Intel, Apple, Google und Co.

Neue starke Player drängen ins Smart-Home-Geschehen

14.09.2014
Von 
Klaus Hauptfleisch ist freier Journalist in München.
Smart Home wird mit dem Trend zu IP-gestützten und App-gesteuerten Systemen langsam zum Spielfeld mächtiger IT-Player, die sich wie Google zunächst im US-Markt versuchen.

Wie bereits in einem vorangegangenen Artikel festgestellt, wird Smart Home mit den Möglichkeiten von Smartphones und neuer Übertragungswege zunehmend zum Massenmarkt. Den Weg dafür geebnet haben einige Startups aus dem IP-Umfeld sowie weniger große, aber sehr innovative IT-Unternehmen wie Tobit und AVM. Doch nun erlebt man, wie mit Macht die ganz großen Player ins Geschehen drängen, Apple mit dem auf der WDDC 2014 vorgestellten HomeKit sowie dem auf Bluetooth 4.0 (Low Energy) basierenden iBeacon zum Beispiel, Google mit der milliardenschweren Akquisition von Nest Labs, Hersteller von lernfähigen, intelligenten Thermometern und Rauchmeldern. Beide scheinen dabei auch die wertvollen Daten aus unendlich vielen Benutzer- und Bewegungsprofilen im Auge zu haben.

Der Netzwerkriese Cisco hatte 2009 schon geweissagt, dass der Markt für intelligente Stromnetze hundert Mal so groß werden würde wie das Internet und sich damals ab 2013 für Smart Grid ein jährliches Umsatzziel von 20 Milliarden Dollar gesetzt. Intel wiederum sieht Energie als eine der größten Herausforderungen der modernen Gesellschaft und hat auf der CeBIT 2014 eine Puma 6 genannte Plattform für den nachhaltigen, ressourcenschonenden Energieeinsatz im intelligenten Haus und in der intelligenten Fabrik vorgestellt. Multi-Funktions-Gateways auf Puma-6-Basis sollen in der Lage sein, verschiedene Dienste in einer Plattform zu virtualisieren und die unterschiedlichsten Smart-Home-Funktionen wie Internet, TV, Haussicherheit und Energiemanagement in einem Gerät zusammenzuführen. Samsung arbeitet an einer auch braune und weiße Ware umfassenden eigenen Smart-Home-Plattform.

ITK-Fachhandel als Partner für das Nachrüstgeschäft

Ingram-Micro-Manager Klaus Donath
Ingram-Micro-Manager Klaus Donath
Foto: Hersteller

Längst hat sich auch die IT-Distribution für das Thema erwärmt. Neben dem bereits in einem vorangegangenen Artikel erwähnten Disti Also Deutschland mischt mittlerweile auch der Weltmarktführer Ingram Micro ganz vorne beim Thema Heimvernetzung mit. Computerwoche hat Klaus Donath, Mitglied der deutschen Geschäftsleitung und Senior Director Value Business, zu Smart Home befragt. Er persönlich findet den Begriff zu schwammig und zieht andere wie Home Automation und Physical Security vor. Im Nachrüstgeschäft und bei IP-fähigen Security-Produkten komme dem Fachhandel Know-how im Bereich der IP-Technologie zugute, "im Gegensatz zu vielen Fachhändlern aus dem Bau- und Elektrogewerbe", die den Markt lange Zeit dominierten.

Der wichtigste Hersteller von Smart Home im Markt und für Ingram Micro ist RWE. Aber andere Hersteller sind ebenfalls stark im Kommen. Bei der Videoüberwachung wurden 2013 laut Donath schon mehr IP- als analoge Systeme verbaut. Davon profitierten im Unternehmensbereich vor allem Axis, Sony und Bosch sowie D-Link, Trendnet und Digitus bei Privatkunden. Bei der IP-Zugangskontrolle findet der Top-Manager die Firma Paxton mit Systemen für bis zu 1.000 Türen erwähnenswert, als einen der führenden Anbieter von IP-Alarmanlagen nennt er Lupus Electronics.

Die Sendemodule für Bluetooth Low Energy werden von Hersteller wie Estimote angeboten.
Die Sendemodule für Bluetooth Low Energy werden von Hersteller wie Estimote angeboten.
Foto: Hersteller

Dass Apple, Google, Samsung und Co. mit ihrer Marktmacht bei Smartphones und Tablets das Thema voranbringen, findet Donath begrüßenswert, denn: "Je mehr das Thema in den Medien präsent ist, desto mehr beschäftigen sich auch der Fachhandel und die potenziellen Kunden damit." Andererseits spielten die großen Namen in Deutschland noch keine Rolle, weil sie sich als Testmarkt zunächst auf Amerika konzentrierten. "In Deutschland sind es im Moment kleinere Hersteller, die tolle Systeme entwickeln und auf den Markt bringen", so Donath. Schließlich können sie dafür auch auf offene Standards wie WLAN, ZigBee, Bluetooth und NFC zurückgreifen.

NFC und iBeacon: Komm doch näher!

Aktuell liegt das Interesse an (i)Beacons noch stärker bei den Themen Mobile Payment und Mobile Marketing.
Aktuell liegt das Interesse an (i)Beacons noch stärker bei den Themen Mobile Payment und Mobile Marketing.
Foto: Paypal

Immer mehr Smartphones sind mit Near Field Communication (NFC) ausgestattet und erlauben es, ganz nah an passive RFID Tags oder aktive Transmitter gebracht, bestimmte Befehle auszulösen oder Daten auszutauschen. Bezahlsysteme auf NFC-Basis wurden von Gartner 2001 auf einem Mobilfunk-Symposium in Rom schon als eine mögliche Killerapplikation für UMTS genannt, mit der Einschränkung, dass sie wie die meisten "Kandidaten" die hohen Lizenzkosten nicht rechtfertigen würden. Der Durchbruch der digitalen Brieftasche per NFC lässt in Deutschland auch immer noch auf sich warten. Die Deutsche Telekom will das mit MyWallet ändern, kann aber iPhone-Nutzer damit nicht oder nur über den Umweg eines NFC-Stickers auf dem Gerät erreichen, weil Apple mit iBeacon sein eigenes Süppchen kocht. Mehr dazu im IT-Battle zwischen den Kollegen Jürgen Hill und Christian Vilsbeck, die dabei auch der Frage nachgehen, ob iBeacon besser sei als NFC.

Tatsächlich handelt es sich bei NFC und iBeacon um zweierlei Technologien, die sich gegenseitig ergänzen und nicht miteinander konkurrieren, wie der nfc-tag-shop.de feststellt. Denn iBeacon basiert auf den Spezifikationen von Bluetooth 4.0, mit Reichweiten von bis zu 30 Meter. Je nach Signalstärke wird der Abstand zum Beacon in die vier Kategorien Unknown (unbekannt), Far (weit, bis 30 oder gar 40 m), Near (nah, bis 2 m) und Immediate (sehr nah, bis zu 50 cm) unterteilt und so auf dem Smartphone angezeigt.

Gebäudesteuerung über die Cloud mit digitalSTROM

digitalSTROM will iBeacon dazu nutzen, um je nach Abstand vom Sendesignal unterschiedliche Aktionen zu definieren werden können, Licht ein und Licht aus zum Beispiel.
digitalSTROM will iBeacon dazu nutzen, um je nach Abstand vom Sendesignal unterschiedliche Aktionen zu definieren werden können, Licht ein und Licht aus zum Beispiel.
Foto: Hersteller

Mit dieser räumlichen Abstandskomponente scheint das von Apple für die Navigation in geschlossenen Räumen entwickelte iBeacon insofern überlegen, dass die wie "Leuchtfeuer" (Beacons) verteilten Sendemodule nicht die unmittelbare Nähe brauchen. Vielmehr lassen sie sich so programmieren, dass je nach Abstand unterschiedliche Aktionen ausgelöst werden. Betritt man ein Zimmer, geht das Licht an, verlässt man es, geht das Licht wieder aus, erklärt Martin Vesper, CEO des Schweizer Anbieters digitalSTROM, eine sehr naherliegende Einsatzmöglichkeit von iBeacon in einem Interview mit Beaconblog.de.

Im Zweifelsfall rät Martin Vesper von digitalStrom immer noch zu leitungsgebundenen Systemen.
Im Zweifelsfall rät Martin Vesper von digitalStrom immer noch zu leitungsgebundenen Systemen.
Foto: Hersteller

In der Demonstration auf der CeBIT 2014 mit einer Vielzahl von sich überschneidenden Funknetzen hat iBeacon allerdings zunächst den Dienst versagt: So war das iBeacon häufig außer der Reichweite, obwohl das Smartphone ganz nah herangehalten wurde. Vesper sagt dazu, sein Unternehmen probiere iBeacon gerade aus, NFC habe sich dagegen schon bewährt. Aber grundsätzlich gehe die Empfehlung immer noch zu leitungsgebundenen Systemen. Denn viele Funknetze und Rigipswände in modernen Bauten können sich sehr störend auf drahtlose Technologien auswirken.

Mit inteligenten Lüsterklemmen werden auch Glühbirnen und andere einfache Stromnehmer smart.
Mit inteligenten Lüsterklemmen werden auch Glühbirnen und andere einfache Stromnehmer smart.
Foto: Hersteller

Der Name digitalSTROM steht nicht nur für ein Unternehmen, sondern auch für eine Smart-Home-Basistechnologie. In Lüster- oder Tastenklemmen eingebaute hochintegrierte Mikrocomputer bilden zusammen mit einem zentralen Server im Sicherungskasten das Herzstück des Systems der Schweizer. Die Gebäudefunktionen wie Licht können somit sowohl per Taste als auch über ein Smartphone oder Tablet bedient werden. Die Programmierung, Automatisierung und Konfiguration erfolgt über Smartphone-Apps und Web-Schnittstellen. Bei den Apps selbst setzt digitalSTROM auf Sprachsteuerung und die Cloud. Letztere stellt laut Vesper die nötige Rechenleistung für die Umsetzung von Sprachbefehlen zur Verfügung, die vor anderthalb oder zwei Jahren noch gar nicht denkbar war.