Nur noch schnell die Welt retten…

Musks verquerer Ukraine-Friedensplan

04.10.2022
Von 


Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
Mehr als sieben Monate dauert inzwischen der russische Angriffskrieg auf die Ukraine an. Obwohl es eine einfache Lösung gäbe - glaubt zumindest Tesla-Chef Elon Musk. Und erntet einen gewaltigen Shitstorm.
Multimilliardär Elon Musk glaubt, für alles eine Lösung parat zu haben.
Multimilliardär Elon Musk glaubt, für alles eine Lösung parat zu haben.
Foto: NextMarsMedia - shutterstock.com

Egal, ob es um ein in einer Höhle eingeschlossenes thailändisches Fußballteam geht oder die angeblich zu niedrige Geburtenrate, die Energiekrise, Hungersnöte, Dauerstaus oder Twitter - Multimilliardär Elon Musk glaubt für jedes Problem eine (meist technische) Lösung zu haben. Und er verbreitet sie immer sofort auf Twitter, ohne Experten zu Rate zu ziehen.

Aktuell beschäftigt Musk sich mal wieder mit Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine und hat eine vermeintlich klare Lösung für das Ende des Konflikts parat. Der vierteilige Vorschlag, den Musk an seine 107 Millionen Follower auf der Plattform twitterte, sieht vor, dass

  • die Scheinreferenden über die Annexion besetzter ukrainischer Gebiete durch Russland unter Aufsicht der UN wiederholt werden. Entscheidet sich das "Volk" dagegen, soll Russland abziehen;

  • die (2014 von Russland illegal von der Ukraine annektierte) Halbinsel Krim formell Teil von Russland bleiben soll, so wie sie es - bis zum Fehler Chruschtschows - bereits seit 1783 war;

  • die Wasserversorgung der Krim gewährleistet bleibet;

  • sich die Ukraine verpflichtet, neutral zu bleiben und nicht der NATO beitritt.

Quasi als Sahnehäubchen auf diese Vorschläge lud der reichste Mensch der Welt seine Twitter-Follower noch dazu ein, über seinen "Friedensplan" abzustimmen. Das taten mittlerweile auch knapp 2,5 Millionen Menschen und Bots, wenngleich das - zuletzt deutlich beschönigte - Ergebnis mit 60 Prozent Ablehnung Musk nicht unbedingt überzeugen dürfte.

Schlimmer noch fielen die Reaktionen der ukrainischen Politiker aus. "Verpiss dich, das ist meine sehr diplomatische Antwort an dich @elonmusk", twitterte etwa Andrij Melnyk, noch bis Mitte Oktober Botschafter der Ukraine in Deutschland. "Jetzt wird kein Ukrainer jemals deinen verdammten Tesla-Scheiß kaufen. Also viel Glück."

Sogar der ukrainische Präsident Volodymyr Selenskyy mischte sich ein und veröffentlichte seine eigene Umfrage, in der er seine weit weniger als 6,6 Millionen Anhänger fragte, welchen @elonmusk sie mehr mögen, den, der pro-ukrainisch ist oder den, der pro-russisch ist.

Innerhalb weniger Stunden verlor Musk so einen Großteil des Wohlwollens, das er im Frühjahr durch die Entsendung der Starlink-Terminals von SpaceX in die Ukraine erzeugt hatte - einmal davon abgesehen, dass ein Großteil der Summe von der US-Regierung gezahlt wurde, um den Internetzugang in dem Land aufrecht zu halten.

Dennoch scheint die breite Kritik an dem Multimilliardär abzuprallen. "Russland führt eine Teilmobilisierung durch", schreibt er auf Twitter. "Sie gehen zur vollen Kriegsmobilisierung über, wenn die Krim in Gefahr ist. Die Todesraten auf beiden Seiten werden verheerend sein. Russland hat mehr als die dreifache Bevölkerung der Ukraine, so dass ein Sieg der Ukraine in einem totalen Krieg unwahrscheinlich ist. Wenn Ihnen die Menschen in der Ukraine am Herzen liegen, sollten Sie den Frieden suchen."