Das Angebot an Open-Source-Software wächst unaufhörlich. So laden allein vom Open-Source-Portal "Sourceforge" jeden Tag durchschnittlich vier Millionen Nutzer quelloffene Programme herunter. Insgesamt zählt die Website rund 324.000 Projekte mit 3,4 Millionen Entwicklern. Die Vielfalt an Anwendungen und Entwicklungen hat aber auch Schattenseiten, wie sich in einzelnen Bereichen zeigt.
Reine Lösungen sind selten
"Die Zahl der Systeme für Customer-Relationship-Management (CRM) ist in den letzten Jahren stark angestiegen", beschreibt Björn Rafreider, Gesellschafter beim IT-Dienstleister Visual4, die Marktsituation. "Es ist heute schwieriger als noch vor wenigen Jahren, neue Programme nach ihrer Leistungsfähigkeit einzuschätzen." Aber nicht nur im CRM-Segment wird der Markt unübersichtlich. Auch bei Business-Intelligence-(BI-)Anwendungen kommen immer neue Angebote hinzu. Dabei sind die Applikationen oftmals keine reinen Open-Source-Lösungen, was das Problem für den Anwender verschärft.
- Zehn Kriterien für Open-Source-Software
Die Open Source Initiative nennt folgende zehn Kriterien für Open Source Software. - Die Software darf uneingeschränkt für sich ...
... oder als Komponente einer Softwaredistribution verwendet werden. Im Fall eines Verkaufs durch einen Dienstleister dürfen nur Nutzungsgebühren erhoben werden, die sich auf einzelne Module oder Komponenten beziehen. - Das Programm muss den Quellcode enthalten ...
... und seine Verbreitung, auch in veränderter Form, erlauben. Falls das Programm ohne Quellcode verbreitet wird, muss eine Möglichkeit bestehen, mit angemessenen Wiederbeschaffungskosten in den Besitz zu kommen, bevorzugt als Download aus dem Internet. Die ursprüngliche Form des Programmcodes muss gewahrt bleiben. Bewusst verschleierter Code oder Zwischenformen sind nicht erlaubt. - Die Lizenz muss Veränderungen ...
... und weiterführende Arbeiten gestatten. Zudem muss die Weitergabe unter den Lizenzbedingungen der Originalsoftware ermöglicht werden. - Die Weitergabe eines veränderten Quellcodes ...
... kann bezüglich der Lizenz nur dann untersagt werden, wenn die Weitergabe sogenannte Patch Files beinhaltet, die das Programm während der Kompilierung modifizieren. Die Lizenz muss die Verbreitung einer Software mit verändertem Quellcode ermöglichen. Außerdem darf sie fordern, dass veränderte Programme einen anderen Namen oder eine andere Versionsnummer als die Originalsoftware ausweisen müssen. - Die Lizenz darf keine einzelnen ...
... Personen oder Gruppen diskriminieren. - Die Lizenz darf die Verwendung des Programms ...
... in einem speziellen Einsatzfeld nicht beschränken. - Die Rechte einer Software ...
... müssen für alle gelten, die sie erlangen, ohne dass sie eine weitere Lizenz erwerben müssen. - Ist das Programm Bestandteil eines Softwarepakets, ...
... dürfen die Rechte nicht davon abhängig sein. Im Fall einer Entnahme aus diesem Paket werden die Rechte der ursprünglichen Software für das Programm eingeräumt. - Beschränkungen bei der Weitergabe der lizenzierten Software ...
... mit anderer Software sind unzulässig. Beispielsweise darf die Lizenz nicht vorschreiben, dass mitgegebene Programme auch OSS sein müssen. - Keine Bestimmung der Lizenz kann auf irgendeine ...
... einzelne Technologie oder Art einer Schnittstelle bezogen werden.
Bei OSS für Enterprise Resource Planning (ERP) ist noch ein weiteres Problem zu beobachten. "Viele Firmen greifen den Begriff zwar auf, verwenden OSS aber nur für einzelne Funktionsbereiche wie das CRM oder die Materialwirtschaft. Reine Open-Source-Lösungen sind bei Anwendern selten", sagt Anja Schatz, Abteilungsleiterin am Fraunhofer-Institut Produktionstechnik und Automatisierung (IPA). Als Gerüst kommen meist proprietäre Programme zum Einsatz. Um die Software werden dann Open-Source-Lösungen herumgestrickt. "Der Markt ist durch Modularisierung und Softwarebaukästen geprägt", schildert Schatz. Aufgrund der Vielfalt von OSS und dem selbstverständlichen Umgang im privaten wie unternehmerischen Umfeld entstehen Missverständnisse bei der Nutzung.
Fallstricke bei der Nutzung
Der "Leitfaden Open Source Software - Rechtliche Grundlagen und Hinweise" (siehe Kasten) des Bitkom weist auf diese Fallstricke hin. Ein gängiges Missverständnis sei etwa, dass aus der einfachen und unentgeltlichen Verfügbarkeit der OSS auf ein Fehlen von rechtlichen Rahmenbedingungen geschlossen werde. Dabei unterliegen OSS sehr wohl Nutzungsbedingungen. Unternehmen müssen im Vorfeld einer Implementierung prüfen, ob die Nutzung im Einklang mit der Softwarelizenz steht. Zwar ist der Quellcode einer OSS offen, aber Verwertung und Bearbeitung sind nicht vorbehaltlos gestattet. Die Nutzungsrechte sind in der Regel von Voraussetzungen abhängig, wie sie Anbieter oder IT-Dienstleister vorgeben. Entwickeln sie etwa exklusive Zusatzmodule, die nicht unter der Open-Source-Lizenz laufen, dann muss der Kunde hierfür zahlen sowie deren Bedingungen akzeptieren.
Auf diese Weise lässt sich OSS von Public-Domain-Software sowie Free- und Shareware abgrenzen. Public-Domain-Software kann uneingeschränkt vervielfältigt, verbreitet und verändert werden. Bei Shareware wird der Gebrauch etwa von zeitlichen oder kommerziellen Beschränkungen abhängig gemacht. Die Entwickler einer Freeware legen den Sourcecode nicht frei, so dass sie nicht modifiziert werden darf. Die Software ist aber kostenlos nutzbar.
Lizenzen sind nicht trivial
Für Open-Source-Programme gelten dagegen Kriterien, wie sie maßgeblich die Open Source Initiative (OSI) definiert (siehe Kasten). Darin ist festgelegt, welchen Lizenzbestimmungen die Software unterworfen ist. So muss die Lizenz einer OSS deren Veränderung gestatten. Allerdings erfolgt die Weitergabe bei einem Großteil unter den Lizenzbedingungen des "Originals".
Der Umgang mit den OSS-Lizenzen ist nicht trivial, da rechtliche Hürden existieren. Die OSI listet knapp 70 Lizenzformen auf, die nach vordefinierten Kriterien für OSS freigegeben wurden. Die größten Unterschiede bestehen bei der Bestimmung, wie Veränderungen am Programm vorgenommen werden dürfen.
Die Lizenzen lassen sich in starkes Copyleft, schwaches Copyleft und Non-Copyleft einteilen. Die GNU GPL (General Public License) ist beispielsweise eine starke Copyleft-Lizenz, so dass Programme nur unter der Bedingung weiterverbreitet werden dürfen, dass sie ebenfalls unter der GPL stehen. Bei einem schwachen Copyleft können Veränderungen vorgenommen werden, ohne dass die Weitergabe unter den gesamten Lizenzbedingungen des Originals stehen (zum Beispiel GNU Lesser General Public License = LGPL). Dies ist beispielsweise der Fall, wenn Open-Source-Komponenten für die Zusammenarbeit mit proprietärer Software programmiert werden. Im Gegensatz dazu ist etwa die BSD (Berkeley Software Distribution) eine Non-Copyleft-Lizenz. Programme, die diesem Lizenzmodell folgen, können weiterentwickelt und unter einer anderen Lizenz vertrieben werden.