Mit Playmobilfiguren zum Erfolg

10.01.2007
Von 
Jens Gieseler arbeitet als freier Journalist in Tübingen.
Ein schwäbisches Softwarehaus arbeitet mit Hilfe des systemischen Ansatzes daran, seinen Vertriebsumsatz zu steigern.
Der Berater Kurt-Georg Scheible (links) erklärt Heiko Schmidt, Geschäftsführer des IT-Dienstleisters Schmidt & Fuchs, wie Playmobilfiguren seinen Vertriebsumsatz steigern helfen.
Der Berater Kurt-Georg Scheible (links) erklärt Heiko Schmidt, Geschäftsführer des IT-Dienstleisters Schmidt & Fuchs, wie Playmobilfiguren seinen Vertriebsumsatz steigern helfen.

Soll die Beratung anschaulich und kreativ werden, packt der systemische Berater Kurt-Georg Scheible sein bevorzugtes Arbeitsmaterial aus: rund 100 verschiedene Playmobilfiguren und jede Menge Bauklötze. Manch gestandener Unternehmer reagiert skeptisch. Aber wer sich darauf einlässt, ist in kürzester Zeit überzeugt von der Klarheit und Lösungsorientierung der systemischen Methode. Bei Heiko Schmidt rannte der 44-jährige Berater offene Türen ein, denn der Geschäftsführer des Göppinger IT-Dienstleisters Schmidt & Fuchs hatte über systemische Aufstellungen bereits einen Artikel gelesen: "Mir kommt die Anschaulichkeit entgegen." Richtig eingesetzt, werden durch die Figuren produktive Unternehmensentwicklungen sichtbar. Schmidt: "Ich bekam viele unterschiedliche Informationen und konnte wesentlich schneller reagieren als mit herkömmlichen Methoden."

Systemische Beratung

Ein System ist etwas, das seine Existenz und Funktionen durch das Zusammenspiel seiner Teile aufrechterhält, denn alle Teile des Systems sind direkt oder indirekt miteinander verbunden. Ein Beispiel sind Unternehmen: Produktion, Marketing oder Vertrieb sind einzelne Teams, aber sie arbeiten zusammen und beeinflussen sich gegenseitig. Wenn wenig produziert wird, hat meist auch der Vertrieb wenig Arbeit. Der systemischen Beratung geht es darum, jenseits einzelner Handlungen die Zusammenhänge und Strukturen zwischen einzelnen Mitarbeitern und im gesamten Unternehmen offen zu legen und zu verbessern. www.erfolgscampus.de

Schmidt & Fuchs hatte eine neue Software entwickelt, die die Sicherheit von Servern kontrollieren und erhöhen soll (www.serversec.de). Das Interesse ist groß: Seit Mai 2006 haben sich 200 gewerbliche und öffentliche Stammkunden für "Server Secure" entschieden. Doch das Vertriebssystem des 38-Mitarbeiter-Unternehmens stößt an regionale Grenzen. 80 Prozent seiner Kunden befinden sich zwischen Stuttgart und Ulm. "Für Server Secure müssten sich wesentlich mehr Unternehmen und Organisationen interessieren", so Schmidt, "aber in Frankfurt oder München kennt uns keiner mehr". Um dafür eine Lösung zu finden, engagierte er Scheible.

Zu Beginn der systemischen Beratung wählte Schmidt für jeden Beteiligten eine passende Figur aus, platzierte sie auf dem Arbeitsfeld, und beurteilte, welchen Einfluss die Veränderung auf jeden Einzelnen hatte und wie sich das gesamte System entwickelte. Waren die Auswirkungen für einen Beteiligten eher negativ, dann bekam er Unterstützung. Beispielsweise war schnell klar, dass Schmidt mit einem freiberuflichen Vertriebsprofi arbeiten wollte, doch war der allein gestellt, "fehlte noch ein wichtiges Element". Deshalb stellte Schmidt ihm intuitiv eine weitere Figur an die Seite.

Gezieltes Nachfragen von Scheible verdeutlichte, welche Fähigkeiten und damit welche Funktion die stärkende Figur haben sollte: Der Vertriebsprofi benötigt eine Mitarbeiterin. Das Gespann war nun um einiges kraftvoller, aber richtig viel Power kam durch eine weitere Änderung. Aus dem Bauch heraus nahm Schmidt dieses Mal einen Koffer und stellte ihn neben die beiden Figuren. Das lösungsorientierte Interview führte zur Einsicht, dass der Freiberufler mit seiner Mitarbeiterin einen Arbeitsplatz direkt bei Schmidt & Fuchs benötigt, um auf die bestehende Büroorganisation zurückgreifen zu können.

Server Secure

Server Secure, ist ein Verfahren zur Überprüfung aller sicherheitsrelevanten Systeme bei Netzwerk-Servern. Über einen sicheren Zugang werden mittels Datenfernüberwachung durch einen erfahrenen Administrator die Funktionen des Servers überprüft, kontrolliert und in einem Abschlussprotokoll festgehalten und dem Kunden zur Verfügung gestellt. Dadurch wird die Sicherheit vor Server-Ausfällen auf über 90 Prozent erhöht und einem eventuellen Datenverlust mit allen negativen Auswirkungen wirksam vorgebeugt.

So entwickelte der Geschäftsführer des IT-Dienstleisters eine Lösung, wie er seine neue Software auch überregional vertreiben kann. Der selbständige Vertriebsprofi soll andere Systemhäuser für das neue Produkt gewinnen, die einerseits die vertrauensvolle Beziehung zu ihren Endkunden nutzen, um Server Secure zu verkaufen, und andererseits diesen Kunden auch den notwendigen Service anbieten können. Ein weiterer Vertriebsweg sollen große Organisationen und Verbände sein wie Versicherungen, die viele kleine Büros unterhalten, in denen drei bis zehn Mitarbeiter von einem Server abhängig sind. Wenn die Dachorganisation überzeugt ist, wird sich die Software auch in den einzelnen Büros durchsetzen, so Schmidts Überzeugung.

Kurt-Georg Scheible arbeitet vor allem systemisch, weil sich dadurch Entwicklungen nicht nur vom Standpunkt des Unternehmers betrachten lassen, sondern auch aus der Sicht der Kunden und möglicher Kooperationspartner. So entstehen Lösungen, die alle Beteiligten befriedigen und deshalb besonders nachhaltig und erfolgreich sind. Als er die systemische Arbeit während seiner Coaching-Ausbildung kennen lernte, war er zunächst selbst sehr zurückhaltend, doch dann begeisterten ihn die klaren und schnellen Lösungen.

Scheible baut darauf, dass seine Kunden Neues ausprobieren und mit menschlichen Emotionen arbeiten wollen. Warum die Methode funktioniert, können systemische Berater trotz wissenschaftlicher Untersuchung noch nicht belegen. Aber: "Ich erlebe jedes Mal aufs Neue, dass sie funktioniert." "Die Antworten und Lösungen kommen aus der persönlichen Wahrnehmung der Situation", versucht der nüchterne IT-Spezialist Heiko Schmidt zu erklären, "ganz klar und wie von selbst, so als ob ich sie schon wüsste." (hk)

*Jens Gieseler ist freier Journalist in Eschenbach.