Firmenverkauf

Nächste Etappe oder neue Probleme?

26.05.2022
Von   IDG ExpertenNetzwerk
Raimund Schlotmann ist Experte für Unternehmens- und Führungskräfteentwicklung. Er ist als Geschäftsführer und im Portfolio Management tätig. Zu seinen Erfolgen zählt u.a. der Aufbau der ONVENTIS GmbH (SaaS), die Weiterentwicklung der PROCAD GmbH & Co KG und weiterer Unternehmen im Software Bereich. Er ist Autor des Buchs „Digitalisierung auf mittelständisch“ (Springer).
Beim Firmenverkauf stellt sich eine wesentliche Frage: In welchen Fällen beflügelt eine Übernahme und in welchen nicht? So gehen Investment und Unternehmenssinn zusammen.
Nach einem Unternehmensverkauf hängt die Zukunft einer Firma allein vom neuen Eigentümer ab. Die Visionen des ursprünglichen Inhabers spielen dabei nicht immer eine Rolle.
Nach einem Unternehmensverkauf hängt die Zukunft einer Firma allein vom neuen Eigentümer ab. Die Visionen des ursprünglichen Inhabers spielen dabei nicht immer eine Rolle.
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Unternehmen werden verkauft und gekauft. Das ist per se weder gut noch schlecht. Aber nicht immer tut ein Firmenverkauf dem Unternehmen auf lange Zeit auch gut.

Firmenverkauf und Nachfolgeregelung

Die Aufbauphase von Unternehmen, die in irgendeiner Form etwas Neues auf dem Markt bringen, ist meist von dem starken unternehmerischen Drang begleitet, etwas Sinnvolles zu schaffen, einen Wert und echte Substanz. Es ist diese Reihenfolge: 1. Substanz schaffen, 2. Profit realisieren - die in der Marktwirtschaft dafür sorgt, dass echte Werte geschaffen werden. Kein Unternehmen kann langfristig erfolgreich sein, wenn kein sinnvoller Unternehmenszweck vorhanden ist, der oft von dem Unternehmer selbst verkörpert wird.

Ist das Unternehmen erfolgreich und länger am Markt, kommt unweigerlich auch die Notwendigkeit einer Nachfolgeregelung und möglicherweise ein Unternehmensverkauf in Betracht. Eine wichtige Frage ist dabei nicht nur der beste Preis, sondern auch, welche Art von Käufer für das Unternehmen sinnvoll ist. Möglichkeiten gibt es viele, etwa:

  • Private Equity

  • strategische Investoren

  • Finanz-Holdings oder

  • Family Office

Es muss ein Nachfolger gefunden werden, der dem Unternehmen gut tut und der die weitere Entwicklung des Unternehmens am besten unterstützt. Eventuell stehen die Faktoren Kaufpreis und positiver Einfluss auf das Unternehmen durch den Investor sogar im Widerspruch. Klar ist: Wer Geld in ein Unternehmen investiert, möchte eine Rendite erzielen, so wie das der vorherige Unternehmer letztendlich auch wollte. Sinn und Substanz zu schaffen und ein Renditeziel müssen sich in keiner Weise widersprechen - aber sie können es.

Hat ein Investor sehr kurzfristige Ziele und möchte er schon nach kurzer Zeit wiederverkaufen, ist sein Blick auf die Unternehmensentwicklung unter Umständen genauso kurzfristig. Es klingt paradox aber ein Käufer, der ein Unternehmen sehr langfristig erwirbt, kann weniger Zukunftsphantasie in den Kaufpreis einrechnen, als ein Käufer, dessen Perspektive es ist, in drei bis fünf Jahren den nächsten Käufer zu finden, der vielleicht die gleiche oder am besten eine größere Phantasie aufbringt. Ist die Art bzw. das Thema des Unternehmens gerade beliebt und herrscht eine entsprechende Nachfrage, reicht dies schon aus. Das ist nicht anders, als eine mit Zukunftsphantasie überbewertete Aktie oder Immobilie. Nur sind Unternehmen keine Immobilien, die unverändert dastehen, wenn die Blase platzt.

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Rendite und die Möglichkeiten der Unternehmenssubstanz

Wenn sich Renditeziele und Unternehmenssubstanz-Möglichkeiten immer weiter entkoppeln, rückt der eigentliche Unternehmenszweck in den Hintergrund. Das Unternehmen wird Mittel zum Zweck und zu einer "Black Box" mit einer Renditeerwartung. Es kommt zu einer Entkopplung von Investment- und Unternehmenssubstanz-Zielen. Dies führt möglicherweise zu Problemen für das Unternehmen, die es gar nicht haben müsste. Immer mehr kurzfristige Maßnahmen werden ergriffen, bis letztlich der zu hohe Wert abgeschrieben werden muss. Unter Umständen hat das Unternehmen in der Zwischenzeit zu viele Kredite zur Re-Finanzierung des Kaufpreises aufgenommen und es fehlt Kapital für notwendige Maßnahmen.

Eine langfristig gedachte, kaufmännisch realistische Bewertung und eine unternehmerisch geprägte Vorgehensweise sichern die über all die Jahre mühsam geschaffene Substanz und letztlich auch die Arbeitsplätze der Mitarbeiter. (bw)

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