Social Recruiting kann jeder? Von wegen!

Mitarbeitersuche via soziale Medien

16.11.2015
Von 


Joachim Skura ist Thought Leader Human Capital Management bei Oracle. Er verfügt über langjährige Erfahrung im Recruiting-Bereich und hat sowohl als Unternehmensberater als auch HR-Verantwortlicher einer Großbank gearbeitet. In diesen Funktionen hat er Recruiting-Prozesse von Unternehmen optimiert, Manager evaluiert und Teamstrukturen analysiert. Die Auswirkungen der Digitalisierung und Cloud-Computing auf das Personalwesen machen derzeit die Schwerpunkte seiner Arbeit aus.
Authentisches Social Recruiting ist anspruchsvoll, aufwändig und kostet mitunter Nerven, aber zahlt sich schlussendlich immer aus.
  • Social Media umfasst mehr als Facebook und Twitter
  • Generation Y ist über Snapchat und Whatsapp zu erreichen
  • Über die richtige Plattform können Zielgruppen punktgenau erreicht werden

An was denken Sie als Erstes, wenn Sie Social Media hören? Wenn Sie über 30 Jahre sind, gehe ich jede Wette ein, dass es eine dieser Firmen ist: Facebook, Twitter, Xing oder LinkedIn. Wenn Sie einem Teenager oder Mit-Zwanziger dieselbe Frage stellen, erhalten Sie dagegen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine andere Antwort, die höchstwahrscheinlich Snapchat oder Instagram lautet.

Social Media umfasst mehr als nur Facebook und Twitter
Social Media umfasst mehr als nur Facebook und Twitter
Foto: Sarawut Aiemsinsuk-shutterstock.com

Fakt ist, es gibt einen echten Generationenunterschied, was Social-Media-Nutzung angeht. Und warum sollte es auch anders sein? Wer will als Jugendlicher oder junger Erwachsener schon die gleichen Dinge tun, die gleichen Dienste nutzen wie die eigenen Eltern oder Lehrer? Das ist schon von Natur aus uncool.

Whatsapp und Snapchat - mehr als nur Kommunikationskanal

Für Unternehmen, die eine neue Generation für die Mitarbeit in der eigenen Firma begeistern wollen, ist dieser Umstand von großer Bedeutung. Klar sind Twitter und Facebook wichtig, aber wenn man sich wirklich von der Konkurrenz abheben möchte, muss man auch die Plattformen bespielen, die von jungen Leuten in erster Linie frequentiert werden ? und dazu zählen nun einmal Snapchat, Instagram und natürlich auch Kurznachrichten-Dienste wie WhatsApp. Tatsächlich sind diese Netzwerke heute für junge Leute mehr als ein reiner Kommunikationskanal für den Austausch mit Freunden. Längst sind sie zur ersten Anlaufstelle für Nachrichten aller Art und zu den primären Trendaggregatoren der Altersgruppe avanciert. Unternehmen drängt es also schon aus logischer Notwendigkeit auf diese Plattformen.

Die Schwierigkeit dieses Unterfangens darf dabei nicht unterschätzt werden. Wenn heute ein Punkt potenzielle Kandidaten sofort abschreckt, dann ist es fehlende Authentizität, das gilt insbesondere für junge Erwachsene. 90 Prozent aller Jugendlichen sind im Social Web aktiv, das ergab die gerade veröffentlichte Shell Jugendstudie 2015, und ein Großteil davon steht den Informationen, die sie dort erhalten, kritisch gegenüber (71 Prozent).

Zeitinvestment zahlt sich aus

Ein Unternehmen, das die Gepflogenheiten und Eigenarten eines sozialen Netzwerks nicht kennt, irritiert das dort vertretene Publikum weit mehr als es dieses jemals für sich einnehmen könnte. Sich mit einer Plattform vertraut zu machen, erfordert viel Zeit, zahlt sich aber spätestens dann aus, wenn die Zielgruppe das Unternehmen als kundigen und ehrlichen Gesprächspartner wahrnimmt und schätzen lernt.

Und es gibt durchaus Firmen, die genau das verstanden haben. Die Investmentbank Goldman Sachs zum Beispiel hat diesen September Pionierarbeit im Social-Recruiting-Bereich geleistet. Als erstes Wall-Street-Unternehmen hat die Bank Snapchat als Recruiting-Plattform für sich entdeckt. Die Umsetzung des Konzeptes war mit der Platzierung von Werbebotschaften innerhalb der "Campus Story"-Funktion des Netzwerks ähnlich visionär. Denn dieser spezielle, für den Austausch von nutzergenerierten Inhalten an Universitäten weltweit geschaffene Bereich, wird primär von der von Goldman anvisierten Zielgruppe genutzt: Bachelor-Studenten.

Goldman Sachs bei Buzzfeed

Ich halte das für einen großartigen Weg, direkt und vor allem frühzeitig mit der zukünftigen Generation von Finanzexperten in Kontakt zu treten. Denn auch die Finanzwelt bleibt nicht verschont vom Fachkräftemangel, liefert mit diesem innovativen Ansatz aber in jedem Fall ein nachahmungswürdiges Vorzeigeprojekt für andere betroffene Branchen. Ein weiteres Anzeichen dafür, wie intensiv sich Goldman Sachs mit der eigenen Zielgruppe auseinandergesetzt hat, zeigt auch der Kanal, mit dessen Hilfe die Banker die Kampagne promotet haben: Buzzfeed - das Jugendmedium der Stunde.

Die Snapchat-Kampagne von Goldman Sachs liefert eine Fülle an Lehren für effektives Talent-Management. Das blinde Verbreiten generischer Botschaften in altbekannten Social-Media-Netzwerken reicht heute nicht mehr aus, um die nächste Generation von High-Potentials für sich zu gewinnen. Ein umfassender und überlegter Ansatz ist ein Muss. Ein Ansatz, der auf echtes Verständnis der Plattformen selbst, insbesondere aber echtes Verständnis für die Wünsche und Bedürfnisse der dort versammelten jungen Nutzer beruht. Unternehmen, die dieser Prämisse folgen, erreichen nicht nur die anvisierte Zielgruppe punktgenau, sie tun dies auch noch auf authentische und unverfälschte Weise - ein Garant für Erfolg bei den jungen, vielversprechenden Kandidaten der Generation Y.