Hyper Converged Infrastructure

Mit HCI Kosten senken

11.06.2021
Von 
Jürgen Mauerer ist Journalist und betreibt ein Redaktionsbüro in München.
Eine Hyper Converged Infrastructure (HCI) vereint Server, Storage und Netzwerk in einer virtualisierten, Software-zentrierten Architektur. Für Firmen ergeben sich daraus handfeste wirtschaftliche Vorteile.
Hyper Converged Infrastructure (HCI) ist eine gute Basis, um die On-Premises-Infrastruktur mit Ressourcen in der Public Cloud zu verbinden.
Hyper Converged Infrastructure (HCI) ist eine gute Basis, um die On-Premises-Infrastruktur mit Ressourcen in der Public Cloud zu verbinden.
Foto: Gorodenkoff - shutterstock.com

Die Corona-Pandemie hat Schwächen offengelegt und aufgezeigt, dass Firmen sich digital besser aufstellen müssen, um schnell und flexibel auf neue Anforderungen reagieren zu können. Es geht darum, Technologien effizient einzusetzen, um Prozesse zu optimieren, Kosten zu senken sowie vor allem Innovationen wie datenbasierte Geschäftsmodelle voranzutreiben. Kurzum: Unternehmen benötigen eine flexible und agile IT-Infrastruktur, um zukunftsträchtige Anwendungen umzusetzen.

Doch die Realität sieht in vielen - insbesondere mittelständischen - Unternehmen noch anders aus. Sie nutzen in ihren Rechenzentren Server, Netzwerk, Storage-Systeme und Management-Software unterschiedlicher Hersteller nebeneinander. Die heterogene IT-Infrastruktur ist historisch gewachsen, komplex, teuer und bindet wegen des hohen Administrationsaufwands unnötig Ressourcen. Zudem erschwert sich dadurch ein automatisierter Betrieb. Abhilfe schafft hier eine Hyper Converged Infrastructure (HCI) als Basis oder Backbone einer Hybrid Cloud, sprich einer Mischung aus interner IT-Infrastruktur, Private und Public Cloud.

Hyper Converged Infrastructure überwindet Silos

Eine HCI vereint die ehemals getrennten Komponenten Server, Storage und Netzwerk und baut konsequent auf Virtualisierung sowie eine Software-zentrierte Architektur. Dank der Virtualisierung können Firmen ihre Workloads damit von der physischen Hardware entkoppeln, die Steuerung der Infrastruktur ist komplett Software-Defined. HCI-Lösungen bieten zudem Funktionen wie Datenkomprimierung oder Backup & Recovery und enthalten Gateways zur Cloud-Anbindung.

Damit sind einige Vorteile verbunden. "Die integrierten Plattformen heben die technischen Silos auf, die häufig noch in Rechenzentren zu finden sind, und vereinfachen die Administration über zentral verwaltete, einheitliche Management-Tools und APIs. Da sich Compute- oder Storage-Ressourcen einfach skalieren lassen, können Firmen mit HCI flexibel auf neue geschäftliche Anforderungen reagieren", erläutert Dr. Carlo Velten, Founder & Principal Analyst bei Atlantic Ventures, ehemals Geschäftsführer von Crisp Research. Zudem seien die hyperkonvergenten Infrastrukturen hochverfügbar, weil sie durch die Konzentration auf virtuelle Maschinen den Ausfall eines Systems einfach kompensieren.

Er rät Unternehmen zu einer kompletten Transformation ihrer IT-Umgebung auf eine Hyper Converged Infrastructure, da sich damit fast alle gängigen Enterprise-Applikationen konsolidieren lassen. Während der Corona-Pandemie hat sich HCI laut Velten auch beim Thema Virtual Desktop Infrastructure (VDI) und Remote Work bewährt. "Firmen sollten möglichst alles auf eine hyperkonvergente Infrastruktur umstellen, und HCI nicht als weitere, zusätzliche Plattform kaufen. Nur dann schöpfen sie deren Potenzial voll aus", so Carlo Velten weiter.

Die HCI-Brücke zur Cloud

Der Abbau der technischen Silos wirkt sich auch auf die IT-Organisation aus. Während bisher für die einzelnen Komponenten (Server, Storage, Netzwerk) des Rechenzentrums jeweils verschiedene Teams von Spezialisten notwendig waren, kann jetzt ein Mitarbeiter mit breiteren Kenntnissen die HCI-Umgebung steuern. "Der Aufwand für die Pflege der Infrastruktur sinkt erheblich, da HCI-Lösungen vorkonfiguriert sind, zum Teil Plug & Play ermöglichen und auch Updates zentral für nur noch ein System erfolgen", erklärt Marco Becker, Senior Consultant beim Analystenhaus IDC. Auch der Zeitaufwand für die Abstimmung zwischen den einzelnen IT-Gewerken entfalle. Die IT-Experten erhielten dadurch Freiräume und könnten sich mehr um strategische IT-Aufgaben und Innovationen kümmern oder sich weiterbilden, so der IDC-Analyst.

„HCI fördert die Digitalisierung und eignet sich dank software-basierter Scale-Out-Architektur und Cloud-native-Fähigkeit sowohl für den kurzfristigen Aufbau einer agilen IT-Umgebung als auch für die langfristige Modernisierung der IT-Landschaft.“ Marco Becker, Senior Consultant bei IDC
„HCI fördert die Digitalisierung und eignet sich dank software-basierter Scale-Out-Architektur und Cloud-native-Fähigkeit sowohl für den kurzfristigen Aufbau einer agilen IT-Umgebung als auch für die langfristige Modernisierung der IT-Landschaft.“ Marco Becker, Senior Consultant bei IDC
Foto: IDC

Becker sieht HCI als gute Basis für den Aufbau einer Private und Hybrid Cloud, als Brücke zwischen der On-Premises-Infrastruktur und den Ressourcen einer Public Cloud. "HCI fördert die Digitalisierung und eignet sich dank software-basierter Scale-Out-Architektur und Cloud-native-Fähigkeit sowohl für den kurzfristigen Aufbau einer agilen IT-Umgebung als auch für die langfristige Modernisierung der IT-Landschaft", betont der Consultant.

Kein Wunder also, dass der HCI-Markt wächst. Laut dem aktuellen Worldwide Quarterly Converged Systems Tracker der Marktforscher von IDC wurden im vierten Quartal 2020 weltweit HCI-Systeme im Wert von mehr als 2,4 Milliarden Dollar verkauft. Dies entspricht einem Zuwachs von 7,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Insgesamt investierten Unternehmen im Jahr 2020 rund 11,6 Milliarden Dollar in hyperkonvergente Systeme. IDC rechnet damit, dass der HCI-Markt bis 2024 jährlich um rund 11,5 Prozent auf ein Volumen von dann etwa 15 Milliarden Dollar wachsen wird.

Wirtschaftliche Vorteile durch Hyper Converged

Ein weiterer Grund: Eine Hyper Converged Infrastructure bietet auch handfeste wirtschaftliche Vorteile, etwa durch niedrigere Investitions-, Administrations-, Betriebs- und Lizenzkosten. Dies belegt unter anderem ein TCO-Vergleich (Total Cost of Ownership) zwischen einer traditionellen Architektur und der HCI-Lösung "Enterprise Cloud" von Nutanix, den Crisp Research noch unter Federführung von Carlo Velten durchgeführt hat. Basis der TCO-Analyse war ein mittelständisches Modellunternehmen, das eine anonymisierte Abbildung einer existierenden Firma darstellt. Die Eckdaten: Branche Kunststoffverarbeitung, internationale Ausrichtung, rund 10.000 Mitarbeiter, 90 Standorte, rund 2 Milliarden Euro Umsatz, IT-Budget ca. 38 Millionen Euro.

Für die TCO-Analyse wurden zwei Szenarien evaluiert. Szenario 1 bestand in der Modernisierung einer traditionellen 3-Tier-Architektur, um etwa einen hybriden Cloud-Betrieb zu ermöglichen, das zweite Szenario bestand in einer kompletten Migration in Richtung einer Hyper Converged Infrastructure, die mit einmaligen Transformationskosten verbunden ist. Die Kosten/Investitionen in Hardware (Server, Storage, Netzwerk) wurden auf drei Jahre aufgeteilt.

Das Ergebnis: Die TCO-Kosten reduzierten sich bei der HCI-Lösung im Vergleich zur Modernisierung der traditionellen Architektur um 39 Prozent, bei den Kosten für den IT-Betrieb lagen die Einsparungen sogar bei 52 Prozent. Wie kommt es dazu? Bei den Ausgaben für Hardware ergibt sich durch den Wegfall teurer SAN- und NAS-Storage-Lösungen und den Einsatz von Standard-Hardware (x86) eine höhere Kosteneffizienz. Hinzu kommen die eingesparten Lizenzkosten durch den kostenfreien Nutanix-Hypervisor sowie die günstigeren Management- und Monitoring-Tools.

Die Kosten für TCO und IT-Betrieb reduzierten sich bei der HCI-Lösung im Vergleich zur Modernisierung der traditionellen Architektur deutlich.
Die Kosten für TCO und IT-Betrieb reduzierten sich bei der HCI-Lösung im Vergleich zur Modernisierung der traditionellen Architektur deutlich.
Foto: Crisp Research

Das größte Potenzial, um die IT-Gesamtkosten signifikant zu senken, liegt laut Velten im Betrieb: "Da es nur noch ein übersichtliches Management-Tool gibt, erhöht sich die Produktivität der IT-Mitarbeiter erheblich. Für Aufgaben wie Konfiguration, Installation und Deployment etwa von virtuellen Maschinen benötigen sie wohl nur noch rund 30 bis 40 Prozent der ursprünglichen Zeit." Weitere Einsparungen ergeben sich durch ein stärker automatisiertes Upgrade und Patch Management, eine höhere Verfügbarkeit und einfachere Fehlersuche, da nur noch eine singuläre HCI-Lösung eines einzigen Herstellers zu bedienen ist. Damit beschleunigt sich auch der Support.

"Das hohe Einsparpotenzial ist aber nur realistisch, wenn Firmen ihre komplette Infrastruktur sowie alle Legacy-System ablösen und vollständig auf einer HCI-Plattform konsolidieren", gibt der Analyst zu bedenken. "Und sie müssen den passenden Zeitpunkt für die Migration finden, am besten, wenn der Lifecycle der Hardware zu Ende ist. Dann können Firmen alles in einen Vertrag packen." Gegenüber einer klassischen 3-Tier-Architektur haben laut Velten alle HCI-Anbieter (z.B. Dell, HPE, NetApp) Vorteile beim TCO und den Kosten für den IT-Betrieb. Nutanix sieht er hier wegen des eigenen Hypervisors und vieler bereits in die Produktsuite integrierter Komponenten leicht im Vorteil.

HCI - es kommt auf den Use Case an

Worauf sollten Firmen beim Aufbau und der Implementierung einer Hyper Converged Infrastructure besonders achten? IDC-Analyst Becker empfiehlt, am besten zunächst die Workloads zu definieren, die auf HCI gehostet werden sollen, um auf dieser Basis den optimalen Hypervisor und HCI-Anbieter zu wählen. "Je nach Use Case ist mehr Flexibilität beim Computing oder im Storage notwendig. Hier stellt sich die Frage: Welcher Anbieter kann hier am besten skalieren? Oder das Thema Cloud: Wer bietet die beste Konnektivität oder das beste Partner-Netzwerk für die Verbindung mit der Public Cloud?", sagt Becker.

Zudem biete es sich an, auch auf geeignete Lösungen für Datenmanagement, Backup und Recovery zu achten und zu prüfen, wie gut sich aktuell eingesetzte Lösungen für das Management der IT-Infrastruktur integrieren lassen, so der IDC-Analyst. "Nicht zuletzt ist HCI auch eine Kostenfrage. Unternehmen müssen gut durchrechnen und HCI mit dem aktuellen Standard vergleichen. Neben den HCI-Systemen selbst müssen auch die Kosten für Hypervisor-Lizenzen, diverse Management Software und den Infrastruktur-Support berücksichtigt werden", erläutert Becker.

Der Aufbau einer hyperkonvergenten Lösung und die damit verbundene Auflösung von Silos erfordern auch eine neue Art und Weise des IT-Managements. Die seit Jahrzehnten etablierten Strukturen mit Spezialisten-Teams für Server, Storage oder Netzwerk lösen sich auf, die Aufgaben und auch Budgets werden neu verteilt. Woher kommt das Budget? Gibt es einen neuen Geld-Pool für die Integration? Die verschiedenen Teams müssen besser zusammenarbeiten, sich synchronisieren und Innovationszyklen miteinander abzustimmen. Hier ist Change Management gefragt.

Becker resümiert: "Der Erfolg von HCI hängt davon ab, ob die IT-Leitung auf Personalebene einen Entwicklungsplan für die Infrastruktur-Mannschaft hat, der Perspektiven für die Zukunft aufzeigt. Die Mitarbeiter dürfen keine Angst um ihre Arbeitsplätze haben, da sonst mit Widerstand und mangelndem Engagement zu rechnen ist. Angesichts der Fachkräftemangels werden die meisten Firmen ihren guten Leuten wohl eine Umschulung oder Weiterbildung für diese neue IT-Aufgaben anbieten." (mb)