Der Reiz des Neuen ist verflogen. Der Web-Traffic von ChatGPT, dem Konversations-Bot von OpenAI, ging im Juni im Vergleich zum Vormonat um knapp zehn Prozent zurück. Das beobachtete das Marktforschungs- und Web-Analytics-Unternehmen Similarweb.
Bereits im Mai habe sich ein Abflauen des Interesses abgezeichnet, schreibt David F. Carr, Senior Insights Manager bei Similarweb, in einem Blog-Beitrag. Waren die Nutzer- und Zugriffszahlen zuvor Monat für Monat rasant angestiegen, flachte die Kurve zuletzt mehr und mehr ab. Inzwischen verzeichnet das KI-Tool rückläufiges Interesse. Auch die Zahl der Unique Visitors (minus 5,7 Prozent) und die Verweildauer (minus 8,5 Prozent) gingen zurück.
100 Millionen Nutzer in drei Monaten
Dabei darf man allerdings nicht vergessen, dass OpenAI mit seinem Large Language Model (LLM) seit November vergangenen Jahres einen beispiellos rasanten Aufstieg hingelegt hat. Innerhalb weniger Monate lockte das kalifornische KI-Startup schon im Januar 2023 über 100 Millionen Besucher auf seine Seite. Der Website-Traffic explodierte von "kaum wahrnehmbar" im November 2022 auf Werte zwischen 1,5 und zwei Milliarden Page-Impressions (PIs) in den Monaten März bis Juni dieses Jahres.
Generative KI – ein Billionen-Dollar-Geschäft?
Damit platzierte sich OpenAI laut Similarweb zuletzt auf Rang 20 im Ranking der weltweit am häufigsten besuchten Websites - noch vor Microsofts Bing-Suche (Platz 27). Zu den Top-Plätzen klafft allerdings noch eine große Lücke. Ganz vorne liegt Google mit fast 90 Milliarden monatlichen PIs gefolgt von Youtube (etwa 35 Milliarden PIs) und Facebook (zirka 20 Milliarden PIs).
Kostenlose Dienste kommen OpenAI teuer zu stehen
Über die Gründe, warum im Juni weniger Menschen die Website von OpenAI besucht haben, kann nur spekuliert werden. Manche Experten glauben an Auswirkungen des Sommerlochs, andere sind der Meinung, dass für viele der KI-Reiz schon verflogen ist und sich Ernüchterung breit mache. Die Halluzinationen der Modelle und die oft wenig vertrauenswürdigen Antworten hätten das Interesse schon erlahmen lassen. Dazu kommt, dass OpenAI mit seinem kostenlosen ChatGPT-Angebot bei weitem nicht die Ergebnisqualität erreicht wie mit dem zahlungspflichtigen Angebot, das auf dem neueren LLM GPT-4 basiert und APIs offeriert.
Das Management von OpenAI dürfte den Rückgang der Besucherzahlen verschmerzen können, zumal KI-Themen weiter die Tech-Schlagzeilen dominieren. OpenAI-Gründer und CEO Sam Altman hatte erst kürzlich über die hohen Kosten für den Betrieb des kostenlosen Dienstes geklagt. Externen Schätzungen zufolge belaufen sie sich auf etwa 700.000 Dollar pro Tag.