betreiben Sie hierauf mal eine Applikation, die hochgesichert laufen muss. Dann schneiden Sie sich ins eigene Fleisch. Es ist eine andere Architektur für eine andere Welt.
Ein interessanter Fakt zu unserer OpenShift-Container-Plattform: Jeweils ungefähr ein Drittel unserer Kunden betreibt sie auf VMware, OpenStack oder Amazon. Einige sagen: 'Ich habe schon eine gute VMware-Infrastruktur, habe ein ELA [Anm.d. Red.: Enterprise License Agreement], ich schmeiße es einfach da mit hinein'. Leute, die etwas komplett Neues aufbauen, setzen entweder auf OpenStack oder die Cloud. OpenShift kann in jedem dieser Modelle betrieben werden.
- OpenStack-Studie von Crisp Research
Wie lässt sich Cloud-Infrastruktur im Unternehmen einfach bereitstellen und wie können Multicloud-Umgebungen verwaltet werden? Für deutsche IT-Entscheider lautet die Antwort immer häufiger "OpenStack", wie eine brandneue Studie von Crisp Research zeigt. - Cloud in der Unternehmensrealität – Einsatz & Planung
- Anforderungen an Cloud Platformen
- Cloud-Bau – Favorisierte Technologieanbieter
- Bekanntheit von OpenStack (unter Cloud-Nutzern)
- Bedeutung von OpenStack
- Warum beschäftigen Sie sich aktuell mit OpenStack?
- Argumente für OpenStack (Pro)
- Argumente gegen OpenStack (Contra)
- Planung und Einsatz von OpenStack – Anteil aller Cloud-Nutzer
- OpenStack – Eine Technologie für die Cloud-Pro ´s
- OpenStack Workloads – Ein breites Einsatzspektrum
- OpenStack Releases reflektieren den frühen Reifegrad
- Buy oder Build – Umsetzung von OpenStack
- Kriterien bei der OpenStack-Partnerwahl
- Einschätzung von OpenStack-Partnern (nach Leistungsfähigkeit)
"Der banale Downstream-Kram sorgt dafür, dass wir existieren"
Neben VMware ist auch Microsoft einer ihrer Haupt-Konkurrenten, richtig?
Whitehurst: VMware ist definitiv ein Konkurrent. In unserer bizarren 'Coopetition'-Welt konkurrieren wir seltsamerweise nicht so sehr mit Microsoft, weil es deren Welt und die Java-Welt gibt. Wir konkurrieren mit Oracle und IBM im Middleware-Segment. Mehr als mit Microsoft wie ich glaube. Technisch gesehen natürlich auch mit Microsoft aber nicht auf einem Deal-by-Deal-Level. Und auch wenn VMware in Sachen Software-defined Data Center ein klarer Konkurrent ist: Wir arbeiten viel mit ihnen zusammen und viele RHEL-Distributionen läuft auf ihren Produkten.
Sehr gut. Abschließende Bemerkungen?
Whitehurst: Unser Modell beruht auf folgendem Gedankengang: 'Hier ist ein Set an Notwendigkeiten in einem Unternehmen und dort ist ein cooles Bündel Cloud-nativer Open-Source-Technologien. Wie bringen wir diese Welten in konsumierbarer Weise für das Unternehmen zusammen?' Ich glaube, eine Menge Leute würden auch sagen: 'Red Hat bietet Support, der über Open Source hinausgeht'. In unseren Geschäftsberichten können Sie sehen, dass nur sechs Prozent unserer Kosten auf Support entfallen. Forschung und Entwicklung macht bei Red Hat einen höheren prozentualen Anteil der Einnahmen aus als bei Microsoft. Aus Open-Source-Technologie ein Produkt zu machen, das Lifecycle-Anforderungen genügt, ist echt teuer.
Wir haben ein paar Tausend Entwickler im Einsatz. Die müssen jedem Bugfix und Security Update in den 72 verschiedenen Kerneln, die wir unterstützen, nachgehen. Dabei darf natürlich nichts kaputtgehen, weswegen wir für die Applikation auf Binärkompatibilität setzen. Wenn ein Kunde eine Applikation, SAP oder Oracle etwa, auf Red Hat Enterprise Linux betreibt, weiß er, dass er die nächsten 13 Jahre den vollen Support bekommt und nie etwas kaputtgeht.
Open Source kann das nicht. Die Grundidee stammt aus der Open-Source-Welt, aber für die nächsten 13 Jahre sorgen Tausende von Red-Hat-Entwicklern dafür, dass alles läuft. Wenn ich davon spreche, Open Source konsumierbar zu machen, geht es bei weitem nicht nur um technischen Support. Der ist tatsächlich relativ einfach zu bewerkstelligen.
Keiner bringt ein neues Stück Hardware heraus, ohne es vorher Red Hat vorzulegen. Wir pflegen eine gewaltige Matrix, in der jede Applikation auf jeder Hardware getestet wird. SAP zum Beispiel rollt keine Applikation aus, die nicht vorher in unseren Laboren auf Hardwarekompatibilität getestet wurde. Diese Abstraktionsschicht ist für unsere Arbeit sehr wertvoll. Es ist toll, all diese coolen, offenen Innovationen zu sehen - und dass wir der größte Kontributor für viele dieser Projekte sind. Aber letzten Endes ist es eigentlich der banale Downstream-Kram, der dafür sorgt, dass wir existieren.
Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer US-Schwesterpublikation networkworld.com.