Mit den neuen Cloud-Optionen kommen auch neue Herausforderungen auf die IT-Verantwortlichen in den Anwenderunternehmen zu. Gerade im Hinblick auf hybride beziehungsweise Multi-Cloud-Infrastrukturen wächst die Komplexität, was die Steuerung und das Management anbelangt. Heterogen zusammengesetzte IT-Umgebungen aus On-Premise- sowie unterschiedlichen Cloud-Bestandteilen konfrontieren die CIOs teilweise mit ganz neuen Aufgaben.
Die Cloud will deshalb gut geplant und integriert sein, konstatierte Heiko Henkes, Director Advisor bei ISG, anlässlich eines Expertengesprächs auf der diesjährigen CEBIT. Das betreffe in erster Linie die Vorbereitung eines Umzugs der eigenen IT-Infrastruktur beziehungsweise Teilen davon in die Cloud. Defizite sieht der Analyst beispielsweise bei der Private-Cloud-Readiness vieler Anwenderunternehmen. "Virtualisierung reicht da nicht aus." Außerdem hätten die meisten Unternehmen an ihrem Cloud-Startpunkt immer noch vor allem die Kosten im Blick. Dabei sollte es an dieser Stelle um ganz andere Aspekte gehen, sagt der Analyst und nennt an erster Stelle Punkte wie Flexibilität und Agilität.
Die eine universell passende Cloud-Lösung gibt es nicht
Die meisten Unternehmen möchten die Vorteile aus Private Cloud, Public Cloud und traditioneller IT-Umgebung kombinieren, beobachtet Erich Vogel, Cloud Leader bei Computacenter. Dabei gebe es jedoch nicht die eine richtige Lösung, genauso wenig wie die eine universelle Anwenderanforderung. Daher gelte es für die IT, an die individuellen Bedürfnisse angepasste Cloud-Angebote zur Verfügung zu stellen. Und eines dürften die Unternehmen nicht vergessen: Die Cloud mache den IT-Betrieb per se nicht automatisch einfacher, warnt Vogel vor überzogenen Erwartungen.
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Andreas Zipser, Vice President Sales für Zentraleuropa bei Sage, rechnet daher auch nicht damit, dass gewachsene IT-Infrastrukturen auf Knopfdruck in die Cloud verlagert werden. Zwar wachse derzeit die Veränderungsgeschwindigkeit. Aus der Cloud würden jedoch erst einmal neue Funktionen als Services zur bestehenden IT-Infrastruktur hinzugebucht. Grundsätzlich sollten Unternehmen ihre Cloud-Services nicht nur nach der Funktionalität auswählen, rät der Manager den Anwendern. Mindestens ebenso wichtig sei das Zusammenspiel zwischen den verschiedenen Services. Das sei in erster Linie eine Frage der Plattform.
Öffnung in Ökosysteme
Für die verschiedenen Cloud-Protagonisten wird es darum gehen, die Anwenderunternehmen beim Betrieb von Multi-Cloud-Umgebungen bestmöglich unter die Arme zu greifen. Dabei müssen die Anbieter auch über den eigenen Schatten springen. "Die Welt hat sich gewandelt", sagt Eckhard Schwarzer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Datev. Früher habe in der eigenen Strategie nur das Paradigma gegolten: Nur was man selbst macht, ist gut. Das gelte heute so nicht mehr.
Vielmehr zähle heute, sich für Ökosysteme zu öffnen. Schwarzer spricht von Konnektoren und APIs, die die Datev-Cloud beispielsweise in Richtung Salesforce öffneten. Die Kooperation unter den Anbietern spiele bei der Weiterentwicklung von Cloud-Systemen eine immer größere Rolle. Da die Prozessketten mit der steigenden Vernetzung immer enger zusammenrückten, seien leistungsfähige und sichere Schnittstellen unumgänglich, lautet daher Schwarzers Fazit.
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Schwarzer erinnert die Verantwortlichen in den Anwenderunternehmen zudem daran, sich nicht zu sehr in Fragen der Technik und des Bezugsmodells zu verbeißen, sondern auch die tiefer greifenden Veränderungen im Blick zu behalten. Über Automatisierung habe man schon früher gesprochen. Heute erreiche das Ganze mit der umfassenden Vernetzung und der vielen zur Verfügung stehenden Daten eine ganz neue Dimension. Die Unternehmen müssten so weit gehen, ihr grundlegendes Geschäftsmodell auf den Prüfstand zu stellen. "Wenn ich weiß, wie ich mein Geschäftsmodell zerschießen kann, weiß ich wo mein Handlungsbedarf liegt", konstatiert der Datev-Manager. "Erst danach stellt sich die Frage nach der IT."
Dienstleister für Blech reicht nicht
Die komplexer werdenden Cloud-Kosmen zeigen indes Folgen - auch für die Anbieter, wie Ralf Klemke, Leiter Strategie und Geschäftsfeldentwicklung bei PlusServer erläutert. "Angesichts der großen Anzahl unterschiedlichster Cloud-Szenarien steigt der Beratungsbedarf unserer Kunden", stellt der Manager fest. Dienstleister für Blech reiche deshalb heute längst nicht mehr aus.
Vielmehr gelte es, die Public Cloud für die eigenen Kunden weiter zu veredeln, beispielsweise durch Management-Services wie das Billing in AWS-Umgebungen. Gerade die Steuerungsaufgaben würden damit in Zukunft aber wichtiger, sagt Klemke. In Multi-Cloud-Szenarien wachse der Einfluss der Business-Bereiche. Allerdings müsse auch jemand für die notwendige Sicherheit und Governance sorgen. Das bleibe dann meist an den IT-Abteilungen hängen.
IDG Research Services hat eine aktuelle Studie zum Thema Cloud Migration veröffentlicht
Die Anwender haben indes durchaus klare Vorstellungen davon, wie ihre künftigen Clud-Umgebungen aussehen sollen, konstatiert Martin Wunderli, CTO von Trivadis. Ein wichtiger Aspekt sei dabei zum Beispiel Vendor-Unabhängigkeit - auch ein Grund, warum Multi-Cloud-Umgebungen in Zukunft mehr und mehr Realität werden dürften. Der "Alles-in-die-Public-Cloud-Hype" sei zu Ende, sagt Wunderli, beziehungsweise hat es diesen beim Anwender in einer solch absoluten Ausprägung nie gegeben.
Daher orientierten sich die aktuellen Cloud-Angebote immer stärker an der Realität. Dort gibt es aus Wunderlis Sicht immer noch viele Bedenken hinsichtlich Konnektivität, Bandbreiten und ein mulmiges Gefühl der Verantwortlichen, die physikalische Hoheit über ihre Daten abzugeben. Der Trivadis-Manager mahnt deshalb an, Multi-Cloud- und Hybrid-Cloud-Strukturen zu entwickeln, die diese Herausforderungen besser adressierten als reine One-Public-Cloud-Lösungen.
Ein Cloud-Menü aus den besten Zutaten
"Die Frage ist heute nicht mehr: Cloud-Services von Microsoft oder von Amazon oder doch vielleicht von Google", beobachtet Silvio Kleesattel, CTO von Beck et al. Services. Die Anwender fragten sich vielmehr, welche Komponenten die aktuellen Probleme am besten lösen könnten. Die großen Cloud-Hyperscaler seien die großen Markenhersteller, die ihre Produkte in Regale stellen, vergleicht Kleesattel.
Die Unternehmens-IT habe bis dato nur eigene oder regionale Zutaten gekannt. Man könne sich nun an neuen Zutaten für Cloud-Services bedienen, rät der Manager. Zutaten, die zu einem besseren Menü der Unternehmens-IT führten. "Spitzenköche wählen für das gute Essen einfach die besten Zutaten. Nicht alle müssen von derselben Marke oder dem gleichen Hersteller sein."
Angesicht dieser vielen Facetten und Fragen hinsichtlich des Cloud-Umstiegs und Cloud-Einsatzes ist eine detaillierte Bestandsaufnahme der eigenen IT-Landschaft unumgänglich, stellt Henkes klar. Doch das sei alles andere als trivial, warnt der ISG-Analyst. Gerade für Unternehmen, die sehr viele unterschiedliche Applikationen im Einsatz haben, kann diese Analyse aufwendig werden.
Es geht darum zu klären, was überhaupt in die Cloud verlagert werden kann, an welchen Stellen es sich lohnt und welcher Cloud-Typ sich für welches Einsatzszenario eignet - Private, Hybrid oder Public. Mit den vielfältigen neuen Optionen rücken für die IT-Verantwortlichen etliche zusätzliche Aufgaben in den Fokus: das Steuern von Service Level Agreements (SLAs), neue Applikationsstrategien für das Cloud-Zeitalter entwickeln, Altlasten managen, den Kulturwandel in den Unternehmen aktiv vorantreiben, die eigene IT-Organisation agiler aufstellen und … und …und.