In den Arbeitsabläufen aller Unternehmen steckt das Potenzial, Prozesse zu vereinfachen und zu automatisieren. Für nachvollziehbare, effiziente und sichere Abläufe sorgen Workflow-Systeme, die zugleich Arbeitsschritte visualisieren. Dadurch wird auf einen Blick klar, was, wann, warum und wo passiert und was als nächstes geschehen muss. Workflow-Systeme helfen, die Arbeitsabläufe so zu entwickeln, dass Menschen besser und schneller zusammenarbeiten. Für den Einsatz im Windows-Umfeld werden nachfolgend die unterschiedlichen Lösungen und Ansätze verglichen sowie Vor- und Nachteile erläutert.
Als naheliegende Lösung lassen sich automatisierte Prozesse im Intranet des Unternehmens integrieren und sind somit für alle Stakeholder zugänglich. Wir werfen also zunächst einen Blick auf SharePoint, das nach wie vor die am häufigsten eingesetzte Plattform für Intranet-Lösungen ist.
SharePoint Designer Workflow
In allen SharePoint-Varianten und -Lizenzen sind out of the box Designer Workflows enthalten, also in Standard, Enterprise, On-Premises und Online. Für deren Nutzung fallen keine weiteren Kosten an. Auch das Tool mit dem die Workflows entwickelt werden können, der SharePoint Designer, kann kostenfrei heruntergeladen werden. Selbsterklärend bieten diese Workflows eine enge Integration in SharePoint an. Kleine Workflows lassen sich auch ohne Programmierkenntnisse von erfahrenen SharePoint-Anwendern mit ein bisschen Übung erstellen.
Allerdings ist der Funktionsumfang der Designer Workflows stark eingeschränkt. Bereits bei einfachen Schleifen bieten die Designer Workflows keine Unterstützung an. So können schon aus simplen Prozessen komplexe Workflows entstehen. Leider ist auch das Handling nicht optimal gelöst: Schnell liegen mehrere modale Dialoge übereinander, wodurch die Übersicht verloren gehen kann.
Einige fehlende Operationen können durch den Aufruf von Web Services ausgeglichen werden, was aber sogar für erfahrene SharePoint-Anwender oder solche mit Entwickler-Background eine echte Herausforderung darstellen kann. Zudem fehlen wichtige Verwaltungsfunktionen: Workflows können nicht kopiert, archiviert oder beispielsweise vom Test- in das Produktivsystem übertragen werden.
Trotzdem sollten Workflows mit SharePoint Designer nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Sind jedoch mehrere nicht triviale Workflows geplant oder sollen systemkritische Prozesse umgesetzt werden, gibt es Sinn, mächtigere Systeme in Betracht zu ziehen. Das Gerücht, wonach SharePoint-Designer-Workflows mit SharePoint 2016 beziehungsweise SharePoint Online nicht betrieben werden könnten, ist falsch. Die Workflow Engine steht Online und On-Premises nach wie vor zur Verfügung und ist auch nicht abgekündigt. Allerdings hat Microsoft den SharePoint Designer für Version 2016 nicht weiterentwickelt - der SharePoint Designer 2013 kann jedoch für SharePoint 2016 und SharePoint Online unverändert genutzt werden.
Nintex für SharePoint (On-Premises)
Nintex für SharePoint ist seit SharePoint 2007 verfügbar und das am häufigsten genutzte Workflow-System für SharePoint. Da sich Nintex direkt in die Oberfläche von SharePoint integriert und die Funktionen für die Erstellung von Workflows optimiert sind, lassen sich Workflows einfacher und intuitiver erstellen als mit Designer Workflows.
Nintex setzt ebenfalls auf der Workflow Engine von SharePoint auf. Im Unterschied zu den Designer Workflows erweitert Nintex die Funktionalität jedoch durch eine Vielzahl von Aktionen. Dabei geht Nintex stringent den Weg, für möglichst alle Anforderungen Lösungen zur Verfügung zu stellen und gleichzeitig häufige Einsatzszenarien schnell und einfach anzubieten. Des Weiteren kann mit den Managementfunktionen ein echter Application Live Cycle abgebildet werden, und es steht zur Fehlerfindung ein Tracing zur Verfügung.
Um Nintex On-Premises zu erweitern, können eigene Aktionen in .NET entwickelt werden. Diese werden als Farm Solution auf dem SharePoint Server installiert. Dafür erhält man dabei dann aber auch die volle Flexibilität. Ein weiterer Vorteil von Nintex On-Premises ist der Formular Editor. Dieser kann die üblichen Anwendungsfälle direkt umsetzen. Bei erweiterten Anforderungen macht es sich bezahlt, dass die Nintex-Formulare komplett mit HTML/CSS und JavaScript angepasst werden können - auch wenn man dafür Programmierkenntnisse braucht.
Es soll aber auch nicht verschwiegen werden, dass die Funktionalität von Nintex On-Premises in den letzten Jahren nicht relevant erweitert wurde. Die Stagnation der Entwicklung geht vermutlich auf die Konzentration auf das Produkt "Nintex Cloud" zurück, das wir später betrachten.
Nintex für Office 365
Auch für SharePoint Online (Office 365) bietet Nintex eine Versionan. Diese scheint auf den ersten Blick identisch zur On-Premises-Version zu sein, denn auch sie integriert sich komplett in SharePoint. Allerdings basiert Nintex für Office 365 auf einer anderen Technologie. Office 365 lässt nur eine Integration als Hosted App zu, was einen Zugriff auf die Serverfunktionalität unterbindet. Das äußert sich dadurch, dass einige bei On-Premises gewohnte und auch häufig verwendete Aktionen in der Office-365-Variante fehlen oder weniger Funktionen mitbringen.
Zudem kann aus der Nintex Office 365 App heraus nicht so einfach auf eine andere Site Collection zugegriffen werden. Auch dadurch sind einzelne Aktionen komplexer zu benutzen oder in der Funktionalität eingeschränkt. Insbesondere muss häufig ein Account in der Aktion angegeben werden, ohne die Option diesen Account zentral verwalten zu können. All dies führt dazu, dass Nintex Lösungen in Office 365 aufwendiger umzusetzen sind und nicht so flexibel verwendet werden können, wie in der On-Premises-Welt. Die Formulare unterscheiden sich jedoch in der On-Premises- und der Cloud-Version nicht.
Es ist zu befürchten, dass die Weiterentwicklung der Office-365-Version aufgrund der Priorisierung auf die Nintex Cloud zurückstecken muss. Vergleicht man die Funktionalität der Nintex Cloud und die der Version für Office 365, so lassen sich bereits jetzt schon viele Szenarien einfacher mit der Nintex Cloud umsetzen.
Microsoft Flow / Azure-Logik-Apps
Microsoft Flow und Azure-Logik-Apps sind technisch identisch: Während Microsoft Flow in Office 365 aufgehängt ist, sind die Logik-Apps Bestandteil von Azure. Der Hauptunterschied zwischen beiden besteht darin, dass die Logik-Apps neben einer grafischen Oberfläche zusätzlich auch über eine textuelle Eingabe (JSON-Notation) verfügen. Ausführlicher wird der Unterschied zwischen Flow und den Logik-Apps in dem Artikel "Komponenten in der Cloud schnell entwickeln" behandelt.
Im Unterschied zu den bislang vorgestellten Systemen stellt Flow eine eigene Engine zur Verfügung und ist damit unabhängig von SharePoint oder anderen Systemen. Diese Unabhängigkeit ist ein herausstechendes Merkmal, denn Flow bietet die Anbindung an über 160 unterschiedliche Cloud-Systeme. Allerdings fehlen Flow derzeit noch einige Funktionen, um umfangreiche Prozesse umzusetzen. Flow kann eher als ein System zur Weiterleitung von Ereignissen beschrieben werden. Berechnungen innerhalb von Flow sind nur umständlich zu realisieren. Beispielweise ist es schwierig, längere komplexere Texte aus mehreren Variablen zusammenzustellen.
Für diese und ähnliche Funktionen können eigene Webdienste über eine Swagger-Datei (Open API) eingebunden werden. Da die Azure Functions hierfür einen Automatismus anbieten, so dass die Verbindung über einen Button erfolgen kann, lassen sich Berechnungen jedoch unproblematisch auslagern.
Obwohl Flow ein Cloud-Produkt ist, kann über ein Daten-Gateway ein Zugriff auch auf eigene On-Premises-Daten (z.B. SharePoint On-Premises Server) erfolgen. Die Flexibilität von Flow, andere Systeme zu verbinden, kann vielseitig genutzt werden. So erläutert K2 (siehe unten), wie man K2 Workflows mit Hilfe von Flow durch andere Systeme ansteuern lassen kann.
Microsoft entwickelt das Produkt Flow in einem erstaunlichen Tempo weiter. Regelmäßig kommen neue Konnektoren für weitere Systeme aber auch Funktionen hinzu. Vor allem aber zeigt die direkte Integration von Flow in SharePoint Online (Office 365), welche Bedeutung Flow hat. Flows können wie SharePoint Workflows direkt aus SharePoint heraus gestartet werden, und bei einer Genehmigung kann beispielsweise gleich ein Kommentar angegeben werden - diese Option steht anderen Lösungen nicht zur Verfügung.
Auch die einfache Möglichkeit Flows von Smartphones direkt als native App zu starten, erlaubt es, Einsatzszenarien umzusetzen, die von den anderen Anbietern nicht unterstützt werden. Alles in allem können bereits jetzt einfache geschäftskritische Abläufe realisiert werden. In Zukunft werden die Einsatzmöglichkeiten sicherlich noch weiter anwachsen. Auch der vergleichsweise günstige Preis trägt zu dem Erfolg dieser noch sehr jungen Lösung bei.