Die ersten serienreifen, voll autonom fahrenden Autos werden wohl um das Jahr 2020/2021 auf den Markt kommen - so ist zumindest immer wieder in Hintergrundgesprächen zu hören. Bereits heute, so ist etwa bei Gartner zu hören, arbeiten mehr als 46 Unternehmen an der AI-Software (Artificial Intelligence) zur Steuerung und Kontrolle autonomer Fahrzeuge. Bei aller Faszination für die Technik (5G Mobilfunk, etc.) und das Leistungsvermögen der KI stellt sich aber auch die Frage, ob die Industrie hier nicht in die falsche Richtung forscht und am Bedarf ihrer Kunden vorbei? Denn das Vertrauen der Konsumenten und die soziale Akzeptanz, so das IT-Reserach und Beratungsunternehmen Gartner sind wichtige Triebkräfte für die massenhafte Verbreitung selbstfahrender Autos.
Große Zweifel bei den Verbrauchern
Und mit dem Vertrauen und der Akzeptanz der potenziellen Käufer und Nutzer scheint es nicht zum Besten bestellt zu sein. Dieser Eindruck drängt sich zumindest auf, wenn man jüngste Umfrageergebnisse in Betracht zieht. So lehnten es etwa 55 Prozent der Teilnehmer einer Online-Umfrage ab, in einem komplett autonomen Auto mitzufahren. Im Zug der Umfrage wurden 1.519 Menschen in Deutschland und den USA im April und Mai 2017 für die "Gartner Consumer Trends in Automotive" befragt. 71 Prozent würden es zumindest in Betracht ziehen, ein teilweise autonomes Fahrzeug zu nutzen. Noch niederschmetternder sind die Zahlen, die Jack Weast, Senior Principal Engineer and Chief Systems Architect der Autonomous Driving Group bei Intel, in seinem Blog zitiert: Demnach fürchten sich nach einer Studie der AAA (American Automobile Association) 75 Prozent der Amerikaner davor, mit einem fahrerlosen Auto zu fahren. Sie haben, so Weats weiter, schlicht "Angst vor autonomen Fahrzeugen." Auch bei Gartner sieht man Bedenken wegen möglicher technischer Fehler und mangelnder Sicherheit als die Hauptgründe, wegen denen viele Verbraucher selbstfahrende Autos kritisch sehen.
Eine frappierende Einstellung, wenn die Consultants auf der anderen Seite davon ausgehen, dass sich die volle Wirkung autonomer Fahrzeuge auf Wirtschaft und Gesellschaft bereits ab ungefähr 2025 zeigen wird. Im positiven Sinne sind des etwa Weast zufolge die Möglichkeit, Millionen Menschenleben zu retten und gleichzeitig Mobilität für alle zu schaffen, indem hinter dem Lenkrad kein Mensch mehr sitzt.
Problem Human-to-Machine-Interface
Ferner ist Weast davon überzeugt, dass man sich das Vertrauen der Consumer in das autonome Fahren erarbeiten kann, indem man ihnen interaktive Erfahrungen mit modernen Technologien ermöglicht. Dazu führte das "User Experience Research Team" von Intel eine interaktive Vertrauensstudie mit Passagieren in fahrerlosen Fahrzeugen durch. Der Fokus lag dabei auf Faktoren, die das Vertrauen der Teilnehmer in autonome Systeme beeinflussen, und auf HMIs (Human-to-Machine Interfaces), also auf Bildschirmen, Touch Screens, Sprachsteuerung und anderen Methoden, durch die Passagiere mit dem fahrerlosen Fahrzeug interagieren können.
Im Zuge der Studie identifizierten die Intel-Forscher sieben Spannungsfelder, die es zu lösen gilt, wenn das Vertrauen in das autonome Fahren gesteigert werden soll.
Die Spannungsfelder beim Vertrauen in Human-Machine-Interfaces sind laut Intel:
Menschliches vs. maschinelles Urteilsvermögen
Viele Studienteilnehmer waren über die Abwesenheit von menschlichem Urteilsvermögen im fahrerlosen Auto besorgt. Dies gilt insbesondere in kritischen Situationen, beispielsweise bei unachtsamen Fußgängern oder wenn andere Fahrer das autonome Fahrzeug schneiden.
Personalisierter Bereich vs. Mangel an Unterstützung
Die Vorstellung, während der Fahrt im autonomen Fahrzeug freie Zeit zur Verfügung zu haben, brachte viele Testpersonen dazu sich auszumalen, wie sie diese Fahrtzeit nutzen würden. Andere äußerten ihre Besorgnis darüber, in dieser Zeit nicht mit einem menschlichen Fahrer interagieren zu können.
Verständnis vs. Informationsflut
Die meisten Testpersonen waren der Meinung, dass man erst Vieles über das automatische Fahrtsystem lernen muss, um sich damit wohlzufühlen. Sobald aber das Vertrauen in das System einmal hergestellt war, empfanden die Tester manche Mitteilungen und Nachrichten eher beunruhigend und aufdringlich.
Kontrollverlust vs. Kontrollgewinn
Für einige Testpersonen war die Fahrt auf dem Rücksitz, wo es keine Steuerelemente gibt, ein unangenehmes Gefühl. Auch der sichtbar leere Fahrersitz und die autonome Bewegung des Lenkrades verursachten Unbehagen. Die Teilnehmer diskutierten darüber, ob das Entfernen visueller Hinweise auf das Fehlen eines Fahrers dabei helfen könnte, ihre Befangenheit zu lindern.
Funktion vs. Funktionsnachweis
Den Teilnehmern war es sehr wichtig zu verstehen, wie die Technologie funktioniert und was sie leisten kann. Gleichzeitig gab es ihnen Vertrauen zu sehen und zu erleben, wie das Fahrzeug seine Umwelt wahrnimmt und auf sie reagiert. Für sie waren diese Reaktionen der Beweis, dass das System funktioniert.
Sprechen vs. Hören
Während die Teilnehmer durch die menschliche "Stimme" des Fahrzeugs beruhigt wurden, wunderten sich viele, ob sie selbst auch durch Sprache mit dem Fahrzeug kommunizieren können (das war nicht Teil des Tests). Viele empfanden es als klaren Mehrwert, sich mit dem Fahrzeug unterhalten und Informationen austauschen zu können, genau wie sie es mit einem menschlichen Fahrer gemacht hätten.
Regelsysteme vs. menschliche Interpretationsregeln
Auch wenn Sicherheit eindeutig der wichtigste Faktor für das Vertrauen aller Testpersonen war, gab es feine Nuancen in der Interpretation von Sicherheit. Einige Teilnehmer gaben zu, dass ihr eigenes Verhalten als Fahrer nicht immer sicher und vorschriftsmäßig ist. Die Tester gaben zu, dass es für sie schwierig war, von diesen Gewohnheiten abzulassen und sich auf die neue regelkonforme Fahrweise der Systemsteuerung einzustellen.